1 Wann ging es los?
Am 3. Januar 2009 erschien „Block 0“, der formale technische Startpunkt des Bitcoins. Ein paar Tage später, am 9. Januar, folgte „Block 1“. Er enthielt die ersten tatsächlichen Bitcoin-Geldeinheiten – also Einheiten einer Währung, die ohne zentrale Instanz auskommt.
2 Wie viele Bitcoins gibt es heute?
Aktuell etwa 20 Millionen. Diese lassen sich wiederum jeweils in 100 Millionen einzelne nach ihrem Erfinder benannte „Satoshi“-Einheiten unterteilen. Auf Handelsbörsen ist ein Bitcoin Anfang 2024 etwa 40.000 Euro wert.
3 Wie nutzt man den Bitcoin?
Ein „Wallet“-Programm, das man sich herunterladen kann, dient als Aufbewahrungsmöglichkeit für die digitalen Coins. Dafür erzeugt es auf dem eigenen Rechner verschiedene Bitcoin-Nummernkonten sowie dazugehörige Schlüssel – sehr lange Passwörter. Über eine solche Wallet kann man Bitcoins empfangen und an andere senden. Das bedeutet: Verliert man den Zugang zu dem Rechner mit dem Wallet, verliert man auch den Zugriff auf seine Bitcoins. Deshalb parken einige Bitcoin-Nutzer*innen ihre Coins auf großen Handelsbörsen. Das kann allerdings auch schiefgehen, da nicht alle Börsenanbieter seriös sind.
4 Wie funktioniert eine Währung ohne zentrale Instanz?
Der eigentliche Geniestreich hinter dem Bitcoin ist eine Art Kassenbuch, die Blockchain. In der ist detailliert vermerkt, welches Nummernkonto welchen Coin oder Coin-Bruchteil wann an wen überwiesen hat. Diese dezentrale Datenbank besteht aus einer Kette miteinander verknüpfter Blocks („Chain“) und liegt auf Tausenden Rechnern.
5 Wer überprüft, ob die Transaktionen sauber sind?
Will ich einen Bitcoin an ein anderes Konto schicken, prüfen Rechner im Bitcoin-Netzwerk, ob alles korrekt zugeht: Gehört der Coin wirklich gerade meinem Konto? Ungefähr alle zehn Minuten wird ein weiterer Block an das Kassenbuch gehängt, er enthält die neuesten Transaktionen. Diese Arbeit übernehmen sogenannte Miner – Einzelpersonen mit einzelnen Geräten oder spezialisierte Firmen mit gigantischen Rechnerfarmen. Diese kommerziell motivierten Netzwerkteilnehmer stellen für die Verifizierung von Bitcoin-Überweisungen ihre Rechenkapazitäten zur Verfügung und nehmen gleichzeitig an einer Art mathematischer Lotterie teil. Mithilfe eines Algorithmus, der nicht vorhersehbare Ergebnisse produziert, rechnen sie so lange zufällig ausgewählte Zahlen um, bis sie einen vom System festgelegten Zielwert gefunden haben. Wer den Zielwert als Erster „findet“ – das heißt zufällig errechnet –, gewinnt und erhält als Belohnung unter anderem eine bestimmte Zahl neuer Coins, die mit jedem neuen Block hinzukommen. Aktuell entstehen auf diese Art alle zehn Minuten zusätzliche 6,25 Bitcoins. Die Anzahl neuer Bitcoins halbiert sich in großen Abständen immer wieder. Ab Mitte April werden es pro Block nur noch 3,125 neue Bitcoin-Einheiten sein. Je mehr Rechenleistung die Miner dem Bitcoin-Netzwerk zur Verfügung stellen, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie gewinnen.
6 Wie nachhaltig ist das Bitcoin-System?
Die mathematischen Rechenspiele, auf denen diese Lotterie basiert, verbrauchen immens viel Energie. Laut Schätzungen liegt der Energieverbrauch des Bitcoin-Netzwerks über jenem kleiner Staaten (zum Beispiel der Niederlande).
7 Wo kann man mit dem Bitcoin bezahlen?
Theoretisch überall in der digitalen Welt. In der Praxis akzeptieren allerdings nur wenige (legale) Webshops den Bitcoin als Zahlungsmittel. Aufgrund stark steigender (und wieder fallender) Wechselkurse ist der Bitcoin aber vor allem auch als spekulative Geldanlage beliebt – und gerade für Investitionsanfänger nur bedingt zu empfehlen.
8 Wer steht hinter dem Bitcoin?
Eine Community, der sich theoretisch jeder anschließen kann, entwickelt die Software „Bitcoin Core“. Das formal oberste Community-Gremium ist eine Gruppe von fünf sogenannten Maintainern, deren Namen öffentlich sind. Sie leisten die meiste Entwicklungsarbeit und können Software-Änderungsvorschläge anderer umsetzen oder verwerfen.
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9 Was machen die vielen Bitcoin-Weiterentwicklungen?
Mittlerweile gibt es Hunderte Bitcoin-Klone und -Weiterentwicklungen, die beispielsweise Ether, Monero, Dai, XRP oder Toncoin heißen. Deren Gesamtwerte (Marktkapitalisierungen) bewegen sich teilweise ebenfalls im Multimilliardenbereich. Einige dieser alternativen Coins sind vor allem digitale Zahlungsmittel. Andere versuchen, die Blockchain-Technologie für andere Zwecke nutzbar zu machen.
