Was motiviert Sie, den ersten panafrikanischen Fernsehsender ins Leben zu rufen?
Wir wollen die Wahrnehmung Afrikas verändern. Vor allem den Eindruck, in Afrika herrschten nur Tod und Katastrophe, Hunger, Aids, Krieg und Genozide. Das sind die Standardansichten. Wir wollen aber zeigen, dass Afrika ein lebendiger Kontinent ist, mit enormen Möglichkeiten.
Dabei haben die schockierenden Bilder doch auch ihre gute Seite, weil sie Auslöser für Hilfsaktionen und politisches Engagement sind …
Manche Krisen sind tatsächlich so dramatisch, dass sofortige Hilfe notwendig ist, wie etwa in Äthiopien 1984, wo Hunderttausende am Rande des Todes standen. Aber auf lange Sicht haben diese Bilder katastrophale Folgen für die Entwicklung eines Landes. Äthiopien wird noch heute als Land des Hungers gesehen. Der Hunger ist ein Stigma, von dem sich Äthiopien nicht befreien kann.
… und deshalb bringen Sie jetzt Ihre eigenen Geschichten auf den Markt?
Bislang bekommen Afrikaner ihre Informationen nur über ausländische Sender. Wenn man »CNN« und »BBC« einschaltet, fängt man ja selbst an zu glauben, Afrika wäre ein verlorener Kontinent.
Sind die einzelnen afrikanischen Kulturen für einen gemeinsamen Sender nicht zu unterschiedlich?
Auch wenn es viele lokale Dialekte gibt, drei oder vier Kernsprachen genügen, um in Afrika miteinander zu kommunizieren – Englisch, Französisch, Portugiesisch und Arabisch. Die große Frage ist viel eher, warum ein Nigerianer an einem Ereignis in Kenia interessiert sein sollte, oder ein Ägypter an der Situation in Südafrika.
Und, haben Sie darauf eine Antwort?
Obwohl wir sehr verschieden sind, die Probleme des Kontinents sind meist sehr ähnlich. Ob Korruption, Bildung, Armut, Gesundheit, Aids oder Malaria, wir müssen voneinander lernen. Wir müssen verstehen, wie andere Länder Lösungen gefunden haben und wie wir diese Lösungen übertragen können.
Ihr Vorhaben erinnert ein wenig an »Al Jazeera«…
Was »Al Jazeera« für die arabische Welt erreicht hat, ist unglaublich. »Al Jazeera« hat den Menschen im Mittleren Osten eine eigene Stimme gegeben, und so ein Gegenbild zu der westlichen Sichtweise geschaffen. Diese Entwicklung ist eine große Inspiration für uns.
Wie wollen Sie Menschen in entlegenen Dörfern oder Slums überhaupt erreichen?
Die neuen Medien spielen dabei eine ganz entscheidende Rolle, und Afrika entwickelt sich rasant. Noch dieses Jahr wird Kenia an das globale Glasfasernetz angeschlossen. Das eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten. Wir denken Fernsehen vom Internet aus. Abrufbare Sendungen, über Internet und Mobiltelefone.
Fernsehen über Mobiltelefone?
Die technologische Entwicklung ermöglicht uns, die Menschen überall zu erreichen, selbst die Massai-Krieger in der Steppe. Kurze Clips mit den zentralen Informationen. Noch vor ein paar Jahren schien dieser Traum unmöglich. Aber dank Internet und Satellit können wir heute unsere Filme viel einfacher verbreiten. Afrikanische Journalisten können ihre Geschichten endlich weltweit transportieren, was völlig neue Perspektiven ermöglicht.
Wie sähe denn so eine neue Perspektive aus?
Nehmen wir das Beispiel Robert Mugabe. Mehr als die Hälfte aller Afrikaner würde ihn als Helden bezeichnen. Im Westen gilt er ausschließlich als Despot. Dabei geht es uns nicht darum ihn zu verteidigen, schließlich kann jeder sehen, welche Folgen seine Wirtschaftspolitik für Simbabwe hat. Aber die Umverteilung des Landbesitzes ist eine richtige Idee.
Von Pressefreiheit hält Herr Mugabe aber nicht sehr viel…
Genau darum geht es ja. In vielen Ländern Afrikas sind Medien die einzige Möglichkeit für Opposition. Deshalb werden sie auch so häufi g von Regierungen zensiert und kontrolliert. Wenn es darum geht, Dinge zu verändern, dann haben Medien die Aufgabe, Menschen zu informieren, damit sie selbst frei entscheiden und wählen können. Solange wir diese Freiheit in Afrika nicht besitzen, bleiben wir auch in unserer Entwicklung gehemmt. Unser Afrikabild selbst zu beeinfl ussen ist der nächste Schritt zur Emanzipation von Fremdeinflüssen.