Hängt Lamberto Frescobaldi 23 „Ur“-Silben vor seine Großeltern, landet er im Florenz des 15. Jahrhunderts. Seine Vorfahren waren Bankiers und Winzer und gehörten zu den reichsten Florentinern der Zeit. Sie lebten damals in dem Palazzo, den der 53-Jährige heute noch bewohnt. Dass ihr Nachfahre viele Jahrhunderte später ebenfalls wohlhabender Weinhändler ist, ist kein Zufall. Forscher der Bank of Italy haben die Steuereinnahmen aus den Jahren 1427 und 2011 miteinander verglichen. Das Ergebnis: Die fünf reichsten Familien von damals gehören auch heute noch zu den betuchtesten Steuerzahlern der Stadt.
Florenz, diese alte Handelsstadt des jungen Renaissance-Europas, ist sicher ein besonders drastisches Beispiel. Die vielen politischen und ökonomischen Umbrüche innerhalb eines halben Jahrtausends konnten den Dynastien wenig anhaben. Die Forscher gehen aber davon aus, dass Florenz kein Einzelfall ist. Die Ergebnisse, so glauben sie, könnten auch auf andere westliche Industriestaaten übertragen werden. Damit widersprechen sie dem Wirtschaftsnobelpreisträger Gary Becker, der die These populär machte, dass fast alle Einkommensvor- und -nachteile der Vorfahren im Laufe von drei Generationen verschwinden.
Heißt das also, dass die eigenen Vorfahren vor mehreren Jahrhunderten die gleiche gesellschaftliche Stellung hatten wie man selbst? Ganz so einfach ist es zum Glück nicht. Immerhin entstanden dank Industrialisierung und breiterer Schulbildung in den vergangenen 150 Jahren durchlässigere gesellschaftliche Strukturen. Auch Revolutionen, Kriege und Wirtschaftskrisen wirbeln die Gesellschaft durcheinander. Und trotzdem reproduzieren sich besonders die sehr Reichen und die sehr Armen über viele Generationen. Aufstiegsgeschichten wie „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ sind immer noch die Ausnahme.