Teen Spirit, das mal vorneweg, ist ein Deo. Kurt Cobains Freundin verwendete es. Und eine Freundin der Freundin meinte, Cobain rieche danach. Der Sänger und Gitarrist schrieb 1991 einen Song, dessen Text bis heute niemand so recht verstanden hat. Macht aber nichts. Die ziemlich umtriebige lokale Szene in Seattle hatte eine Hymne, die die Welt eroberte. Mit „Smells Like Teen Spirit“ brach der Hype um Grunge aus, und der Zorn feierte ein fulminantes Comeback in der Popkultur.
Stilistisch bewegten sich die Grungebands zwischen 70er-Hardrock und Punk. Mit ihrem Authentizitätsgestus – Zottelhaare, Holzfällerhemd aus Flanell, zerrissene Jeans und Springerstiefel – waren sie die Antithese zu dem ironisch-zynisch-künstlichen Pop der 80er-Jahre. Genau wie die Riot-Grrrls, das feministische Pendant zum Grunge, das sich im nahe gelegenen Städtchen Olympia seinen Ursprung hatte.
Schnell kaufte sich die Musikindustrie in die eher überschaubare Szene ein. Einem, dem der ganze Trubel um Grunge nicht gefiel, war Kurt Cobain. Er kam nicht zurecht mit seiner Rolle als Star und Stimme der Generation X, einer Generation, die, so die These von Douglas Coupland in seinem gleichnamigen Roman, mit weniger Wohlstand und Sicherheiten als ihre Eltern leben, gleichzeitig aber für deren ökonomische und ökologische Sünden aufkommen muss. Kurt Cobain erschoss sich 1994.
Top 10 Seattle von Chris Weiß vom „Musikexpress“
1. Malfunkshun: „My Only Fan“ (1989)
In der Ursuppe des Grunge schwimmt der verzerrte Glamrock der Band um den Paradiesvogel Landrew, die während ihrer kurzen Existenz nur diesen Song veröffentlichte.
2. Green River: „Swallow My Pride“ (1985)
Die eigentlichen Urväter des Grunge, aus denen später Mudhoney und Pearl Jam hervorgingen – und die erste wichtige Band auf dem Grungelabel Sub Pop.
Ebenso wichtig für den entstehenden Grungesound: die Melvins aus dem benachbarten Montesano, die die Möglichkeiten des Heavy Rock neu vermaßen. Lieblingsband von Kurt Cobain.
4. Mudhoney: „Touch Me I’m Sick“ (1988)
Die ultimative Hymne des Grunge. Verbindet die Wut und Energie des Punk mit der Verzerrung der Stooges zu etwas bis dahin noch nie Gehörtem, von Jack Endino knochentrocken auf den Punkt produziert.
5. Skin Yard: „Stranger“ (1987)
Die Band von Sub-Pop-Hausproduzent Jack Endino, die sich noch offensichtlicher bei Vorbildern aus den 70ern wie Hawkwind, den Groundhogs und Chrome bediente.
Grunge brutal: Angeführt von einem ehemaligen Fleischer, war Tad in jederlei Hinsicht das schwerste Pferd im Stall von Sub Pop, das seine lärmigen Songs in unerbittlichem Feedback ertrinken ließ.
Die bekannteste und wichtigste Grungeband, die der Rockmusik 1991 ihre letzte echte Revolution bescherte. „Smells Like Teen Spirit“ ist der bekannteste Song, aber keiner ist prototypischer und melodischer als „Sliver“.
8. Soundgarden: „Hands All Over“ (1990)
Grunge in der Stadionrockversion: Soundgarden waren geschaffen dafür, Rockstars zu werden mit ihrer bei Led Zeppelin abgekupferten Blumen-des-Bösen-Psychedelia.
9. Pearl Jam: „Even Flow“ (1991)
Die Bruce Springsteens des Grunge mit beinahe konventioneller Rockmusik, aber angetrieben von Sänger Eddie Vedder, der neben Kurt Cobain wichtigsten Integrationsfigur des Alternative Rock.
10. Alice in Chains: „Would?“ (1992)
Alice in Chains wiesen dem Grunge den Weg in den Hardrock. Und in die harten Drogen mit ihrem depressiven Partisanenblues und satten Heavy-Metal-Riffs.