Thema – Terror

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Wer ist die Hamas?

Die Terrororganisation kontrolliert den Gazastreifen und will einen islamischen Staat Palästina errichten. Ihr bisher tödlichster Angriff auf Israel erfolgte am 7. Oktober 2023 – seitdem herrscht Krieg

Hamasmitglieder demonstrieren in der Westbank

Die Hamas ist eine von Deutschland, der EU und anderen Ländern als Terrororganisation eingestufte sunnitisch-islamistische Bewegung radikaler Palästinenser, die 2006 die Wahlen im Gazastreifen gewann und ihn seit 2007 kontrolliert. Gegründet 1987, ging die Hamas ideologisch aus den ägyptischen Muslimbrüdern hervor, die größte sunnitisch-islamistische Bewegung im Nahen Osten. Der Name „Hamas“ ist eine Abkürzung für Ḥarakat al-muqāwama al-islāmiyya und bedeutet so viel wie „Islamische Widerstandsbewegung“. Der Widerstand richtet sich dabei gegen Israel, dessen Existenz die Hamas ablehnt.

1988 veröffentlichte die Hamas eine eigene Charta, in der sie zur Gewalt gegen alle Jüdinnen und Juden und zum Dschihad aufruft. 2017 wurde die Charta nach internen Streitigkeiten zwar neu aufgelegt. Experten sehen inhaltlich aber keine wesentlichen Unterschiede zur Ursprungsfassung, in der der Widerstand gegen Israels Existenz definiert wurde. Im Zusammenhang mit den Gräueltaten des 7. Oktober 2023 nutzen israelische Juristinnen und Juristen die Charta von 1988, um der Hamas die Intention eines versuchten Genozids an Jüdinnen und Juden nachzuweisen.

Am 7. Oktober 2023 überfielen rund 3.000 Hamas-Terroristen Israel, die Terrororganisation hatte ihren Angriff mindestens über mehrere Monate vorbereitet. Der Anschlagsplan sei in israelischen Sicherheitskreisen bekannt gewesen – aber als unrealistisches Vorhaben abgetan worden, wie etwa Recherchen der „New York Times“ zeigten.

Die Hamas ist zerstritten mit der moderaten Palästinenserpartei Fatah, die das von Israel besetzte Westjordanland regiert. Aus Sicht der Fatah ist die Hamas Konkurrenz. Als Partei der über Jahrzehnte gewachsenen Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) war die Fatah unter der Führung von Jassir Arafat Anfang der 1990er-Jahre in Friedensverhandlungen mit Israel getreten. Statt einen palästinensischen Staat durch Kompromisse gegenüber Israel zu verhandeln, strebt die Hamas die Vernichtung Israels und jüdischen Lebens an und die Errichtung eines islamischen Staates Palästina.

 
Special Forces der israelischen Armee entdecken Hamas Tunnel am Al-Shifa Krankenhaus, Gaza-City (Foto: Lars Berg/laif)
Diese Tunnel der Hamas haben Spezialeinheiten der israelischen Armee unter dem Al-Shifa-Krankenhaus in Gaza-Stadt entdeckt (Foto: Lars Berg/laif)

Vor dem 7. Oktober ließ sich beobachten, wie sich die Hamas und weitere Terrorgruppen in Teilen des Westjordanlands ausbreiteten, während die Fatah die Unterstützung der Bevölkerung verlor. Die Hamas wird teils aus dem Iran finanziert, erhält Waffen und militärische Trainings. In den vergangenen Jahrzehnten verübte sie immer wieder Terroranschläge auf Israel – unter anderem durch Selbstmordattentate und Raketenbeschuss. 

Ein blinder Fleck im internationalen Recht

Für das internationale Recht ist die Hamas eine Art blinder Fleck. Im juristischen Sinne ist die Terrororganisation ein nichtstaatlicher Akteur und damit nicht greifbar, da das Völkerrecht nur bindend ist für staatliche Akteure wie Regierungen. Deshalb hatte Südafrika die Möglichkeit, vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag eine Genozid-Klage gegen Israel einzureichen. Überlebende der Gräuel vom 7. Oktober dagegen müssen ihre Klagen an den Internationalen Strafgerichtshof richten, ebenfalls in Den Haag. Der untersucht mutmaßliche Kriegsverbrechen und kann dabei gegen Individuen vorgehen.

Infolge des Angriffs am 7. Oktober formulierte Israel das Kriegsziel, die Hamas militärisch zerstören zu wollen. Nach sechs Monaten Krieg in Gaza sollen nach Angaben der israelischen Armee mehr als 12.000 Terroristen getötet sowie Hunderte festgenommen worden sein. Unabhängig überprüfen lassen sich die Zahlen nicht. Die politische Führung der Hamas lebt mutmaßlich noch. Ihr Anführer Yahya Sinwar, der maßgeblich für den Angriffsplan vom 7. Oktober verantwortlich sein soll, ist auf der Flucht und wird in Gaza vermutet. Ismail Haniya, auch Führer der Organisation und Chef des politischen Arms, lebte schon vor Kriegsbeginn in Katar und der Türkei.

Israels Regierung ebenso wie die Militärführung haben mehrmals erklärt, dass sie Yahya Sinwar aufgreifen wollen. In der Vergangenheit funktionierte das in Zusammenarbeit mit Israels Geheimdiensten in der Regel über gezielte Tötungsaktionen, etwa Drohnenangriffe auf Verstecke. Diese hat Israels Armee nach Einschätzungen von Beobachtern in den vergangenen Monaten mehrmals durchgeführt und dabei etwa ein führendes Hamas-Mitglied im Libanon getötet: Saleh al-Aruri, stellvertretender Vorsitzender der Terrorgruppe, war im Januar durch einen Drohnenangriff in seinem Büro in Beirut getötet worden. Israel äußerte sich nicht zu dem Fall − distanzierte sich aber auch nicht.

Titelbild: Ron Haviv/VII/Redux/laif

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