Hongkong ist durchzogen von Tausenden kleiner Gässchen auf der Rückseite der großen Wohn- und Geschäftsgebäude. Durch dieses engmaschige und verwinkelte Stadtlabyrinth gelangen Lieferanten, Reinigungskräfte und Handwerker zu den Hintereingängen und technischen Anlagen der Häuser. Und so prunkvoll die Fassaden der Gebäude, so wichtigtuerisch ihre Foyers aus Glas und Stahl daherkommen, so schmucklos erscheinen diese rückwärtigen Zuwege. Sie sind ja auch für all jene da, die vorne das Bild stören würden.
Als Kehrseite der Megacity erweisen sich die „Back Alleys“ auf den Bildern des Fotografen Michael Wolf indessen noch in einem anderen Sinne: Sekretärinnen kommen hier für eine Zigarette hin oder um mal kurz eine private SMS zu schreiben. Ein Businesstyp funktioniert einen Bierkasten und eine Wand in einen Lesesessel um. Manche gönnen sich hier sogar ein paar Minuten Schlaf – in den unmöglichsten Positionen.
Alles kleine Fluchten: aus überfüllten Straßen, übersteigerten Jobs, einem insgesamt überdrehten urbanen Leben. Privatsphäre ist ein rares Gut in dieser permanent geschäftigen Stadt, die mit ihren 7,2 Millionen Einwohnern auf 1.104 Quadratkilometern zu den bevölkerungsdichtesten der Welt zählt. Das Alleinsein, das entspannende Gefühl, ein paar Minuten nur für sich zu haben, ist in Hongkong ein Nischenphänomen.