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Welcher Messenger ist sicher?

Keine einfache Frage. Ein Blick auf sechs Dienste – was sie mit unseren Nachrichten machen, wie sie Geld verdienen und wer sie betreibt

Messenger

WhatsApp

WhatsApp nutzen 81 Prozent der Deutschen – wohl auch, weil viele Angst haben, bei einem Wechsel allein zu bleiben. Seit 2014 gehört WhatsApp zum Facebook-Mutterkonzern Meta. Ein WhatsApp-Profil muss mit einer Telefonnummer verknüpft werden. Eine anonyme Nutzung ist deshalb nicht möglich. Wie fast alle Messagingdienste ist WhatsApp Ende-zu-Ende-verschlüsselt. Das heißt: Die App verwandelt Nachrichten in unverständlichen Zeichensalat, den nur das Zielgerät wieder entschlüsseln kann. Auch vor WhatsApp selbst sollten die Inhalte deshalb eigentlich geschützt sein. Der Haken dabei: WhatsApp ist nicht Open Source, was bedeutet, dass der Quellcode – also die Bauanleitung der App – nicht öffentlich ist. Es lässt sich also nicht überprüfen, ob WhatsApp nicht vielleicht doch an unsere Daten kommt. Und selbst wenn WhatsApp nicht unbedingt Nachrichten entschlüsselt, erhebt der Konzern personenbezogene Daten wie Standort, Kontakte und Telefonnummern – die sogenannten Metadaten. 

Der Konzern Meta verdient Milliarden durch Anzeigen, die Unternehmen auf den Plattformen der Konzerntöchter Facebook und Instagram buchen. Schon vor einigen Monaten hat der Konzern angekündigt, auch auf WhatsApp Werbung einführen zu wollen. Laut den aktuellen Datenregeln teilt WhatsApp persönliche Daten mit dem sonstigen Meta-Konzern. Dass die anderen Konzerntöchter die Daten für eigene Zwecke verwenden dürfen, wird nicht erwähnt, ist aber auch nicht explizit ausgeschlossen. 

Signal

Signal ist ebenfalls verschlüsselt, aber anders als Whats-App: Open Source. Auch ein Signal-Profil muss man mit einer Telefonnummer verknüpfen. Die Signal-Daten gehen unter anderem über die Cloud von Amazon. Hinter Signal steht die Signal Foundation, die 2018 von WhatsApp-Mitgründer Brian Acton gegründet wurde. Generell finanziert sich der Dienst über Spenden. Da es sich um eine gemeinnützige Stiftung handelt, haben die Betreiber keinen Grund, personenbezogene Daten zu sammeln und zu verkaufen. Signal ist auf der Suche nach einem Modell, um die Kosten auf Dauer selbst zu tragen. Der Messenger bittet auf seiner Webseite und in der App um Spenden. 2021 hat Signal ein Bezahlsystem über eine Digitalwährung namens MobileCoin eingeführt. Noch ist unklar, inwiefern Signal davon profitiert. 

Telegram

Telegram hat im Gegensatz zu anderen Messengern keine voreingestellte Verschlüsselung. Der App-Anbieter hat somit Einblick in den Inhalt der Nachrichten. Bei Zweierchats lässt sich ein verschlüsselter „geheimer Chat“ einrichten, bei Gruppenchats geht das nicht. Auch Telegram muss man mit einer Telefonnummer verknüpfen. Welchen Cloudanbieter Telegram nutzt, ist nicht bekannt. In den Datenschutzbestimmungen heißt es nur, dass Rechenzentren externer Anbieter in den Niederlanden genutzt werden. Auch Telegram ist auf der Suche nach einem nachhaltigen Geschäftsmodell. Seit Ende 2021 können Unternehmen erstmals Werbung auf bestimmten Telegram-Kanälen schalten. Außerdem wurde 2021 bekannt, dass Telegram Anleihen – eine Möglichkeit der Unternehmensfinanzierung, die ähnlich wie ein Kredit funktioniert – in Höhe von einer Milliarde US-Dollar ausgegeben hat. Da der Messenger gern von Rechtsextremen und Verschwörungstheoretikern genutzt wird und in manchen Gruppen sogar Mordaufrufe verbreitet werden, gab es immer wieder Anfragen der Bundesregierung, bestimmte Inhalte zu löschen, die nicht beantwortet wurden. Erst als die Bundesregierung mit Strafzahlungen von 55 Millionen Euro drohte, sperrte Telegram die Kanäle einzelner Verschwörungstheoretiker. Telegram wurde vom russischen IT-Unternehmer Pawel Durow gegründet. Die Firma hinter dem Messenger, die Telegram FZ-LLC, sitzt formal in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Mutterunternehmen Telegram Group Inc. ist hingegen auf den britischen Jungferninseln angemeldet. 

