Teetrinken spart Wasser. Jedenfalls im Vergleich zu Kaffee. Denn während eine Tasse Tee 30 Liter Wasser verbraucht, benötigt eine Tasse Kaffee 140 Liter. Dafür muss niemand seinen Kaffee übertrieben verwässern. Schuld daran ist die Produktion der Kaffeebohnen, deren Bewässerung und Pflege so viel verschlingt. Anfang der Neunziger – mit zunehmender Globalisierung, steigendem Bevölkerungswachstum und stärkerem Bewusstsein für Umweltprobleme – führte der Wissenschaftler J. A. Allan den Begriff des „virtuellen Wassers“ ein. Er beschreibt damit, wie viel Wasser nötig ist, um etwa Mais anzubauen oder ein Rind großzuziehen. Der reale Wasseranteil ist dabei eher unbedeutend. Im Durchschnitt verbraucht die Produktion tausendmal mehr Wasser, als tatsächlich imn Produkt steckt.

Gerade wasserarme Länder bauen oft Lebensmittel an, für deren Herstellung Unmengen an Wasser nötig sind. Aber sie erhalten keinen Ausgleich – virtuelles Wasser wird nicht vergütet, der Verbraucher zahlt dafür nicht. Wasserreiche Länder hingegen importieren wasserintensive Produkte aus ebendiesen Ländern: Unsere Tomaten werden mithilfe künstlicher Bewässerungssysteme im trockenen Südspanien angebaut, die Futtermittel für Milchkühe stammen aus den Oasen Nordafrikas. Und sämtliche Blumenliebhaber Europas, Japans und der USA schaden unbewusst den Bewohnern und Tierarten rund um den Lake Naivasha in Kenia. Dessen Wasser wird als Quelle für die Züchtung von jährlich etwa 52 Millionen Tonnen Blumen genutzt. Wer also einen Strauß Rosen kauft, nimmt etwa drei Millionen Menschen einen Teil von ihrem Wasser.

Um diese Probleme in den Griff zu bekommen, diskutieren Wissenschaftler über das Konzept eines besseren virtuellen Wasserhandels. Das würde bedeuten: Wasserarme Länder importieren wasserintensive Produkte, anstatt sie auszuführen, und gleichen so den eigenen Wassermangel aus. Länder mit genügend Res-sourcen konzentrieren sich auf die Herstellung dieser Nahrungsmittel und verlagern so die Produktion. Würde zum Beispiel Frank-reich seinen Mais selbst anbauen, anstatt ihn von Ägypten zu kaufen, könnten global 570 Liter Wasser pro Kilo Mais gespart werden.

Doch das Konzept liegt oft gar nicht im Interesse der wasserarmen Länder. Viele befinden sich in einer wirtschaftlich angespannten Lage, und die Menschen sind auf jeden Arbeitsplatz angewiesen. Um den Import überhaupt finanzieren zu können, müssten die Länder ausreichend Geld in anderen Branchen einnehmen. Außerdem käme es dann zu einer noch stärkeren Abwanderung vom Land in die Städte, befürchten Sozialwissenschaftler. Vor allem aber hängt es an der Politik: Andere Probleme haben Vorrang, eine öffentliche Diskussion über Wasserknappheit wird bewusst vermieden. Schließlich geht man von Wasser als einem grundlegenden Recht aus. 

Ein Umdenken wäre aber auch in wasserreichen Ländern nötig. Rund 53 Prozent des virtuellen Wassers in Deutschland kommen von außerhalb – die Bundesrepublik gehört neben Japan und Italien zu den größten Netto-Importeuren. Einzusparen hilft nur, wenn Kosten für das Wasser wirklich in die Produktionskosten eingerechnet werden. Das könnte aber dazu führen, dass Dumpingpreise auf vielen Märkten nicht zu halten sind.
Dass dieses Konzept dennoch funktionieren kann, zeigt sich etwa in Ägypten. Zwar wird dort immer noch Mais angebaut, mittlerweile aber erheblich weniger. Im Jahr 2000 wurden etwa 5,8 Milliarden Kubikmeter Wasser (1 Kubikmeter = 1000 Liter) durch die Einfuhr von Mais gespart. Auch Länder wie Jordanien oder Israel importieren inzwischen mehr als noch vor wenigen Jahren, in Südafrika muss seit 1997 für Wasser und seine Bereitstellung gezahlt werden.

Der internationale virtuelle Wasserverbrauch wird aufgrund der wachsenden Weltbevölkerung weiter steigen. Schon die Kaffeetrinker dieser Welt beanspruchen jährlich 120 Milliarden Kubikmeter – das entspricht nahezu 1,5-mal dem jährlichen Wasserlauf des Rheins. Im abendlichen Käsebrot stecken 90 Liter, für ein Kilo Rindfleisch sind 16 000 Liter nötig. Ein Vegetarier verbraucht etwa 2,4 Kubikmeter Wasser weniger am Tag als ein Fleisch essender Mensch. Und wer sich Bier statt Apfelsaft bestellt, spart 115 Liter Wasser pro Glas.