Fast täglich zog die „Moonbird“ vergangenes Jahr ihre Kreise über dem Mittelmeer und hielt Ausschau. Dunkles Blau, so weit das Auge reicht, Wellen, Möwen, Wolken. Und immer wieder Boote in Seenot. 119 waren es 2017. Sobald die „Moonbird“ eines sichtete, meldete sie es an die Rettungsleitstelle in Rom. Die koordinierte dann eine Rettung durch Freiwillige, durch die Schiffe der EU-Militärmission, der europäischen Grenzschutzagentur oder der Küstenwache. Ohne das Aufklärungsflugzeug wären 2017 laut der Berliner Nichtregierungsorganisation Sea-Watch wohl 1.000 Menschen mehr ertrunken als ohnehin schon. Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren es 3.000.
Ab sofort muss die Propellermaschine am Boden bleiben. Die maltesischen Behörden untersagen Sea-Watch und der humanitären Piloteninitiative (HPI) aus der Schweiz, die die Moonbird-Einsätze organisieren, alle Flüge in das Rettungsgebiet vor der Küste Libyens. Das Schiff „Sea Watch 3“ und jenes der deutschen Organisation Mission „Lifeline dürfen seit vergangener Woche nicht mehr aus dem Hafen auslaufen. Die maltesische Regierung bestätigte die Entscheidungen. Bei der „Lifeline“ argumentieren die maltesischen Behörden, dass sich ihr Kapitän behördlichen Anweisungen widersetzt und gegen internationales Recht verstoßen habe. Für die Festsetzung der „Sea Watch 3“ und das Moonbird-Flugverbot wurden keine Gründe genannt.
Als das erste Schiff der Sea-Watch 2015 von Hamburg aus in See stach, um Flüchtlinge im Mittelmeer vor dem Ertrinken zu retten, war fluter.de mit dabei.
„Ganz offensichtlich soll es keine unabhängigen Augenzeugen geben, die das Sterben und die Menschenrechtsverstöße auf dem Mittelmeer dokumentieren“, sagt Ruben Neugebauer, der die Einsätze der Moonbird leitet. Die europäische Öffentlichkeit solle nicht erfahren, wie barbarisch die Abschottungspolitik an den Außengrenzen durchgesetzt wird. Auf die Flüchtlinge, glaubt Neugebauer, soll die Entscheidung abschreckend wirken.
Laut der Internationalen Organisation für Migration sind die Opferzahlen in den vergangenen Tagen und Wochen gestiegen. Allein seit dem Wochenende seien 200 Menschen auf ihrer Flucht nach Europa ertrunken. Der Sprecher der IOM, Flavio Di Giacomo, fordert deshalb, die Rettungskräfte wieder zu verstärken. Die Hilfe der staatlichen Akteure nämlich, kritisieren Menschenrechtsorganisationen wie Pro Asyl und Amnesty International, reiche bei weitem nicht aus.
Foto: Chris Grodotzki / Sea-Watch.org