"Meine Mutter nahm mich nie an der Hand". Mit diesem Satz beginnt "L'Asphyxie" (dt.: "Das Ersticken"), das erste literarische Aufbegehren gegen die Einsamkeit einer Frau. Doch erst fast zwanzig Jahre und ein paar Romane später, als die Zeit reif war, werden die Aufschreie von Violette Leduc endlich gehört und ihre 1964 erschienene Autobiografie "Die Bastardin" findet eine Leserschaft. Heute gilt die französische Autorin als eine der Wegbereiterinnen der feministischen Literatur. Offen wie keine andere zuvor schrieb sie über Tabus wie die fehlende Anerkennung als uneheliches Kind, weibliche (Bi-)Sexualität oder Abtreibung.
Nach "Séraphine" (2009) über die Malerin Séraphine de Senlis wirft der Regisseur Martin Provost in "Violette" erneut ein Schlaglicht auf eine exzentrische weibliche Künstlerpersönlichkeit. Großartig dargestellt von Emmanuelle Devos hungert Violette Leduc in sieben Kapiteln nach Liebe, stürzt in Armut ab, verzweifelt an der Mutter und an ihrem Idol Simone de Beauvoir. Der maßvolle Kostümfilmrahmen, mit dem Provost seine Protagonistin umgibt, passt allerdings nicht recht zu dieser von gewaltigen Emotionen und Fragen bewegten Frau. Selbst die zentrale Beziehung des Films zur unberührbaren und dennoch so fürsorglichen Simone de Beauvoir bleibt blutleer. Was man von Violette Leducs Büchern wirklich nicht behaupten kann.
Violette, Frankreich, Belgien 2013, Buch & Regie: Martin Provost, mit Emmanuelle Devos, Sandrine Kiberlain, Olivier Gourmet, Catherine Hiegel, Jacques Bonnaffé u.a., ab 12, 139 min, Kinostart: 26. Juni 2014 bei Kool