Barbara Bruce, 43, ist Kindermädchen, hat eine Green Card und die US-Citizenship beantragt
Ich bin auf Grenada geboren. Meine Mutter habe ich nie kennengelernt. Ich bin von meiner Urgroßmutter aufgezogen worden, die starb, als ich acht war. Mit 16 wurde ich schwanger. Weil ich für sie eine Schande war, schickte mich meine Familie nach Kanada. Im August 1982 besuchte ich Freunde in New York. Als ich ankam, war es schon dunkel. Die Stadt sah irgendwie alt aus, aber ich dachte, ich schlaf erst mal aus, morgen ist alles anders. Aber am nächsten Tag sah es noch genauso aus! Doch dann ist mir New York ans Herz gewachsen. Ich mag die Vielfalt, die unterschiedlichen Kulturen. Ich mag,dass man hier relativ schnell einen Job findet. Das Leben hier ist schnell und verrückt.Wenn ich alt bin, gehe ich wieder nach Kanada. Auf keinen Fall will ich zurück nach Grenada, ich habe da niemanden.
Masoud Soltani, 40, ist Iraner und Amerikaner
Ich bin in Teheran geboren. Als ich elf Jahre war, begann die Islamische Revolution. Mich hat die Sittenpolizei immer wieder festgenommen und geschlagen. Dabei wollte ich nur ein ganz normaler Teenager sein. Mein Bruder hat damals in den USA studiert. Ich dachte: Die Menschen dort sind frei, die haben Spaß. Mein Weg in die USA war ein Desaster. 1993 bin ich in die Türkei, wo mir jemand einen israelischen Pass besorgte, mit dem bin ich nach Kuba. Aber weil ich kein Visum hatte, musste ich zurück. Dann besorgte ich mir einen griechischen Pass, mit dem ich nach Amsterdam flog, wo ich im Abschiebeknast landete. Danach flog ich mit einem kanadischen Pass nach Kanada, aber auch dort kam ich in Abschiebehaft. Für einenTag hat mich mein Anwalt rausgeholt, da bin ich durch den Wald in die USA. Acht Jahrelang habe ich Blumengestecke gemacht, für Geburtstage und Beerdigungen. Jetzt haben mein Bruder und ich zwei Bars. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich die Menschen im Iran betrogen habe, weil ich hier bin.
Max Liebmann, 86, ist Senior Vice President der American Gathering of Jewish Holocaust Survivors. Er ist Amerikaner, kein Deutscher mehr
Ich wurde 1921 in Mannheim geboren. Meine Eltern waren Juden, aber sie lebten nicht orthodox. Bis ich 17 Jahre alt war, bin ich zur Schule gegangen. A ls die Pogromnacht war, im November 1938, ging das nicht mehr. Zwei Jahre später wurden meine Mutter und ich in ein Konzentrationslager in Frankreich deportiert. Nach 21 Monaten hat mich das Schweizer Kinderhilfswerk aus dem Lager geholt, später bin ich in die Schweiz geflohen. Alle anderen wurden nach Auschwitz gebracht. Alle – meine Mutter, mein Vater und meine Schwiegermutter – sind dort ermordet worden. Nach dem Krieg wollte ich in der Schweiz arbeiten, aber ich bekam keine Arbeitserlaubnis. Also beschlossen meine Frau und ich, in die USA auszuwandern, dort hatten wir Verwandte. Im März 1948 sind wir mit unserer zweijährigen Tochter an Bord der Queen Mary gegangen. Meine Frau war die ganze Zeit seekrank. In den USA habe ich nach einer Woche einen Job gefunden – in einem Büro, damit kannte ich mich ja aus. Eines Tages hat meine Frau Blut gespuckt. Wir hatten beide Tuberkulose. Zwei Jahre lang mussten wir in einem Sanatorium leben. Unsere Tochter kam in eine Pflegefamilie. Als ich wieder gesund war, durften wir in eine Sozialwohnung ziehen. Der Staat hat mir eine Ausbildung zum Buchhalter bezahlt.
Yuko Tonohira, 28, ist Grafik-Designerin und hat ein Arbeitsvisum
Ich bin mit meinem älteren Bruder in einem buddhistischen Tempel aufgewachsen, auf der Insel Hokkaido in Japan. Mein Vater war früher ein kommunistischer Aktivist, heute ist er ein Priester. Außer dem Tempel gab es in unserem Dorf nur Reisfelder. In der Schule habe ich eine Kunst-AG gegründet. Die Aufnahmeprüfung für die Kunsthochschule war mir aber zu krass. Im Jahr 2000 hab ich eine Anzeige von der New School in New York gelesen und mich dort beworben. In New York hat mich ein großer Typ wegen meines T-Shirts beschimpft. In Japan tragen alle Shirts mit englischen Sprüchen drauf, aber wir betrachten das nicht als Wörter. Auf meinem T-Shirt stand »Fuck off!«. Seit meinem Diplom zeichne ich Operationen für Medizinbücher. Gerade ist mein erstes Buch rausgekommen, es heißt »Kameratechnik bei Blinddarmoperationen «. Nächstes Jahr will ich in eine kleinere Stadt ziehen, vielleicht nach Memphis. Da sind die Menschen freundlicher und es gibt irgendwie keine Gesetze. Ich komme aus einem solchen Ort, deshalb denke ich, dass ich damit gut umgehen kann.