Mike Samuel Delberg, 28, Mitglied der CDU, Ortsvorstand der CDU in Berlin-Moabit
Ich finde ja: Wenn man mit etwas unzufrieden ist, sollte man nicht auf jemanden warten, der es ändert, sondern selbst anpacken, Verantwortung übernehmen und die Gesellschaft verbessern, sodass man ein Stück weit zufriedener ist.
„Politik wird nicht nur von Programmen, sondern vor allem von Menschen gemacht“
Ich bin Ortsvorstand der CDU in Berlin-Moabit und werde jetzt Bürgerdeputierter (Anm. der Redaktion: So werden Bürgerinnen oder Bürger genannt, die an der Arbeit der Ausschüsse einer Bezirksverordnetenversammlung in Berlin stimmberechtigt teilnehmen) für Integration. Schon in der Schule habe ich mich politisch engagiert – ich wurde in der Oberstufe zum Schülersprecher einer Sport-Eliteschule und in den Vorstand des obersten schulpolitischen Beirats in Berlin gewählt. Als Sprecher für 300.000 Schüler haben sich die Parteien natürlich für mich interessiert. Ich wurde zu diversen Empfängen und Gesprächen eingeladen. Fast alle Parteien waren anfangs auch potenzielle Alternativen für mich. Zum Beispiel konnte ich mich in der SPD wiederfinden. Abgeschreckt haben mich jedoch einige ihrer Mitglieder – etwa Thilo Sarrazin –, deren Ansichten und Auftreten meiner Meinung nach offensichtlich geduldet wurden.
Nachdem ich einige Jahre lang von außen beobachtet hatte, wie Parteien arbeiten, entschloss ich mich 2013, der CDU beizutreten. Sie imponiert mir mit ihren Richtlinien, ihrem Parteiprogramm, ihrer pragmatischen Art und den Persönlichkeiten, die sie repräsentieren. Man darf nicht vergessen: Politik wird nicht nur von Programmen, sondern vor allem von Menschen gemacht.
„Das einzige Mittel gegen Vorurteile ist die persönliche Begegnung“
Überzeugt hat mich auch die Politik auf kommunaler Ebene. Zunächst einmal geht es mir um die Art und Weise, wie man Dinge anpackt: nicht von heute auf morgen eine Revolution anzuzetteln, wie es einige Parteien relativ blauäugig fordern, sondern angestrebte Veränderungen vorausschauend planen und zeitlich angemessen durchführen. Ein Beispiel ist der Atomausstieg bis 2022 – das ist ein realistisches Ziel. Wichtig ist, dass es dafür einen konkreten Plan gibt. Zwar bin auch ich ein hoffnungsloser Idealist, doch vor allem in der Opposition herrscht mir viel zu viel realitätsfremde Romantik.
Als Vizepräsident der Jüdischen Studierendenunion in Deutschland und Repräsentant der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ist für mich die Distanzierung von Antisemitismus und die bedingungslose Anerkennung des Staates Israel auch ein persönlich wichtiges Thema. Innerparteilich engagiere ich mich in den Bereichen Kultur, Bildung und Religion mit Schwerpunkt Integration. Dabei brauche ich aber nicht immer die ganz großen Projekte, um mit Menschen in Kontakt zu kommen. Mit Flüchtlingen gehe ich zum Beispiel spontan Döner essen, um ihre Probleme und Bedürfnisse besser zu verstehen. Interreligiöse Zusammenkünfte oder interkulturelle Begegnungen gehören zu meinem Alltag. Ich bin mir im Klaren darüber, dass viele zu solchen Gesten noch nicht bereit sind. Allen voran Bürger aus der Mitte der Gesellschaft, die das Gefühl haben, ihre Ängste würden von der Politik überhört oder gar bewusst ignoriert. Das einzige Mittel gegen Vorurteile gegenüber Menschen ist meiner Meinung nach die persönliche Begegnung. Für sie setze ich mich verstärkt ein. Ich werde mich zukünftig auch außerparteilich bemühen, Menschen und Parteien zusammenzubringen, um Integration und Bildungsarbeit zu diskutieren. Ich finde es wichtig, dass gerade diese Themen von unterschiedlichen Standpunkten aus betrachtet werden.
„Ich nenne das Programm der CDU nicht mutlos, sondern pragmatisch“
Wenn FDP-Parteivorsitzender Christian Lindner das Wahlprogramm der CDU als „unambitioniert und mutlos“ kritisiert, halte ich das für Quatsch. Im Gegensatz zu anderen Parteien denkt sie bereits an die nächsten Schritte in einer potenziell bald wiedererlangten Regierungsverantwortung und möchte so die Fehler und Lücken des aktuellen Systems schrittweise reformieren. Ich nenne das Programm der CDU nicht mutlos, sondern pragmatisch.
Ob ich konservativ bin? In einigen Bereichen sicher. Ich pflege gerne deutsche und jüdische Traditionen. Bierzelt? Auch okay. Ich sehe das als Teil meiner Kultur. Gemäßigter Patriotismus ist für mich ebenfalls in Ordnung. Ich bin außerdem ein großer Fan der Institution Familie, egal ob traditionell oder Patchwork, ob die Eltern hetero- oder homosexuell sind. Der Verbund der Familie sollte einen Status innerhalb unserer Gesetzgebung haben.
Ich strebe nicht primär bestimmte Posten in der Partei an – man kann aber nie wissen. Ich möchte einige Dinge einfach ein bisschen besser machen. Die CDU, so glaube ich, gibt mir dafür einen idealen Rahmen.
Mein politischer Traum ist eine Gesellschaft, in der es selbstverständlich ist, seine Kultur, seine Religion und seine Sexualität offen auszuleben. Dass sich alle hier als Bestandteil der Gesellschaft sehen. Ich will, dass Menschen respektvoll und freundschaftlich miteinander umgehen. Es ist wichtig, Gemeinsamkeiten zu finden, statt zu suchen, was uns trennt.
Weil 42 Protokolle – so viele Parteien nehmen an der Bundestagswahl am 24.9. teil – ein bisschen viel wären, haben wir uns auf jene sieben Parteien beschränkt, die laut Umfragen eine realistische Chance auf den Einzug in den Bundestag haben.
Illustration: Daavid Mörtl