Threema

Threema ist unter Datenschutzaspekten ein sehr sicherer Messenger: Er ist verschlüsselt, Open Source und das Profil nicht mit einer Telefonnummer verknüpft. Stattdessen erfolgt die Registrierung über eine randomisierte ID. Threema ist als einziger der vorgestellten Messenger kostenpflichtig – man bezahlt einmalig 3,99 Euro. Nach Aussagen von Threema deckt dieser Betrag die Kosten für den Betrieb. Geld verdient Threema vor allem über Firmenkunden, die den Messenger als Kommunikationskanal im Unternehmen einsetzen. Die Firmenlösung „Threema Work“ nutzen beispielsweise der Automobilkonzern Daimler und die Stadt Frankfurt. Hinter Threema steht die Schweizer Firma Threema Holding AG, die Mehrheit der Firmenanteile hält eine Münchener Beteiligungsgesellschaft. Threema betreibt seine Server eigenständig im Rechenzentrum eines Schweizer IT-Anbieters.

Wire

Auch Wire ist verschlüsselt und Open Source. Ein Profil muss man entweder mit einer Telefonnummer oder einer E-Mail-Adresse verknüpfen. Anbieterin ist die Schweizer Wire Swiss GmbH. Das Mutterunternehmen Wire Group Holdings GmbH sitzt zwar nicht in den USA – anders als WhatsApp und Signal –, sondern in Berlin. Aber trotzdem ist das amerikanische Datenrecht mit im Spiel. Die Wire-Chatdaten gehen über ein Rechenzentrum von Amazon in Luxemburg. Und der US-amerikanische „Cloud Act“ regelt, dass US-Behörden auch dann Zugriff auf Daten von US-Unternehmen haben, wenn sie in Rechenzentren außerhalb der USA anfallen. Wire ist ein klassisches Start-up: Ein Gründer sowie der Chief Operating und der Chief Revenue Officer halten Minderheitenanteile an der Holding. Ansonsten sind verschiedene Investoren beteiligt. Da der Messenger kostenlos ist, finanziert sich das Unternehmen ausschließlich über Firmen- und Verwaltungskunden, die Wire für die interne Kommunikation einsetzen. 

Element

Auf den ersten Blick ist Element ein ganz normaler Messenger. Man legt sich mit einer Mailadresse ein Profil an und kann kommunizieren. Es gibt jedoch ein paar Besonderheiten: In der Standardeinstellung verwendet Element die Datenbank der US-Cloudanbieter Amazon und Cloudflare. Anders als bei Signal oder Wire kann man beim Einrichten festlegen, dass Chatdaten stattdessen über einen lokalen Anbieter gehen, dem man vertraut. Der Verein Digital­courage empfiehlt zur Auswahl beispielsweise eine Übersicht auf hello-matrix.net mit 14 verschiedenen Servern, etwa das deutsche tchncs.de. Element-Nutzer können über Schnittstellen auch mit Freunden kommunizieren, die andere Messenger wie Telegram, Signal oder WhatsApp nutzen. Dabei gibt es aber keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, und es gelten dann die AGBs der anderen Dienste. Zudem kostet der Dienst dann fünf Euro im Monat. Hinter Element steht das britische Start-up New Vector Ltd. Das finanziert sich wie Threema und Wire vor allem über Firmenkunden. Neben Unternehmen nutzen auch einige staatliche Akteure die Technologie, unter anderem die französische Regierung und die deutsche Bundeswehr. 

Denkt man über Alternativen zu WhatsApp nach, drängt sich ein Gedanke auf: „Ich könnte den Messenger nutzen. Aber niemand wird mir folgen.“ Das stimmt. Ein Umstieg funktioniert nur, wenn andere mitziehen. Das Schöne ist: Man kann problemlos mehrere Messenger nebeneinander nutzen, auch für verschiedene Zwecke und Gruppen. WhatsApp ist heute der mit Abstand meistgenutzte Messenger. Man hat aber eine Wahl.

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