Ich arbeite in einem Beruf, von dem die Öffentlichkeit wenig weiß und doch, wenn ich meine Arbeit gut mache, viel mitbekommt. Für Auftritte im Fernsehen und in der Öffentlichkeit coache und trainiere ich Politiker, Geschäftsführer, Unternehmer und Manager. Zum Beispiel für Pressekonferenzen, Reden und Präsentationen, Auftritte in Shows oder Statements in Krisensituationen. Wenn ein Politiker beispielsweise in einer Talkshow zu Gast ist, braucht er ein professionelles Level, um in dem ungewöhnlichen Rahmen glaubwürdig und gut auftreten zu können. Wer sich einfach hinsetzt, macht zu viele Fehler, und wer zu glatt wirkt, hat auch verloren. Dauergäste in Talkshows kommen oft so rüber, deshalb werden Zuschauer talkshowmüde.
Krisensituationen, in denen schnelle Erklärungen erwartet werden
Am besten ist es meiner Meinung nach, wenn Menschen, die viel in der Öffentlichkeit stehen, kontinuierlich gecoacht werden. Denn Krisensituationen, in denen schnelle Erklärungen erwartet werden, brechen plötzlich über Unternehmen herein, auch Einladungen zu Talkshows werden oft kurzfristig ausgesprochen. Generell biete ich vor allem zwei Trainingsformen an. Zum einen gibt es das Modul, bei dem ich den Kunden prinzipiell für Auftritte in der Öffentlichkeit trainiere, und zum anderen gibt es ein kompaktes Training, bei dem er schnell auf eine bestimmte Sendung vorbereitet wird. Wie lange ich jemanden coache, hängt von dessen persönlichen Fähigkeiten ab.
„Politisch bin ich überwiegend auf der Bundesebene unterwegs“
Jeder Kunde hat andere Stärken und Botschaften, deswegen ist kein Training wie das andere. Wir trainieren die realen Situationen, in denen es für die Kunden wichtig ist, erfolgreich zu sein. So führen wir zum Beispiel ein Stressinterview und nehmen die Situation mit einer Kamera auf. Gemeinsam analysieren wir das Video und trainieren anschließend die Optimierungen. Wichtig ist, dass wir Situationen durchspielen, die sehr nah an der Lebenssituation des Kunden sind. So kann der Trainierte die positiven Erlebnisse aus der Übung im Ernstfall reproduzieren.
Weil meine Auftraggeber nicht alle in Berlin sitzen, bin ich beruflich viel unterwegs, vorwiegend in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Wenn ich für Inhouse-Seminare, Workshops, Auftritte als Keynote-Speaker zu Themen wie Präsentation und Rhetorik oder als Moderator gebucht werde, reise ich auch meistens an. Zum Glück kommen viele meiner Kunden zum Einzeltraining zu mir nach Berlin. Das hat auch Vorteile für das Training. Wenn die Unternehmenszentrale weit weg ist, sind die Kunden bei unserer Arbeit meistens offener und fokussierter.
Wie werde ich das?
Die Berufsbezeichnung Coach ist nicht geschützt. Coach kann sich also jeder nennen, und Ausbildungsangebote und Seminare gibt es viele. Direkt nach dem Studium in Richtung Coach zu denken wird nicht empfohlen. Wer Berufs- und Lebenserfahrung zu bieten hat, wird von Kunden und Kollegen eher ernst genommen. Empfehlenswert ist beispielsweise Berufserfahrung im Journalismus, in der Öffentlichkeitsarbeit oder im Personalbereich. Trotz großer Nachfrage nach Coaching gibt es sehr viel Konkurrenz. Der Markt für Trainer, Coaches und Berater ist hart umkämpft. Neueinsteiger sollten sich klar positionieren und gut überlegen, was sie anbieten und wie sie arbeiten wollen.
Orientierung über Ausbildungswege und Fragen zum Beruf bietet der Deutsche Bundesverband Coaching e.V. Viele Infos gibt es auch unter www.coaching-report.de.
Was verdiene ich da?
