Drei Jungs aus Ostberlin, die sich im Sommer 1989 auf den Weg in die rumänischen Karpaten machen: Man ahnt schon, was kommt. Und das kommt dann auch. Wolle, einer der Jungs, haut bei der ersten Gelegenheit in den Westen ab. Angelo wird zuletzt im Făgăraș-Gebirge gesehen, nur Pascal kehrt schließlich nach Berlin zurück, wo alles in Aufruhr ist. Und dann sind Ost- und Westdeutschland auf einmal nicht mehr getrennt.
Das klingt natürlich alles sehr nach einem weiteren „Wende-Freiheitsroman“, von denen es eigentlich genügend gibt. Schon in der Schule war die DDR ja nicht nur im Geschichtsunterricht unumgänglich. Robert Golds Debüt „Flieg ich durch die Welt“ ist dann aber doch irgendwie anders.
Neue Clubs, neue Möglichkeiten
Gold, Jahrgang 1970 und Creative Producer für Film und Fernsehen, beschränkt sich in seinem Roman nicht auf die Zeit kurz vor und nach dem Mauerfall, die Geschichte reicht bis zur Jahrtausendwende. Wolle hat es nach seiner Flucht nach New York verschlagen, wo er allerdings feststellen muss, „dass da drüben gerade etwas viel Größeres abging“. Mit „da drüben“ ist Berlin gemeint. Die Stadt, in der die Mauer fällt, neue Clubs und vor allem neue Möglichkeiten entstehen. Wolle will mitmischen, selbst sagen können, „was hier gerade los ist“. Er kehrt in seine Heimatstadt zurück.
Pascal macht in der Zwischenzeit Karriere in einer Werbeagentur, feiert sich durch Berlin und in die Arme diverser Frauen. Heiratet, lässt sich scheiden. Über Angelo erfährt man nichts, dafür über Kathi, Angelos Ex-Freundin. Die zieht es erst mal nach Kassel zu einem Westler, „der beim Anblick eines Mercedes oder einer Stereoanlage nicht gleich diesen glasigen Blick kriegt, sondern für den das alles normal ist.“
Man kann das alles vor dem Hintergrund der Wendezeit lesen und sich ganz den historischen Veränderungen, die der Mauerfall in Berlin und generell in Deutschland brachte, widmen. Man kann sich aber genauso gut auf die Veränderungen im Leben von Wolle, Pascal und Kathi konzentrieren. Und das bietet sich an.
Verpasste Chancen, vergangene Zeiten
Gerade zu Beginn sind nicht nur die Jungs irgendwie orientierungslos auf ihrer Reise, sondern auch der Roman selbst. Ob es um die gesellschaftspolitische Situation um 1989 oder doch lieber um die Erlebnisse der Jungs gehen soll, scheint der Roman nicht recht zu wissen. Er schwankt zwischen beidem Hin und Her, ohne dabei in die Tiefe zu gehen.
Doch das ändert sich, zum Glück. Und zwar in dem Moment, in dem Gold die Wendezeit eher am Rand mitschwingen lässt und sich stattdessen immer mehr an die persönlichen Umbrüche seiner Protagonisten herantastet und daran, wie sie sich in der Welt zurechtfinden – grundsätzlich, losgelöst vom Mauerfall. Was macht man aus den Möglichkeiten? Welche Chancen hat man liegen gelassen? Und schließlich: Was ist aus einem geworden? Das sind doch die wahren Fragen. Die, die wirklich jeden umtreiben. Nicht nur Romanfiguren.
Als Pascal eines Abends bei Wolle abhängt und die Veränderungen in der Stadt bedauert, antwortet ihm sein Freund: „Es ist vorbei, Mann. Lös dich mal davon. Das bringt dir alles nichts mehr. Ist eine neue Zeit, und der Job ist, sich darin einzurichten.“ Diese Sätze haben Gültigkeit. Und zwar immer dann, wenn sich etwas verändert. Immer dann, wenn das Neue einen, mag es auch schön sein, erschrecken lässt und einen diese Sehnsucht nach dem Vergangenen packt.