Thema – Wahlen

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Making-of: WahlBot

Die Bundeszentrale für politische Bildung hat einen Chatbot zur Europawahl entwickelt. Wir haben Projektleiter Tobias Fernholz gefragt, was der Bot kann, was nicht und warum er in Wahlangelegenheiten besser ist als ChatGPT

Wahl-Bot

fluter.de: Herr Fernholz, angenommen, heute wäre der Tag der Europawahl und meine Wahlbenachrichtigung ist weg. Was nun?

Tobias Fernholz: Um es mit den Worten des WahlBots zu sagen: „Keine Panik! Wenn du die Wahlbenachrichtigung nicht mehr hast, kannst du trotzdem wählen, wenn du dich ausweisen kannst. Die Wahlhelferinnen und Wahlhelfer suchen dich dann im Wählerverzeichnis. Stehst du darin, darfst du wählen.“

Was genau ist dieser „WahlBot“?

Das ist ein Chatbot der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) zur Wahl der Abgeordneten des Europaparlaments am 9. Juni dieses Jahres. Er soll kurze und präzise Antworten auf organisatorische, aber auch inhaltliche Fragen von Bürger:innen rund um die Wahl liefern.

Eine Frage fällt mir ein: Wie beantrage ich die Briefwahl?

Genau. Darauf antwortet der WahlBot, dass Sie bei Ihrem Wahlamt einen Wahlschein beantragen müssen und dieser Antrag bis zum 7. Juni um 18 Uhr dort eingegangen sein muss. Per E-Mail, Onlineformular oder auf der Rückseite Ihrer Wahlbenachrichtigung – falls Sie die nicht verloren haben.

Und wenn ich wissen möchte, wer die Spitzenkandidat:innen der antretenden Parteien sind?

Der WahlBot listet die Kandidat:innen dieser 16 Parteien auf und liefert dann – auf Nachfrage – kurze Steckbriefe der einzelnen Personen.

„Bei einem Chatbot zu einer Wahl ist zentral, dass er wahrheitsgetreu antwortet. Und das ist bei einer KI wie ChatGPT nicht immer der Fall“

Was, wenn ich konkrete Fragen zu den Wahlprogrammen oder Positionen der Parteien habe. Etwa: Wo bekomme ich für meine Stimme den besten Klimaschutz?

Bei einigen Fragen kann unser WahlBot ganz konkrete Antworten liefern. Die stammen aus unserer bpb-Redaktion, die auch den Wahl-O-Mat verantwortet. Er liefert dann auch immer Quellen mit und verlinkt auf die Angebote der bpb. Ziemlich häufig übrigens auch auf unser Hauptangebot, das wir genau zu diesem Zweck seit 22 Jahren für Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen anbieten: ebenjenen Wahl-O-Mat.

Wie viel KI steckt im WahlBot der bpb zur Europawahl?

Tatsächlich gar keine. Das mag überraschend klingen, schließlich sind KIs wie ChatGPT sehr nützlich, verbreitet und können in den neuesten Versionen auch Inhalte zu aktuellen Themen liefern. Bei einem Chatbot zu einer Wahl ist aber zentral, dass er wahrheitsgetreu antwortet. Und das ist bei sogenannten „large language models“ wie ChatGPT nicht immer der Fall. Sie sind so entwickelt, dass sie stets eine Antwort parat haben. Doch häufig „halluzinieren“ ChatGPT und Co. Sie antworten plausibel, aber mit Falschinformationen.

Jede Antwort des WahlBots hat ein Mensch geschrieben?

So ist es. Wir haben für den Chatbot drei professionelle Journalisten als Redakteure beauftragt. Sie haben über das letzte halbe Jahr erst alle denkbaren Fragen an den Chatbot gesammelt, inklusive Tippfehler. Dabei konnten sie auch auf den Datensatz der Fragen zurückgreifen, die die Bürger:innen an den Chatbot der bpb zur Bundestagswahl 2021 gestellt haben. Und dann haben sie die Antworten recherchiert und aufgeschrieben.

Nichts gegen die Kollegen, aber auch sie können faktische Fehler machen. Oder die Antworten des WahlBots unabsichtlich mit einer politischen Tendenz formulieren.

Meine Co-Projektleiterin und ich haben alle Inhalte abgenommen, sodass mindestens das Sechs-Augen-Prinzip gegolten hat. Bei komplizierten Themen haben wir noch wissenschaftlich versierte Kolleg:innen aus den Fachabteilungen der bpb dazugeholt.

Auf welche Fragen hat der WahlBot keine Antwort?

Auf die zum Wetter und alle anderen, die nichts mit der Europawahl zu tun haben. Die Aufgabe des WahlBots ist ausschließlich, Bürger:innen dabei zu helfen, ihr Wahlrecht für die EU wahrnehmen zu können.

„Wir werten quasi live aus, welche Fragen besonders häufig gestellt werden – und wo der WahlBot noch nicht weiterhelfen kann“

Wenn ich also nach dem Wetterbericht für Berlin frage, dann …

… rät der WahlBot dazu, aus dem Fenster zu schauen. Darunter bietet er ein paar „häufig gestellte Fragen“ – Wer darf wählen? Was ist die Fünf-Prozent-Hürde? Kann ich mich enthalten? – und als Gimmick vier Quizze zur Europawahl und Wahlen allgemein an.

Noch antwortet der Chatbot auf ein paar Fragen zur Europawahl damit, dass er sie „nicht zuordnen“ könne. Inwiefern entwickeln Sie ihn bis zur Europawahl weiter?

Wir werten quasi live aus, welche Fragen besonders häufig gestellt werden – und bei welchen Fragen der WahlBot noch nicht weiterhelfen kann. In diesen Fällen fordert er dazu auf, in ein bis zwei Tagen erneut zu fragen. Bis dahin wollen wir die Inhalte recherchiert, geprüft und eingepflegt haben.

In welchen Sprachen können Bürger:innen mit dem Chatbot kommunizieren?

Vorerst ist das nur Deutsch, bald werden wir aber noch eine englischsprachige Version anbieten.

Und auf welchen Plattformen ist der WahlBot verfügbar?

Das sind die Websites bpb.de, fluter.de, eurotopics.net und der Telegram-Channel.

Dr. Tobias Fernholz ist Referent im Fachbereich Politische Bildung und Social Media der bpb und einer von zwei Projektmanager:innen des WahlBots.

Illustration: Bureau Chateau / Jannis Pätzold

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.