Wenn Protest aufkommt, ist Vertrauen verloren gegangen. Proteste sind Akte öffentlicher Kommunikation durch Ungehorsam. Mit der Ruhe öffentlicher Ordnung ist es dann vorbei, die Routinen der Repräsentation werden durchbrochen. Ob der Ungehorsam zivil bleibt oder auch nur bleiben kann, ist eine Frage der konkreten Verhältnisse und Erfahrungen. Protestierende geben jedenfalls ein sichtbares Zeichen ihres gewachsenen Selbstvertrauens und Mutes: Wir sind auch noch da. Und wir wollen etwas.

Wenn es konkret wird, kennt Protest viele Formen, Anlässe, Verläufe. In Europa geht es seit Monaten um die Folgen der sogenannten Finanzkrise, also letztlich um Verteilungsgerechtigkeit angesichts der herrschenden Austeritätspolitik. Die Ausmaße der Jugendarbeitslosigkeit sind zum Teil abgründig. Das massenhafte Signal der Aussichtslosigkeit, das davon ausgeht, rührt an den Kern des Gesellschaftsvertrages. Immer konkreter wird dabei auch die Frage nach der Legitimation des ganzen europäischen Projektes und seines Überlebens gestellt. Der Arabische Frühling begann mit Protesten, die in Revolutionen mündeten. Deren Ausgang ist offen, hier beginnen die politischen Kämpfe erst. Aber schon jetzt bieten sie ein faszinierendes und motivierendes Bild des Freiheitswillens. Auch hier waren es oft Jugendliche, die bereit waren, um ihre Zukunftsaussichten zu kämpfen. Und die dabei realisierten Taktiken innerhalb sozialer Medien sind beeindruckend.

In China werden in den Protesten der Wanderarbeiter deren brutale Lebensbedingungen zum Thema. Manches trägt Züge der Frühformen des industriellen Kapitalismus in Europa, der auch auf dem Rücken von Millionen Lohnsklaven errichtet wurde. Und es erinnert uns daran, dass die Segnungen der Globalisierung in Form billiger Konsumgüter immer noch ihren bitteren Preis haben.

Ob Protest Erfolg hat? Die Aussichten sind ebenso ungewiss wie seine Formen vielfältig. Am ehesten wenn es gelingt, das Momentum medialen Aufsehens zu verstetigen. Dem kurzen Aufschrei fehlt ja oft ein langer Atem. Wo er aber da ist und sich Protestbewegungen in soziale Bewegungen weiterentwickeln, steigen die Erfolgsaussichten. Dann wird aus Protest Politik. Deutschland hat damit in den letzten Jahrzehnten auch gute Erfahrungen gemacht. Die Pluralität der Protestkulturen trifft sich hier inzwischen mit einer entwickelten Differenzierung in den Antworten der Institutionen. Ob das hält, wenn die nächsten großen Krisen die öffentliche Meinungsbildung aufwühlen, werden wir noch sehen müssen.