10 Wie kann man sich so eine Zweckentfremdung der Blockchain vorstellen?
Darauf hat sich unter anderem die blockchainbasierte Plattform Ethereum spezialisiert. Über die eingebaute Kryptowährung Ether bezahlen externe Dienste und Anwendungen, etwa ethereumbasierte Unterwährungen, das Netzwerk für den Speicherplatz und die Rechenkapazität, die sie beanspruchen. Auf Basis der Ethereum-Blockchain ist vieles möglich: NFTs, Smart Contracts (siehe nächster Punkt) oder Stablecoins (übernächster Punkt).
11 Was zum Teufel sind Smart Contracts?
Bei diesen „schlauen“ Verträgen sind Vertragsbedingungen in der Blockchain vermerkt. Das Paradebeispiel ist eine landwirtschaftliche Unwetterversicherung. Die schließe ich ab, indem ich einen Betrag x an das Nummernkonto des Smart Contract überweise. Rechner im Ethereum-Netzwerk checken zu einem bestimmten Datum, wie viel Regen in den letzten vier Wochen gefallen ist. Wurde eine vorher definierte Regenmenge überschritten, transferiert das Netzwerk einen festgelegten Betrag vom Nummernkonto des Smart Contract auf mein Konto.
12 Und Stablecoins?
Diese blockchainbasierten Unterwährungen orientieren sich an klassischen Währungen wie dem Dollar oder dem Euro. Der Vorteil: Es handelt sich um Kryptowährungen, die Staaten nur schwer kontrollieren könnten – allerdings ohne die typischen Kursschwankungen, wie man sie etwa vom Bitcoin kennt. Beim Stablecoin-Modell überweise ich beispielsweise einen „echten“ Dollar an das Unternehmen hinter dem Stablecoin und erhalte im Gegenzug eine Art digitalen Schuldschein. Den kann ich auf Börsen handeln, per Blockchain damit bezahlen oder ihn an das Unternehmen zurückgeben und einen Dollar zurückerhalten. Zumindest wenn das Unternehmen hinter dem Stablecoin die eingenommenen Euros oder Dollars tatsächlich – wie versprochen – in Reserve hält.
13 Und NFTs?
Non-Fungible Tokens sind ein findiger Trick, um per Blockchain mit digitaler Kunst Geld zu verdienen: Jedes NFT-Kunstwerk hat eine Nummer. Auf einem NFT-Marktplatz kann ich mir das dazugehörige digitale Kunstwerk anzeigen lassen. In der vom NFT genutzten Blockchain ist vermerkt, welches Nummernkonto gerade welchem*r Inhaber*in zuzuordnen ist. In den Anfangszeiten des Blockchain-Hypes wurden teilweise Millionenbeträge für diese angeblich so innovative Pixelkunst bezahlt. Heute sind die meisten davon wertlos.
14 Wie legal oder illegal geht es in der Welt der Kryptowährungen zu?
Eine Währung mit Nummernkonten und ohne zentralen Kontrolleur? Das macht Kryptowährungen interessant für verschiedenste illegale Geschäfte. Deswegen sind sie unter anderem das Standardzahlungsmittel auf Drogenmarktplätzen im Darknet und bei Lösegeldforderungen, wenn Cyberkriminelle Unternehmen hacken und deren Daten verschlüsseln.
15 Inwiefern hat der Bitcoin an seinem 15. Geburtstag seine ursprünglichen Ziele erreicht?
Mittlerweile existiert nicht nur eine vom klassischen Geldsystem unabhängige Digitalwährung, sondern Tausende verschiedene Versionen davon. Mit dem Vorhaben, ein alternatives Finanzsystem ohne Machtballungen zu ermöglichen, hat es jedoch nicht so richtig geklappt. Das System ist vielen Laien weiterhin zu komplex und deshalb nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich. Außerdem sind neue zentrale Akteure hinzugekommen: Das sind zum einen die wenigen großen Börsen, über die viele Nutzer*innen Coins kaufen, verkaufen und auf denen sie sie parken. Zum anderen ist auch die Gruppe der Kontrolleure, die auf den verschiedenen Blockchains Transaktionen überprüfen und aufzeichnen, überschaubar. Beim Bitcoin stellen zwei große Miner-Zusammenschlüsse mehr als 50 Prozent der insgesamt zur Verfügung gestellten Rechenpower. Die Bilanz ist also gemischt. Und hat der Bitcoin in den letzten 15 Jahren die Welt insgesamt zu einem besseren und freieren Ort gemacht? Das würden nur wenige, sehr überzeugte Krypto-Fans behaupten.
Der IT-Journalist Stefan Mey recherchiert seit Jahren zu freien Digitalprojekten mit all ihren Widersprüchen. Während eines Mercator-Journalist-in-Residence-Aufenthalts am Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung (ZEVEDI) hat er sich einen Monat lang mit der seiner Meinung nach irrsinnig spannenden Welt der Kryptowährungen und ihren Hintergründen beschäftigt.
Collage: Bureau Chateau / Jannis Pätzold