Transcontinental Railroad
Bauzeit: 1863–1869 · † mindestens 1.000
Die erste Eisenbahn durch die USA, die Transcontinental Railroad, ist „Made in China“. Mindestens 12.000 chinesische Einwanderer arbeiteten an den Gleisbetten, mit mehr Stunden, weniger Lohn und gefährlicheren Aufgaben als ihre US-amerikanischen Kollegen. Mehr als 1.000 Chinesen sollen ums Leben gekommen sein. Dazu heizte die Arbeit an der Strecke die Kämpfe gegen die Native Americans an, die wenige Jahre später in Reservaten eingesperrt wurden.
Flughafen Istanbul
Bauzeit: seit 2014 · † 55–400
Der Flughafen Istanbul ist der siebtgrößte der Welt. Beim Bau sind 55 Arbeiter tödlich verunfallt. Zumindest offiziell: Gewerkschaften und türkische Medien berichten von bislang mehr als 400 Toten. Die Ursachen: Arbeitszeiten von zwölf Stunden, Entzug von Mahlzeiten, defekte Bremsen an Fahrzeugen. Und das, ohne den lokalen Mindestlohn zu zahlen. Stattdessen sollen die Angehörigen üppige Schweigegelder bekommen haben.
Kongo-Ozean-Bahn
Bauzeit: 1921–1934 · † 60.000 (inoffiziell)
Die Kolonialherrscher verkauften die Kongo-Ozean-Bahn als ein Projekt, das den Menschen auf dem Gebiet der heutigen Republik Kongo helfen sollte: eine Eisenbahn für den Handel aus der Mitte des Kontinents bis zum Atlantik. Die Franzosen zwangen Zehntausende Kongolesen zur Arbeit. Nach inoffiziellen Schätzungen starben bis zu 60.000 an Hunger, Malaria und bei Unfällen.
Brooklyn Bridge
Bauzeit: 1869–1883 · † mindestens 21
Der erste Mann, der „für“ die Brooklyn Bridge starb, war ihr Konstrukteur: John Roebling infizierte sich bei einem Unfall beim Vermessen der Baustelle mit Tetanus. Mindestens 20 weitere Männer kamen ums Leben. Sie fielen von Brückenpfeilern in die Tiefe, wurden von Baumaterial zerquetscht oder erlagen nach Arbeiten am Grund des East River der Taucherkrankheit. Die meisten waren Immigranten aus Irland, Deutschland und Italien.
Eisenbahnbrücke Sairang
im Bau · † 26
Knapp 100 Meter stürzten Bauarbeiter in die Tiefe, als sie 2023 an einer Eisenbahnbrücke im indischen Bundesstaat Mizoram bauten. Die Brücke brach (siehe Titelbild), 26 Männer starben. Die meisten kamen aus der Region Malda, die wesentlich ärmer ist als Mizoram. Das treibt viele als billige Bauarbeiter in andere Teile Indiens.
Panamakanal
Bauzeit: 1881–1889 und 1904–1914 · † mindestens 25.000
Mancher Historiker vergleicht den Bau des Panamakanals mit der Mondlandung: Als so unglaublich galt es, den Pazifik mit dem Atlantik zu verbinden. Die Franzosen waren kurz zuvor noch gescheitert: Ihnen fehlten ein Plan, die Technik, das Geld und schließlich auch die Arbeiter. Die USA und Kolumbien setzten den Bau fort, mit etlichen Gastarbeitern aus der Karibik, die für 10 Cent Stundenlohn arbeiteten. Im Schnitt kostete jeder Kilometer des Kanals 305 Leben, ein Großteil der Arbeiter starb an Malaria und Gelbfieber, das die Mücken aus den Sümpfen entlang der Baustelle übertrugen.
Karakorum Highway
Bauzeit: 1959–1978 · † mindestens 1.000
Vielleicht ist der Karakorum Highway die schönste Fernstraße der Welt, auf jeden Fall die höchstgelegene: Über 1.284 Kilometer führt der „KKH“ von China nach Pakistan, vorbei an den Gebirgen Pamir und Karakorum, dem Himalaja und Hindukusch. Während des Baus kam es zu Erdrutschen, Arbeiter starben auch bei Sprengungen oder stürzten in die Schluchten. Laut Schätzungen starben mehr als 1.000 Menschen. In Pakistan und China werden sie bis heute als „Märtyrer“ verklärt.
Suezkanal
Bauzeit: 1859–1869 · † 1.000–120.000 (nicht gesichert)
Als Ägypten 1956 den Suezkanal verstaatlichte, um sich unabhängiger zu machen von westlichen Mächten, sprach Präsident Gamal Abdel Nasser von 120.000 Landsleuten, die auf der Baustelle gestorben seien. Laut dem Chefarzt der Baufirma waren es nur gut 1.000. Unabhängige Zahlen gibt es nicht. Auf jeden Fall war die Zahl der Arbeiter enorm: Bis zu 1,5 Millionen Ägypter hoben mitten in der Wüste einen 164 Kilometer langen und 8 Meter tiefen Kanal aus, begleitet von Hitze, Wassermangel und Krankheiten wie Cholera.
Gotthardtunnel
Bauzeit: 1872–1882 · † 199
11.000 Tunnelbauer brauchte es, um den Gotthardtunnel in die Schweizer Alpen zu hacken. Fast alle waren Gastarbeiter aus Italien. 199 kamen ums Leben, von Steinen erschlagen, von Dynamit zerrissen, von Lokomotiven zerquetscht. Unklar ist, wie viele schwer verletzt in ihre Dörfer im Piemont und der Lombardei zurückkehrten. Bis heute leiden viele Menschen, die schwer körperlich arbeiten, zum Beispiel im Straßen- oder Tiefbau, unter langfristigen und indirekten Gesundheitsfolgen wie Lärmschwerhörigkeit, Rückenproblemen, Haut- oder Lungenkrebs.
Dieser Beitrag ist im fluter Nr. 92 „Verkehr” erschienen.
Das ganze Heft findet ihr hier.
Titelbild: Biju Boro /AFP via Getty Images