Bei Mariano und Laura in Argentinien
Lieblingsessen: Pasta (Mariano), Fisch (Laura), Rindersteaks und Karamellcreme (beide)
Es ist schwül in Buenos Aires, die Wolken hängen tief über der Stadt. Trotzdem gibt es das Frühstück auf der Terrasse. »So was können nur die Deutschen«, bewundert Laura die Perfektion, mit der der Pumpernickel in feine Scheiben geschnitten ist. Vorsichtig trennt die Filmwissenschaftlerin mit dem Messer eine von der anderen. »Sieht aus wie Schokolade, riecht aber nicht so«, sagt Mariano, Jurist und Tangolehrer, und hält die Nase in den Brotkorb. Kein Wunder, dass drei Produkte auf dem Tisch den Freunden besonders schmecken: Brot, Bier und Delikatessgurken. Das Brot in Argentinien ist Weißbrot, keine Körner, keine Nährstoffe. Das Bier ist mild und wässrig. Und der Geschmack eingelegter Gurken wird mit zu viel Essig überdeckt. »Allein schon wegen dieser süß-sauren Monstergurken würde ich nach Deutschland fahren«, sagt Mariano, beeilt sich aber, sein Land zu verteidigen. »Wir haben hier das beste Rindfleisch der Welt!« Er legt eine halbe Gurke auf eine Scheibe Pumpernickel, dazwischen eine feine Scheibe Kassler. »Köstlich!« Schweinefleisch wird in Argentinien so gut wie nie serviert, genauso wenig wie eingelegte Rote Bete oder Sauerkraut aus dem Glas. Nur die Heringsfilets aus der Dose schmecken Mariano nicht, Katze Milton freut sich drüber. Laura ist von dem Brotaufstrich aus getrockneten Tomaten begeistert. Sie wischt den Aluminiumdeckel mit der Serviette ab: »Den heb ich auf. Eine Freundin, die gerade in Berlin ist, soll mir ein paar Töpfchen mitbringen.«
Aufgezeichnet von Karen Naundorf
Picknick mit Joseph Kimilu in Kenia
Lieblingsessen: Ugali (pappiger Maisbrei, geschmacksneutral), Tee (mit viel Milch und viiiiiel Zucker)
Nein, so ein Brot hat Joseph Kimilu noch nie gesehen.Vorsichtig stochert er mit dem Messer an dem leicht zusammenklebenden Pumpernickel herum, bis sich eine Scheibe löst. »Toast ist leichter zu essen, schmeckt aber lange nicht so gut«, ist er sich nach der ersten Schnitte sicher. Einen Hauch von Geräuchertem, Fleisch oder Speck, will Joseph herausschmecken, oder ist da vielleicht doch etwas im streng vegetarischen Tomatenaufstrich? »Auf jeden Fall superlecker, das werde ich mal meinen Sohn probieren lassen.« Dass auf dem Aufstrich, der Tüten-Kartoffelsuppe und dem Pumpernickel ein Bio-Siegel prangt, überrascht Joseph, der auf seiner Farm in Machakos selbst Gemüse und Mais anbaut. Es dauert ein bisschen, bis er das Konzept versteht: »Du meinst also eigentlich, Bio in Deutschland ist so, wie wir hier in Kenia alles anbauen, richtig?« Richtig. Dann noch etwas Süßes zum Dessert: Kräftig beißt Joseph in eine Lakritzschnecke. »Ich dachte, das wäre Schokolade?«, wundert er sich. Und ist dann doch zufrieden: »Das schmeckt auch gut, es erinnert mich an Briakol, eine bei uns zu Hause wachsende Heilpflanze.« Die Fruchtgummis finden noch größere Zustimmung beim siebenfachen Vater, der seinen Tee morgens mit fünf Esslöffeln Zucker süßt. »Süß ist immer gut, so hält der Tee lange vor, manchmal bis zum Abendessen.«
Aufgezeichnet von Marc Engelhardt
Bei Hanna und Lavon in Weißrussland
Lieblingsessen: Erbsensuppe, Gemüseeintöpfe, asiatische Gewürze
Es ist diesig, der Novemberabend in der belarussischen Hauptstadt schimmert im Schein der Straßenlaternen orange. Auf dem Herd kocht der deutsche Apfelrotkohl. »So was esst ihr bei euch?«, fragt Hanna, nachdem sie einen Löffel probiert hat. »Rotkohl mit Äpfeln? Lasst die Äpfel weg. Dann ist es nicht schlecht.« Im Haushalt der beiden Musiker sind gerade Bioessen, frisches Gemüse und qualitativ hochwertige Produkte en vogue. Ab und zu fahren die beiden nach Vilnius, um dort einzukaufen. »Gute Produkte sind bei uns schwer zu bekommen«, sagt Hanna. »Außerdem ist die eigentliche belarussische und russisch-sowjetische Küche nicht besonders gesund. Viel Kartoffeln, viel Fleisch, Wurst, fettig, deftig, wenig Abwechslung. Das kennt ihr doch auch in Deutschland, oder?« Lavon lobt die Salami, den Pumpernickel mit der Bio-Tomaten-Paste. »Toll! Schmeckt richtig nach Tomate.« Tochter Adela hat sich derweil über die Süßigkeiten hergemacht. Bei Fruchtgummi hebt sie den Daumen, beim Lebkuchen verzieht sie das Gesicht. »Igitt. Was ist denn da drin?« Dann die Schweinskopfsülze mit Gurkenstückchen, die es in einer Abwandlung auch in der belarussischen Küche gibt. Sie findet einhellige Zustimmung. Und zum Schluss die Dose Bier. »Wie das schmeckt?«, ruft Lavon. »Was für eine Frage. Natürlich gut!«
Aufgezeichnet von Ingo Petz
Bei Familie Murozono in Japan
Lieblingsessen: guter japanischer Reis, Sushi, Sashimi
»Kann ich das letzte Stück Wurst haben?« Bevor jemand antworten kann, pikst der zehnjährige Gen das halbe Frankfurter Würstchen auf seine Gabel. »Die sind wirklich klasse, besser als die japanischen«, meint der Junge, »aber dieses Pumpernickel-Brot ist schrecklich.« Seine kleine Schwester Aya hingegen mag das dunkle Brot und bestreicht es dick mit der Biotomatenpaste. Dafür mag sie den Rotkohl »überhaupt nicht«. Ihre Eltern nehmen sich mehrfach davon nach und Mutter Jun lobt zudem die Wurst: »Ich finde, deutsche Wurst ist wirklich lecker.« Yuki-san, eine Bekannte, stimmt ihr zu: »Mir schmeckt eigentlich alles sehr gut.« Die Kinder sind schon beim Nachtisch angekommen. Während ihnen die Fruchtgummis als »zu hart« vorkommen, finden die Spekulatius-Kekse bei allen Gefallen. Auch Naoko Murozono schmeckt es, »obwohl einiges doch irgendwie einen sauren Geschmack hat: der Rotkohl, die Bratwürste und auch das Pumpernickel-Brot.« Dann nimmt er einen kräftigen Schluck vom deutschen Bier: »Das ist o.k., aber japanisches Bier ist das beste überhaupt«.
Aufgezeichnet von Hilja Müller