Wenn dir was an mir liegt – von Julia Seeliger:
Knutschen. Wildes Gefummel. Eigentlich könnte alles so schön sein. Wenn es da nicht immer diese blöde Diskussion gäbe: „Vertraust du mir etwa nicht? Ohne ist doch viel schöner.“ Ohne Kondom ist Sex schöner. Mann spürt mehr, Frau spürt, dass der Mann mehr spürt und sensibler ist. Geschenkt. Frauen und Männer sind nicht gleich, und das ist nicht nur eine Frage der Geschlechterrollen. In der intimen Beziehung sind es die Frauen, die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft oder vor HPV haben. Wahrscheinlich sagen fast alle Männer, dass sie lieber Sex ohne Kondom haben als mit. Das ist verständlich. Es gibt dann nicht nur keine Unterbrechung, sondern es fühlt sich auch besser an.
Aber es macht den Mann zum Idioten, wenn er zu dumm für Kondome ist. Gerade letztens ist mir das wieder passiert. Ich machte den Fehler, mir einen Typen in der Disco aufzureißen beziehungsweise mich dort aufreißen zu lassen. Wieder so ein Kondom-Muckeler. Es ist schon Muckelei, wenn man in einem solchen Fall nicht per se ein Kondom benutzt. Schlimmer sind aber noch die, die dann über so etwas gar zu diskutieren beginnen. Wer so etwas macht, versaut der Frau den Sex. Männer können ihr Sperma meist folgenlos herumspritzen, die Probleme bekommen dann die Frauen: Frauenarzt, Schwangerschaft, Abtreibung, Kosten, Schmerzen, Gerenne, Scheidenpilz, Aids. Und das nach einem Geschlechtsverkehr, der vermutlich nicht einmal Spaß gemacht hat, weil frau sich die ganze Zeit dachte: Was für ein Idiot!
So etwas denkt sich frau, weil sie denkt: Ich bin dem Typen egal, wenn er nicht einmal Kondome benutzen kann, wie kann er dann meine sensiblen Stellen finden? Wie kann ich mich auf ihn verlassen, wie soll ich denn so einen Orgasmus bekommen? So einfach ist das.
Wenn mir was an mir liegt – von Boris von Brauchitsch:
Redet jemand von Verhütung, dann denken die meisten ans Schwangerwerden. Das ist für Schwule ja nun kein Thema. Kondome sollten trotzdem für alle ein Thema sein, denn sie dienen schließlich auch zur Abwehr des HI-Virus und zur Risikominderung, Geschlechtskrankheiten mit so unangenehmen Namen wie Tripper oder Syphilis zu bekommen. Gut, wenn man weiß, wie man ein Kondom benutzt. Und zwar nicht nur theoretisch. Also ruhig mal üben. Gut auch, wenn man gelernt hat, Kondome anzusprechen, falls man an einen gerät, der meint, es gehe auch ohne.
Seit in grauer Vorzeit, Anfang der 1980er-Jahre, Aids auftauchte, hat es allein in Deutschland laut Robert Koch Institut bis Ende 2010 etwa 29.000 Aidstote gegeben. Weil die Krankheit zunächst bei Schwulen festgestellt wurde, fühlten sich Heteros oft nicht betroffen, doch ziemlich bald wurde klar, dass das Kondom für alle der einzig wirksame Schutz ist. Trotzdem gibt es auch unter Schwulen welche, die extra keine Kondome benutzen, weil sie das sogenannte Bare Backing (wörtlich: Reiten ohne Sattel) für ein Abenteuer halten, weil ihnen das Risiko einen Kick gibt, weil sie auf einem Selbstzerstörungs-Trip sind oder weil sie einfach finden, dass Sex und Vernünftigsein nicht zusammenpassen.
Aber es geht halt nicht um Vernunft, sondern um Verantwortung. Für sich selber und für den anderen. Wenn mir was an mir liegt, dann benutze ich ein Kondom. Logisch. Ich kann schließlich nicht in den anderen reinsehen, und von außen erkennt man leider nicht, ob jemand infiziert ist. Aber auch zum Sex ohne Kondom gehören immer (mindestens) zwei. Und wenn unsere Gesetze den einen – der weiß, dass er krank ist und trotzdem ohne Kondom Sex hat – wegen Körperverletzung vor Gericht bringen können, dann sollte der andere eigentlich wegen Dummheit gleich mitverurteilt werden. Dafür gibt’s aber leider noch keinen Paragrafen. So einfach ist das.