Irving Villegas ist der Globalisierung auf dem platten Land begegnet. In Weiterstadt war das, 20 Kilometer vor Frankfurt. Da beobachtete der Fotograf im Sommer 2007 Wanderarbeiter aus Polen und Rumänien bei der Spargelernte. Schwitzende Männer, die mit freiem Oberkörper Zehn-Stunden-Schichten kloppten, sieben Tage die Woche. Der pure Durchhaltewillen. Das beeindruckte ihn. Wie viele Einheimische nehmen eine solch schwere Erntearbeit bei kärglicher Bezahlung auf sich?
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Ein Mann aus dem Senegal, der sich für acht Jahre zur Olivenernte in Spanien verpflichtet hat. Er muss dafür immer monatelang seine Frau und seine drei Töchter alleine zurücklassen
(Foto: Irving Villegas)Für die Erntehelfer ist die Bezahlung oft jedenfalls besser als in ihren Heimatländern, wohin sie nach der Erntesaison wieder zurückfahren. Oder sie ziehen in das nächste Land zur nächsten Ernte weiter.
So kam Villegas, der selbst aus Mexiko stammt und in Deutschland lebt, auf die Idee zu seiner Fotoarbeit „Working Far Away“. Sie dokumentiert das Leben von Saisonarbeitern in verschiedenen Regionen Deutschlands und in der ganzen Welt: Osteuropäer, die in Deutschland Spargel stechen oder Schafe scheren, Marokkaner und Senegalesen, die bei der Olivenernte in Spanien schuften. Ein senegalesischer Vater dreier Töchter hat sich vertraglich sogar verpflichtet, dort in den nächsten acht Jahren zu helfen.
Inzwischen hat er einige auch in ihrer Heimat besucht, wo sie von Angehörigen oft schmerzlich vermisst werden
Immer mal wieder ist das Leben von Saisonarbeitern Thema von Fotoarbeiten. Villegas stört, dass ihre Situation dann aber oftmals schnell wieder in Vergessenheit gerät. Mancherorts werden sie sogar kriminalisiert oder man unterstellt ihnen, den Einheimischen Jobchancen wegzunehmen.
Deshalb will Villegas dranbleiben und sein eigenes Bild vermitteln. Inzwischen hat er einige von ihnen auch in ihren Heimatländern besucht, wo sie von Angehörigen und Freunden oft schmerzlich vermisst werden. Dann folgt er ihnen wieder auf ihre Auslandseinsätze. Frankreich und Finnland sind seine nächsten Ziele. Die Karawane der landwirtschaftlichen Wanderarbeiter wird sich noch lange rund um den Globus weiterbewegen. Für den Fotografen könnte das zu einem Lebensprojekt werden.

Weiterstadt bei Frankfurt am Main – Manchmal wird es bei der Spargelernte so heiß, dass die Arbeiter es nur noch in der Unterhose aushalten und sich aller anderen Kleidungsstücke entledigen müssen.
(Foto: Irving Villegas)
Övelgönne bei Hamburg – Für das Mittagessen müssen die Spargelstecher von ihrem kargen Lohn jeden Tag 4 Euro abzwacken.
(Foto: Irving Villegas)
Övelgönne bei Hamburg – Ein Arbeiter zeigt ein Foto von seiner Frau und seiner Tochter, die darauf warten, dass er endlich zurückkommt.
(Foto: Irving Villegas)
Övelgönne bei Hamburg – Sogar in Norddeutschland ist ein Sonnenbrand kaum zu verhindern, wenn man den ganzen Tag auf dem Feld schuftet.
(Foto: Irving Villegas)
Övelgönne bei Hamburg – Nach dem Essen ist Mittagsruhe. Aber nur für 30 Minuten, dann geht es zurück an die Arbeit.
(Foto: Irving Villegas)
Fuhrberg bei Hannover – Gearbeitet wird immer, egal bei welchem Wetter.
(Foto: Irving Villegas)
Aiova, Rumänien – Seit vier Jahren arbeitet Daniel immer während der Spargelsaison in Deutschland. Er braucht das Geld, weil er bald heiraten möchte.
(Foto: Irving Villegas)
Raivoia, Rumänien – Seit vier Jahren arbeitet Petruia als Saisonarbeiterin. Sie beginnt in Italien, zieht dann weiter nach Spanien und schließlich nach Deutschland. Sie braucht das Geld, um ihr Haus zu sanieren.
(Foto: Irving Villegas)
Jaen, Spanien – Ein Arbeiter aus dem Senegal schlägt mit einem Stock die reifen Oliven vom Baum.
(Foto: Irving Villegas)
Jaen, Spanien – Ein anderer Senegalese schleppt die Netze, in denen die Oliven aufgefangen werden. Er ist Vater von drei Kindern und muss den großen Teil seines Gehalts nach Hause schicken.
(Foto: Irving Villegas)
Jaen, Spanien – Viele Wanderarbeiter schlafen auch im eigenen Zelt oder auf der Straße. Für einen Platz in einer der Baracken müssten sie Ausweisdokumente vorlegen, die sie nicht besitzen.
(Foto: Irving Villegas)
Jaen, Spanien – An den Treffpunkten der Saisonarbeiter sieht man neben Nordafrikanern immer öfter auch wieder Einheimische. In der Wirtschaftskrise Spaniens haben sie keine andere Wahl und arbeiten wieder als Erntehelfer.
(Foto: Irving Villegas)
Galicien, Spanien – Der polnische Arbeiter schnappt sich das Schaf, um es zum Scheren zu bringen. Seine Frau ist schwanger, deshalb brauchen die beiden jetzt mehr Geld. Auch in der nächsten Saison wird er wieder kommen.
(Foto: Irving Villegas)
Galicien, Spanien – Als Schafscherer müssen die Arbeiter in Spanien von Hof zu Hof fahren und legen dabei im Laufe der dreimonatigen Saison schon mal 20.000 Kilometer zurück.
(Foto: Irving Villegas)
Galicien, Spanien – Irgendwo in einer Garage verbringen die Arbeiter ihre Pause.
(Foto: Irving Villegas)