Öffentliche Verkehrsmittel

Die Metro in São Paulo ist immer überfüllt. In den Stationen schieben Mitarbeiter/innen der Verkehrsgesellschaft die Fahrgäste in die Waggons, damit möglichst viele Menschen in einer Bahn mitfahren können und die Türen trotzdem noch schließen. Am Bahnsteig muss sich jeder innerhalb der auf dem Boden aufgezeichneten Linien anstellen. In São Paulo gibt es nur fünf U-Bahn-Linien, viel zu wenig für diese riesige Stadt. U-Bahn-Stationen gibt es nur im Zentrum, in äußere Stadtbezirke muss man mit dem Bus fahren. Das ist allerdings ziemlich gefährlich, weil Busse oft überfallen werden. Ich habe in dieser Stadt noch nie einen Fahrplan gesehen. Man stellt sich einfach an die Haltestelle und hofft, dass bald eine Bahn oder ein Bus kommt. Meist habe ich vorher durch andere Leute erfahren, ob und wann etwas fährt. Noch chaotischer ist es zur Regenzeit. Weil fast jeder Zentimeter des Bodens mit Beton oder Asphalt versiegelt ist, kann das Wasser nicht abfließen und überschwemmt große Teile des Stadtgebiets. Oft entstehen dann Staus, die sich knapp zwanzig Kilometer lang durch die Stadt ziehen.

Umweltverschmutzung

Als ich das erste Mal nach São Paulo gekommen bin, fuhr ich vom Flughafen aus einmal quer durch die ganze Stadt. Alles ist grau, bei jedem Wetter. Durch den Smog ist es ständig bewölkt. Fast jeder in São Paulo leidet wegen der schlechten Luft unter Atemproblemen, bekommt Asthma oder chronische Bronchitis. Es gibt kaum Bäume, die diesen Smog mildern könnten, und die wenigen, die es gibt, sind einbetoniert. Smog ist aber nicht das einzige Zeichen der Umweltverschmutzung. Die Flüsse Rio Tietê und Rio Pinheiros sind so schmutzig, dass einem übel wird, wenn man in die Nähe kommt. Es stinkt entsetzlich, weil alles in die Flüsse geleitet wird: Abwässer aus den Favelas, Industriemüll, Fäkalien. Wenn die Flüsse Hochwasser haben, sollte man auf keinen Fall mit dieser Brühe in Berührung kommen. Davon wird man mit Sicherheit krank. Die Umwelt zu schützen, ist für die meisten Menschen in São Paulo unwichtig. Für sie ist entscheidend, dass sie etwas zu essen auf dem Tisch haben. Viele arbeiten außerdem so viel und zu so geringen Löhnen, dass sie gar keine Zeit haben, sich um solche Dinge zu kümmern.

Kriminalität

Die Straße des 25. März ist eine der wichtigsten Einkaufsstraßen Brasiliens. Sogar Menschen aus Rio de Janeiro kommen hierher, um einzukaufen. Es ist so voll, dass Autos nur im Schritttempo fahren können. In fast allen anderen Straßen ist es gefährlich, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Autofahrer nehmen keine Rücksicht, rote Ampeln beachten sie selten. Das liegt unter anderem daran, dass es zu brenzligen Situationen kommen kann, wenn man mit seinem Auto an einer Kreuzung hält. Steht nachts eine Gruppe am Straßenrand, fahren die Autofahrer so schnell wie möglich an ihr vorbei. Sie haben Angst, beschossen oder überfallen zu werden. Zu recht. Ohne alle Türen des Autos verriegelt zu haben, fährt in dieser Stadt sowieso niemand los. Viele der Wohnhäuser im Zentrum São Paulos sind alt und baufällig. Nachts sollte man sich dort besser nicht aufhalten, das rieten mir jedenfalls die meisten Einheimischen. In eine Favela würde ich aber nicht einmal tagsüber gehen. Jeder hat mich davor gewarnt, es sei lebensgefährlich. Allerdings kenne ich niemanden, der schon einmal in solch einem Viertel gewesen ist. Die Angst ist viel zu groß. Die Fernsehnachrichten berichten immer wieder über Verletzte und Tote in diesen Gegenden, die Polizei fährt nur mit gepanzerten Autos hinein. Allerdings kann man sich nie ganz sicher sein, wer eigentlich gefährlicher ist: Die Menschen auf der Straße oder die Polizisten. Die sind oft selbst kriminell, am Drogenhandel beteiligt oder verprügeln Unschuldige. In einer Megastadt wie São Paulo zu leben, macht vor allem misstrauisch. Je mehr unterschiedliche Schichten auf kleinem Raum zusammentreffen, desto misstrauischer wird man. Bietet jemand etwas an und ist nett, dann ist er auf jeden Fall kriminell. Das ist die Logik dieser Stadt.