Warum hast du dich entschieden, in die Kommune zu ziehen?
Ich hatte eigentlich schon immer den Wunsch nach einem sozialen und ökologischen Projekt, das ein dauerhaftes Lebenskonzept ist, auch weil ich mich in meinem Beruf und mit den gesellschaftlichen patriarchal-kapitalistischen Spielregeln oft sehr entfremdet gefühlt habe. Im Studium hatte ich Freunde, mit denen ich immer wieder überlegt habe, eine Art von Gemeinschaft zu gründen. Dann habe ich zum ersten Mal von der Kommune gehört.
Wie war dein Leben vorher strukturiert, was sind die größten Unterschiede zum Leben in der Kommune?
Vorher habe ich oft in WGs gewohnt, meistens aber zusammen mit anderen Studierenden, das hatte dann meist keine große Dauer. Ich habe auch einmal allein gelebt, und mich nur langsam an die Kommune angenähert. Die Unterschiede zwischen Kommune und einem Leben in einem normalen Mietshaus sind aber so zahlreich – es gibt eigentlich kaum Gemeinsamkeiten. Ein bisschen ist es, als würde eine Mehr-Generationen-Großfamilie auf einem Hof leben.
Welche Rolle spielt Geld in der Kommune?
Geld spielt eher nach außen eine Rolle. Intern gibt es keinen Geldverkehr. Das ist eine große Erleichterung, denn ich muss mir um Geld wenig Gedanken mehr machen. Mein Leben besteht aus Beziehungen zu anderen Menschen, und nicht aus Konsum. Ich habe trotzdem neben dem Gemeinschaftskonto noch ein eigenes Konto. Andere Kommunardinnen haben aber auch das aufgegeben.
Wie kann man sich die Gemeinschaftskasse vorstellen: gibt es in einem Büro eine alte Keksdose, aus der man sich bei Bedarf bedient?
So ähnlich. In der Verwaltung gibt es eine Schublade, aus der man sich bedient. Allerdings werden alle Ausgaben eingetragen, mit Zweck und Summe. Größere Ausgaben von über 150 werden auch öffentlich am Schwarzen Brett angekündigt. Für die Einnahmen der Betriebe, die zur Kommune gehören, gibt es aber auch noch einen Tresor.
Was bedeutet dir Eigentum?
Die Lebensqualität hier entsteht durch positive Beziehungen, nicht durch Besitz oder Eigentum. Besitz ist aber trotzdem wichtig – ich habe hier mehr, als ich brauche oder nutzen kann. Ich bin auch schon eine Sammlerin, ich neige dazu, Dinge anzuhäufen.
Das erklärte Ziel der Kommune ist es, die Gemeinwirtschaft zu verändern. Wie siehst du den Erfolg dieses Anspruchs?
Niederkaufungen allein ist eher unbedeutend. Wir sind zwar in interessierten Kreisen sehr bekannt, aber die meisten können sich dann doch nicht entscheiden, auch so zu leben. Am ehesten sehe ich in Netzwerken zwischen vielen Gruppen und sozialen Bewegungen gesellschaftliches Veränderungspotenzial. Die Kommune Niederkaufungen kann nur ein Beispiel dafür sein, wie es unter günstigen Bedingungen möglich ist, anders zu leben als die Mehrheit.
Gibt es einen Teil deines Besitzes, den du mit niemandem teilen würdest?
Die Kiste mit meinen Liebesbriefen und mein Tagebuch. Die meisten anderen Sachen würde ich schon ausleihen.
Gibt es irgendetwas, das du wie wir Nichtkommunarden konsumierst?
Das Konsumverhalten hier ist einfach anders, es ist weniger Kompensation. Trotzdem kaufe ich mir manchmal eine neue Jeans und natürlich gehen wir auch mal ins Kino, tanzen oder ein Eis essen. Aber Konsum ist keine Ersatzbefriedigung.
Ein Kommentar zu: »Eigentum verpflichtet«, bitte.
Das stimmt. Juristisch. Moralisch. Eigentum ist auch eine Verantwortung zu spenden, zum Feiern, Schenken und sich um andere zu kümmern. Zu viel angehäuftes Eigentum verstopft spirituell. Wenn man hingegen Reichtum teilt, bringt das Freude.