Am 1. Mai 2015 trat das „Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst“ in Kraft. Damit will die Bundesregierung den Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöhen und letztlich erreichen, dass genauso viele Frauen wie Männer in diese Positionen gelangen, teilt das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit. Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) nennt das Gesetz einen „historischen Schritt für die Gleichberechtigung der Frauen in Deutschland“, der einen Kulturwandel in den Unternehmen und Veränderungen zum Besseren bei Millionen Frauen einleiten werde.

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cms-image-000045704.jpg (Illustration: Frank Höhne)
(Illustration: Frank Höhne)

Konkret sollen künftig 30 Prozent der Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, von Frauen besetzt werden. Das betrifft laut Familienministerium rund 100 Unternehmen in Deutschland. Ab 2016 müssen die Firmen die Quote beachten, wenn Stellen neu besetzt werden.

Außerdem werden insgesamt rund 3.500 Unternehmen verpflichtet festzulegen, auf welchen prozentualen Wert sie den Frauenanteil in leitenden Positionen erhöhen wollen. Eine Untergrenze gibt das Gesetz dabei allerdings nicht vor. Es gilt aber: Liegt der Frauenanteil in einer Führungsebene unter 30 Prozent, dann dürfen die gesteckten Ziele nicht niedriger ausfallen. Bis Mitte 2017 sollen die Unternehmen diese Werte erreichen. Auch für den öffentlichen Dienst sieht das Gesetz Änderungen vor, stärkt die Rolle von Frauen und erhöht ihre Chancen. „Die Quote ist ein Meilenstein für die Gleichberechtigung“, sagt Justizminister Heiko Maas.

Debattiert wird schon sehr lange über eine gesetzliche Quote, und die Äußerungen dazu zeigen, aus welchen Gründen Politikerinnen dafür und dagegen waren oder sind. Einige Politiker haben ihre Meinung in den vergangenen Jahren geändert.

Im Jahr 1994 sagte die damalige Bundesministerin für Frauen und Jugend, Angela Merkel, dass sie eine Quote nicht wolle: „Natürlich weiß ich, dass der Frauenanteil mit der Quote mit höherer Wahrscheinlichkeit steigt. Dennoch widerspricht die Quote meiner Auffassung von freiwilligem menschlichem Handeln.“

Auch Ursula von der Leyen war 2007 als Bundesfamilienministerin gegen die Quote: „Die Wirtschaft würde nur viel Energie darauf verschwenden, diese Quoten zu umgehen. Und die Frauen würden sich selbst schaden, weil sie damit ihr Licht unter den Scheffel stellen.“ Im Jahr 2011 sprach sich von der Leyen dann für die Frauenquote aus, weil der Weg für Frauen in Führungspositionen schwieriger sei als für Männer. Schließlich trat auch Angela Merkel für die Frauenquote ein.

Die ehemalige Familienministerin Kristina Schröder bleibt hingegen bei ihrer ablehnenden Haltung. Sie gibt Anfang März 2015 im Bundestag zu Protokoll: „Aus einer Unterrepräsentanz lässt sich nicht zwangsläufig auf eine Diskriminierung schließen.“ Die Frauenquote könne die Chancen eines Einzelnen verringern, „weil andere Angehörige seines Geschlechts tatsächlich oder vermeintlich Vorteile genossen haben“.

Die Zahlen sprechen jedenfalls bisher eine eindeutige Sprache: In Unternehmen, Ministerien, an Universitäten und in Krankenhäusern haben Männer die überwiegende Mehrheit der Führungspositionen inne.

„Ohne eine Quote finden nicht mehr Frauen den Weg an die Spitze – das haben die letzten Jahre gezeigt. Wir halten das Gesetz daher für sehr sinnvoll“, sagt Stephanie Bschorr, Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen. Frauen an der Spitze, etwa in Aufsichtsräten, seien als Vorbilder wichtig und weil sie im Aufsichtsrat wiederum Frauen für die Unternehmensspitzen nominieren können. Anders sei es bei den Vorständen. „Eine gesetzliche Quotierung an dieser Stelle lehnen wir als Wirtschaftsverband ab“, sagt Bschorr, da eine solche Vorgabe unmittelbar in die operative Unternehmensführung eingreife.

Die Sozialwissenschaftlerin Ulla Hendrix vom „Netzwerk Frauen- und Geschlechterforschung NRW“ kritisiert, dass Frauen trotz vergleichbarer oder zuweilen sogar höherer Qualifikation als Männer immer noch nicht annähernd so stark in Führungspositionen vertreten seien wie Männer. Deshalb sei eine Quote sinnvoll.

„Eine Quote, etwa für Vorstände und Aufsichtsräte, trägt dazu bei, die einseitige Zusammensetzung von Entscheidungsgremien aufzubrechen. Damit geht es nicht nur um eine gerechtere Verteilung privilegierter Positionen, sondern auch darum, dass gesellschaftlich relevante Entscheidungen anders kontrolliert werden: von Gruppen, die stärker die Gesellschaft widerspiegeln.“

Weitere Maßnahmen zur Förderung von Frauen blieben trotz der Quote wichtig, etwa Gleichstellungsprojekte und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Felix Ehring arbeitet als freier Journalist. Bei der Recherche wurde ihm von Zahl zu Zahl klarer: Ob es nun um Armut, Geburten, Arbeitslosigkeit oder Klimaschutz geht – Interessengruppen führen eine teilweise erbitterte Debatte um die Deutungshoheit dieser Zahlen. Und: Einige Journalisten vermelden amtliche Zahlen einfach, ohne sie zu hinterfragen und einzuordnen. Dabei gilt für jede Zahl: Sie sagt nicht nur etwas aus, sie verschweigt auch etwas.