Diese Bilder vergisst man nicht, und sie tun jedes Mal von Neuem weh. Vier Polizisten knüppeln auf den am Boden liegenden Rodney King ein, einen afroamerikanischen Staatsbürger, der sich gegen seine Verhaftung nach einer Geschwindigkeitsübertretung gewehrt hatte.
Das schockierende Video, aufgenommen am 3. März 1991 in Los Angeles, ist ein Film in dem Film „Straight outta Compton“, der vom Aufstieg der „Niggaz Wit Attitudes“ (N.W.A.) erzählt. In der Szene, in der sich die Mitglieder der Hip-Hop-Crew die Berichte über den rassistischen Übergriff im Fernsehen anschauen, wird die Wut über Polizeigewalt und Diskriminierung am augenfälligsten – und die Notwendigkeit, für all das ein Ventil zu suchen.
So können martialische N.W.A.-Songs wie „Fuck tha Police“ letztlich als Fortschreibung der Parolen der US-amerikanischen schwarzen Bürgerrechtsbewegung der 1960er-Jahre verstanden werden. Die erste Platte des Quintetts Ice Cube, Eazy-E, Dr. Dre, DJ Yella und MC Ren kommt 1987 auf den Markt. Mit ungeheurer Wucht definierte sie den Hip-Hop, der in seiner Heimatstadt New York vor allem von Mittelschichtkindern getragen wurde, neu: Plötzlich kam da eine proletige Urkraft aus den abgehängten Vierteln und Vorstädten wie Compton oder Inglewood, aus denen durch jahrzehntelange Gangkriege und die Maßnahmen der Drogenpolizei wahre Kriegsgebiete geworden waren.
Die Wucht von N.W.A. reißt selbst die weißen Wohlstandskids mit
„A young nigga got it bad cause I’m brown and not the other color so police think they have the authority to kill a minority“: Der selbstbewusste und bei allen Lebenshärten humorige Umgang mit der Stigmatisierung, den diese wütenden, talentierten Jungs aus der Unterschicht in wuchtige Beats übertrugen, riss selbst die weißen Wohlstandskids mit. N.W.A. ließ sie vergessen, wie langweilig sich ein Leben in Sicherheit anfühlt.
Die Volte, dass aus den Underdogs recht schnell solide Entertainment-Millionäre mit der gewohnten Fixierung auf dicke Hose, dicke Goldketten und dicke Autos wurden, macht das Drehbuch quasi zum Selbstläufer – ebenso wie der tragische Tod von Eazy-E, dem Sex-Partyhengst in der Crew, der kaum glauben konnte, dass nicht nur Schwule Aids bekommen. Bis es ihn selbst traf. Und natürlich ist „Straight outta Compton“ eine einzige große Lobhudelei, schließlich haben ihn Dr. Dre und Ice Cube (übrigens auf großartige Weise von seinem Sohn verkörpert) mitproduziert.
Doch erkennt man in der Liebe zu Figuren und Details dieselbe Leidenschaft, die schon die Musik von N.W.A. prägte. Zehn Jahre soll die Produktion gedauert haben, und es ist angesichts der ganzen Befindlichkeiten von noch lebenden Protagonisten oder den Erbverwaltern der Toten fast verwunderlich, wie stimmig das Ergebnis ist. Oder, um es mit Dr. Dre zu sagen: This shit is dope, man.