Sie sind jung, kommen aus allen Landesteilen der USA, haben die Schule gerade hinter sich. Sie landen im Nirgendwo. Zu Hause, das war wie in einem anderen Leben, die erste Freundin, der erste Job, das erste Auto, der Beginn des Erwachsenenlebens. Hier, hoch oben in den unzugänglichen Bergen über dem Korengal-Tal an der Grenze zu Pakistan, warten die jungen Männer des 2nd Platoon der Battle Company, 173rd Airborne Brigade, in ihrem Vorposten auf Leuchtspurmunition, Handgranaten – auf Aktionen der Taliban. 2007 gelten die Berge über dem Korengal-Tal als die gefährlichste Ecke Afghanistans. "Was für ein Rattenloch", so der US-Soldat Miguel Cortez im einem nach den Einsätzen aufgezeichneten Interview, "ich war überzeugt, dass ich dort sterben würde."
Embedded Journalists
15 Monate begleiteten der Autor und Journalist Sebastian Junger, 49, und der Kriegsfotograf Tim Hetherington den Einsatz, ursprünglich ein Auftrag des Magazins Vanity Fair. Tim Hetherington, 41, wurde zusammen mit dem US-amerikanischen Fotojournalisten Chris Hondros am 20. April 2011 bei einem Angriff der Ghaddafi-Truppen in Misrata, Libyen, getötet. Hetheringtons Foto eines übermüdeten, von der Sinnlosigkeit des Krieges überwältigten jungen Soldaten, das Hetherington nach einem Angriff durch die Taliban auf das 2nd Platoon über dem Korengal-Tal schoss, wurde als Foto des Jahres 2007 ausgezeichnet. Es repräsentiere "die Erschöpfung einer Nation", so die Jury. "Ich wollte hautnah an die Soldaten ran", sagte Tim Hetherington, "Ich brauchte intime Aufnahmen, um dem Westen ihre Lage verständlich zu machen."
Das neue Vietnam
In ihrem Dokumentarfilm lassen Hetherington und Junger die Soldaten sprechen. Der Schrecken, die Verstörung sieht man den jungen Männern auch in der ruhigen Interviewsituation an: Die Stunden, Tage und Monate, als sie mit der Kraft der Verzweiflung in den ausgehobenen Gräben lagen, die Waffe umklammert, prägen sie bis heute. Die Angst vor den Taliban verzerrte ihre Gesichter wie bei einem Kind, das nach seiner Mutter schreit. Staff Sergeant Joshua Mc Donough: "Keiner weiß, wie er mit uns umgehen soll. Es gibt keine Forschung, weil es seit dem Zweiten Weltkrieg und Vietnam niemanden gab, der in einem 15-monatigen Einsatz so viele Kämpfe erlebt hat."
Aus der Hölle nach Hollywood
Der zunächst aus Eigenmitteln finanzierte Dokumentarfilm über die Geschehnisse in der Sandsackfestung gewann den Grand Jury Prize des Sundance Film Festivals 2010 und wurde für den Oscar nominiert. Twitter und Facebook spiegelten tagebuchartig die Lage der Nation zum Einsatz in Afghanistan. Sicher, "Restrepo" arbeitet mit filmischen Mitteln, verstärkt die Spannung vor dem peitschenden Knallen der Schüsse, schneidet hier und geht über in eine Großaufnahme eines Soldatenkopfes. In einer der ersten Szenen explodiert eine Bombe unter dem Motorblock, niemand wird verletzt. Vor dem Rückspiegel baumelt ein schwarzes kleines Plastik-Skelett. "Restrepo" kommt ohne Off-Kommentar aus. Geschönte Stellungnahmen der "Talking Heads" fehlen. Diese Bilder braucht niemand zu kommentieren.
Sonnenbrillen und Testosteron
Im Mai 2007 filmt Juan Restrepo, Armeesanitäter, die Youngsters auf ihrem Weg zum Einsatz. Afghanistan, was wird hier mit uns passieren? Diese bange Frage stellt keiner, es wird gegrölt und posaunt, was erwartest du, na, dass du hier richtig abgehst! Juan Sebastián Restrepo, Vater von zwei kleinen Kindern, starb mit 20 Jahren. Zwei Kugeln hatte er im Hals. Restrepo verblutete im Helikopter auf dem Weg zur Krankenstation. 2009 löste die US-Armee die Position über dem Korengal-Tal auf.