Die Geschichte des Streits beginnt im Jahr 1977. Damals erwarb die Rheinbraun-AG, die später in den RWE-Konzern überging, das Waldgebiet. Heute ist der Großteil des seit 12.000 Jahren existierenden Waldes zwischen Aachen und Köln der Rodung für den Braunkohletagebau gewichen: Von ursprünglich etwa 5.500 Hektar Fläche stehen heute noch 200.
Seit 2012 hat sich der Konflikt zwischen Braunkohlegegnern und dem RWE immer stärker zugespitzt. Vor sechs Jahren besetzten Aktivisten erstmals in Baumhäusern Teile des Waldes. Nach einer ersten Räumung kam es 2013 erneut zur Besetzung. Seitdem harren die Aktivisten in ihren Lagern aus, immer wieder unterbrochen von Räumungen durch die Polizei. 2016 befindet das Oberverwaltungsgericht Münster die Besetzung für illegal. Im Jahr darauf erklärt das Verwaltungsgericht Köln, dass die geplante Rodung rechtmäßig ist. Die damalige rot-grüne Landesregierung genehmigt den Hauptbetriebsplan – der RWE-Konzern sichert sich somit das Recht, im Tagebau Hambach bis 2040 Kohle abzubauen. Doch die Gegner bleiben im Wald. Über die Jahre gründen sich verschiedene Initiativen, die sich auch im betroffenen Umland Kerpen-Buir gegen weitere Rodungen engagieren.
Der Beginn der nächsten Rodung war ursprünglich für Oktober 2018 geplant. Angesichts der nahenden Rodungssaison verschärfte sich bereits in den Sommermonaten der Konflikt zwischen dem RWE auf der einen und den Aktivisten auf der anderen Seite. Der Hambacher Forst wird zum Symbol für den Kampf um Kohle.
Am 12. September dieses Jahres fordert das Bauministerium des Landes NRW die Stadt Kerpen auf, die Baumhäuser zu räumen. Begründet wird diese Forderung mit fehlendem Brandschutz in den Hütten. Am Tag darauf beginnt die Polizei mit der Räumung des Forsts. Ihre Vorgehensweise ist umstritten: Es kursieren Videos, die Polizeigewalt gegen Aktivisten zeigen. Gleichzeitig wird die Polizei eigenen Aussagen nach ihrerseits gewaltsam von Aktivisten angegriffen, unter anderem mit Molotowcocktails. Besonders tragisch überschattet der Tod eines Bloggers die Räumungsphase: Er stürzte von einer Hängebrücke und starb wenig später an seinen Verletzungen.
Doch auch friedlicher Widerstand und gewaltfreie Räumung werden dokumentiert. Um den Hambacher Forst formiert sich während dieser Wochen eine rege Protestkultur von Braunkohlegegnern.
Als die Räumung annähernd abgeschlossen ist, geben zwei Gerichtsurteile der Protestbewegung neuen Aufwind: Das Oberverwaltungsgericht Münster gibt einem Eilantrag des Umweltverbandes BUND statt und verhängt am Vormittag des 5. Oktober einen vorläufigen Rodungsstopp. Zudem wird die Großdemonstration „Wald retten – Kohle stoppen!“ am Hambacher Forst zunächst von der Polizei Aachen verboten, doch das Verwaltungsgericht kippt das Verbot kurzfristig, sodass die Demo am 6. Oktober stattfinden kann. Nach Rodungsstopp und Demo-Erlaubnis kommen Tausende Kohlegegner zusammen und feiern den Zwischenerfolg.
Im Hauptsacheverfahren wird nun das Verwaltungsgericht Köln entscheiden, ob der Hambacher Forst vom RWE gerodet werden darf. Inwiefern die Rodung wirklich notwendig ist, um die Energieversorgung durch Kohle zu sichern, oder ob der Schutz des Waldes als Lebensraum für Flora und Fauna Vorrang hat, muss neu bewertet werden. Bis über die Klage des BUND rechtskräftig entschieden ist, darf nicht gerodet werden. Das Urteil könnte aufgrund des komplizierten Gerichtsverfahrens erst im Jahr 2020 vorliegen. Währenddessen geht der Protest gegen Kohlestrom und das RWE in eine neue Runde. Die Umweltaktivisten haben bereits mit dem Bau neuer Baumhäuser im Wald begonnen und hatten einen Bagger im Tagebau besetzt. Der „Hambi bleibt“ also – zumindest vorerst.