Aus/an. 0/1. Das ist der Rhythmus, bei dem man mitmuss. Das Internet, ein Weltwunder: Aus elektrischen Zuständen werden binäre Codes und daraus global vernetzte Medienwelten und Informationsflüsse.

Aus dem Kosmos der Universitäten entstanden, ist dem Internet bis heute der Wissenskommunismus der Wissenschaften eingeschrieben. Das Ideal des freien Austauschs unter Gleichen als eine Grundlage des Humboldtschen Bildungsideals findet sich noch heute an vielen Stellen des Internets: tief in seiner technischen Architektur, bei Freier Software, Wikipedia bis hin zu Peer-to-peer- Anwendungen. Doch zum Medium für Milliarden Menschen ist das Internet erst geworden, seit es von findigen Unternehmern den Spielregeln des Kapitalismus entsprechend angeeignet und zu einem digitalen Weltmarkt weiterentwickelt wurde. Die Spannung zwischen den widerstrebenden gesellschaftlichen Logiken durchzieht inzwischen alle Kämpfe um die Weiterentwicklung der kulturellen Revolution Internet.

Kann die Übersetzung der in der westlichen Welt geltenden Rechtsstandards auf die Bedingungen digital vernetzter Medienwelten gelingen? Wie können wir in einer Welt, in der Grenzen zwischen Realem und Digitalem immer mehr verschwimmen, unsere Mündigkeit als Internetnutzende bewahren?

Im Herrschaftsraum der Datenfürsten gibt es bisher keine unveräußerlichen Rechte der Einzelnen. Unsere digitalen Datenkörper werden in Echtzeit für die Unternehmenszentralen und privilegierte Partner, zum Beispiel staatliche Sicherheitsdienste, transparent und permanent in die Verwertungsketten eingebunden. Erlebt werden soll und kann das als anschmiegsame Dienstleistung, die schöne neue Welt bequemen Konsums. Es ist aber eine falsche Freundlichkeit, die sich hier breitmacht. Weil sie bürgerliche Freiheiten und Persönlichkeitsrechte einschränkt und die Bande des Sozialen umpolen will auf die Idiotien unkritischen Konsums. Dagegen gibt es nicht nur Widerstand, sondern inzwischen auch eine aufstrebende Kultur alternativer Entwürfe und Lösungen. Das Online-Sein beeinflusst auch unsere Kommunikation: wie wir miteinander reden, schreiben, diskutieren. Das Wort „Shitstorm“ steht bereits im Duden, und Cybermobbing kann bittere Folgen im realen Leben haben. Andererseits haben wir uns digital vermeintlich so lieb wie noch nie: Teenager schreiben sich ein kryptisches Liebesbekenntnis nach dem anderen auf die Pinnwände, verziert mit digitalen Herzchen und Smileys.

Noch gibt es keine Balance der widerstreitenden Kräfte. Neue belastbare Routinen des Ausgleichs der Interessen und demokratischer Kontrolle müssen erfunden werden. Deshalb brauchen wir im digitalen Raum eine neue Philosophie der Praxis – Machen ist das neue Suchen. Nicht einfach nur anwenden, blind vertrauen, sondern verändern, selber programmieren, gemeinsam Kritiken, Erfahrungen und Ideen darüber teilen. Und mit dem Internet der Dinge steht schon die nächste industrielle Revolution vor der Tür. Das Internet ist auch Jahrzehnte nach seinem Start immer noch am Anfang. Damit es ein Raum der Freiheit und gelungenen Lebens werden kann, bleibt viel zu tun. Viel Spaß bei der Arbeit.