Die Honorare sind auf dem freien Markt sehr unterschiedlich. Ist ein Coach gut im Geschäft, kann er als Politikercoach bis zu 1.500 Euro am Tag verdienen. In der Wirtschaft liegen die Tagessätze etwa zwischen 800 und 2.000 Euro und höher, je nach Marktwert von Coach und Kunde, der empfohlene Stundensatz für Einzelcoachings liegt bei 150 Euro. Bedenken sollte ein Neueinsteiger, dass natürlich viel Zeit für Akquise, Vorgespräche sowie An- und Abreise draufgeht und ein selbstständiger Coach in der Regel nicht jeden Tag mit Kunden zu tun hat, sondern auch mit der Organisation des eigenen Büros. Großzügige Tages- oder Stundensätze müssen also nicht zu einem hohen Einkommen führen. Auch unter fest angestellten Coaches gibt es große Unterschiede. In der Regel liegen die Gehälter zwischen 3.000 und 6.000 Euro monatlich.
Politisch bin ich überwiegend auf der Bundesebene unterwegs, unter meinen Kunden gibt es Minister und Abgeordnete. Namen und Parteien darf ich nicht nennen. Auf eine Partei bin ich nicht festgelegt. Solange die Inhalte mit meinen Werten übereinstimmen, komme ich nicht in persönliche Konflikte. Radikalen Parteien würde ich nicht zu einem besseren Auftritt verhelfen. Wenn ich Aufträge nicht mit meinem Gewissen vereinbaren kann, lehne ich sie ab, das gilt für Anfragen aus der Politik und der Wirtschaft. Selbstverständlich achte ich darauf, dass meine Kunden nicht in direkter Konkurrenz zueinander stehen. In der Politik bin ich nicht für jeden Kunden interessant. Da gibt es immer Leute, die nur Trainer mit Parteibuch beauftragen. Ich bin unabhängig und werde bestimmte Kunden nie bekommen. Aber für mich ist es besser, nur einige Politiker und Verbandsvertreter zu haben und zusätzlich Kunden aus der Wirtschaft. Die Mischung ist für mich interessanter.
Einen klassischen Werdegang gibt es nicht
Einen klassischen Werdegang gibt es für einen Coach nicht. Welche Ausbildung für den Einzelnen sinnvoll ist, hängt davon ab, was er anbieten möchte. Ich konzentriere mich auf Medientraining, öffentliche Wirkung und Krisenmanagement. Deshalb sind meine journalistischen Erfahrungen wichtig. Ich habe für verschiedene investigative Formate gearbeitet und für ARD und ZDF zum Beispiel Angela Merkel und Horst Seehofer interviewt. Es gibt aber viele andere Möglichkeiten, sich als Coach zu positionieren, zum Beispiel in den Bereichen berufliche Neuorientierung, Teamkonflikte oder Selbstmanagement.
Ich selbst bin sehr froh über meinen Berufswechsel. Für mich gab es damals mehrere Gründe, den Journalismus zu verlassen. Erstens habe ich als freier TV-Journalist zwar in der Champions League gespielt, wurde aber bezahlt wie in der Regionalliga. Ich bin damals als investigativer Journalist allein gegen die Rechtsabteilungen großer Unternehmen angetreten – wurde aber schlechter entlohnt als eine dortige Assistentin. Als junger Mensch war mir Geld nicht wichtig. Spätestens seitdem ich Kinder habe, möchte ich für meine Leistung angemessen bezahlt werden. Ein anderer Grund war der oft sehr raue und wenig wertschätzende Umgangston in vielen Redaktionen. Ich habe beschlossen, nur noch mit Menschen zusammenzuarbeiten, die sich gegenseitig respektieren. Das gelingt mir heute. Natürlich gibt es auch in meinem Beruf Dinge, die ich nicht so gerne mache. So versuche ich das meiste, was Steuern, Buchhaltung, IT oder Akquise betrifft, auszulagern. Ganz kann ich mich davon als Geschäftsführer leider nicht fernhalten. Aber viel lieber nutze ich meine Zeit, um mit meinen Kunden zu arbeiten.
Illustration: Frank Höhne