Thema – Generationen

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„Andere 18-Jährige ziehen mit Alkohol um die Häuser, ich mit Kinderwagen“

Tim ist mit 17 Vater geworden – und heute sehr glücklich darüber

Teendad

Als meine Freundin mir gesagt hat, dass sie glaubt, schwanger zu sein, haben wir gleich mehrere Tests gemacht. Alle positiv. Freuen konnte ich mich erst mal nicht: Ich war 17, sie 16. Wir kennen uns schon lange aus der Schule, waren damals aber noch kein Jahr zusammen. Geplant hatten wir das Kind nicht, uns ist das Kondom gerissen.

Ich habe meiner Freundin gleich versprochen, dass ich sie bei jeder Entscheidung unterstützen werde. Sie wollte auf keinen Fall eine Abtreibung. Also war klar: Wir bekommen das Kind.

Vor den Reaktionen unserer Eltern hatten wir beide Angst. Für ihre Mutter hat meine Freundin ein paar Babysocken besorgt und eine Karte, auf der stand: „Du wirst Oma!“ Die haben wir ihr kurz vor Weihnachten überreicht. Sie war total dagegen. Über die Weihnachtsfeiertage haben wir kein Wort über das Thema verloren. Ich lebe in einem betreuten Wohnen und habe lange mit meiner Mutter telefoniert. Unsere Mütter haben Zeit gebraucht. Mittlerweile freuen sie sich, Omas zu sein. Sie haben bei der Suche nach Kinderärzten geholfen und schenken uns viel Babykleidung.

„Ende des Monats bekomme ich mein erstes Gehalt, davon will ich dem Kleinen eine Lernhilfe zum Krabbeln kaufen“

Während der Schwangerschaft habe ich nur auf die Geburt gewartet. Ein Highlight war, als meine Freundin mit einem Ultraschallbild vom Frauenarzt zurückkam. Unseren Sohn das erste Mal zu sehen war beeindruckend. Das Schönste war aber natürlich, als er nach 21 Stunden Geburt im Juli zur Welt gekommen ist. Ich habe vor Freude geweint.

Ich will Geld verdienen, um meinem Sohn später etwas bieten zu können. Meine erste Ausbildung musste ich nach ein paar Monaten leider abbrechen, meine Noten waren zu schlecht. Ich wusste, dass ich mir als Vater schnell was Neues suchen muss. Aus dem Praktikum in einem Malerbetrieb wurde nichts. „Sie können hier nicht immer krank machen, wenn das Kind mal krank ist“, hieß es gleich im Bewerbungsgespräch. Das fand ich ziemlich unfreundlich.

Zum Glück habe ich einen anderen Betrieb gefunden, bei dem ich mich wohlfühle. Meine Chefin ist entspannt. Ich bin nicht ihr erster Auszubildender, der Kinder hat. Ich hätte sogar die Möglichkeit gehabt, in Elternzeit zu gehen. Das habe ich abgelehnt, ich möchte arbeiten. Ein Kollege hat Elternzeit genommen und viel mehr Zeit als ich, um eine Bindung zu seinem Kind aufzubauen. Aber das stört mich nicht. Wenn mein Sohn älter ist, bekommen wir das trotzdem hin. Ende des Monats bekomme ich mein erstes Gehalt, davon will ich dem Kleinen eine Lernhilfe zum Krabbeln kaufen.

Meine Freundin konnte ihre Ausbildung gar nicht erst starten. Sie ist beurlaubt und nimmt die Elternzeit allein. Ihr Ausbildungsgehalt erhält sie trotzdem. Seit Anfang März wohnt sie in einem Mutter-Kind-Haus. Ich hätte mit einziehen können, wir haben uns aber dagegen entschieden. Wir wollen unabhängig voneinander lernen, wie man sich versorgt, sie im Mutter-Kind-Haus, ich im betreuten Einzelwohnen. Wegen der Pandemie konnten wir in der Schwangerschaft keinen Kurs für werdende Eltern machen. Alle, die noch angeboten wurden, waren voll. Aber im Mutter-Kind-Haus haben wir eine Hebamme kennengelernt. Sie war dreimal bei uns, hat meine Freundin untersucht und uns über die Geburt aufgeklärt. Wie man ein Baby richtig wickelt, hat mir später eine Betreuerin im Mutter-Kind-Haus gezeigt. Ich bin überrascht, dass der Kleine nur quietscht. Ich dachte immer, Neugeborene schreien viel.

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Meine Freundin verbringt mehr Zeit mit unserem Sohn. Ich muss um sieben Uhr auf der Baustelle sein und arbeite bis 16 Uhr. Wenn ich in der Berufsschule bin, habe ich früher Feierabend. Abends fahre ich meist direkt ins Mutter-Kind-Haus. Wir kuscheln mit dem Kleinen, gehen spazieren oder schauen einen Film. Beim Füttern und Wickeln helfe ich. Lustigerweise hatte ich erst ein einziges Mal eine Kackewindel. Als wüsste mein Sohn, der Papa kommt, da pinkel ich nur. In der Nacht schreibt mir meine Freundin immer die Stillzeiten, damit wir für das Stillprotokoll festhalten können, wann und wie viel er trinkt.

Vorurteile habe ich zum Glück noch nicht erlebt. Wenn wir mit dem Kleinen spazieren gehen, kommen meist nur alte Frauen, die „O Gott, wie süß“ in den Kinderwagen rufen. Sollte es doch mal einen dummen Spruch geben, ist mir das egal.

Aber mein Leben hat sich auf jeden Fall verändert. Früher habe ich viel gezockt. Dazu komme ich kaum noch. Andere 18-Jährige ziehen abends mit Alkohol um die Häuser, ich mit einem Kinderwagen. Mein Sohn bestimmt jetzt meine Freizeit.

Da meine Freundin noch minderjährig ist, hat mein Sohn einen Vormund vom Jugendamt. Der unterschreibt zum Beispiel, dass der Kleine eine Impfung bekommen oder mit auf eine Fahrt vom Mutter-Kind-Haus darf. Noch hat meine Freundin das alleinige Sorgerecht. Wenn sie 18 ist, wollen wir das gemeinsame Sorgerecht beantragen. Und wir wollen in eine Wohnung ziehen. Dann könnte ich den Kleinen mehr sehen. Nächste Woche will ich mich informieren, welche Hilfen wir dafür in Anspruch nehmen können.

Illustration: Renke Brandt

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.