Stanley Kubrick erreicht 1968 etwas Seltenes: Sein Werk ist der an der Kinokasse weltweit erfolgreichste Film – und im Rückblick zugleich der kanonische Klassiker jenes Jahres.
In der afrikanischen Wüste finden urzeitliche Menschenaffen einen schwarzen Monolithen. Jahrmillionen später stoßen Forscher im Mondkrater Tycho auf einen ähnlichen Stein, der geheimnisvolle Signale in Richtung Jupiter sendet. Um die Möglichkeit außerirdischen Lebens zu erkunden, wird das Raumschiff „Discovery“ dorthin geschickt – allerdings kennt nur der unfehlbare Bordcomputer HAL 9000 den wahren Zweck der Mission.
Doch „Hal“, wie ihn die Astronauten kameradschaftlich nennen, wird nervös. Nach und nach eliminiert er die Crewmitglieder, bis er vom einzig überlebenden Raumfahrer Dave Bowman abgeschaltet wird. Unversehens sieht sich der Astronaut auf einer bewusstseinserweiternden Reise durch Raum und Zeit, vielleicht zum Ursprung des Lebens selbst.
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Mit überwältigenden Weltraumbildern wurde Stanley Kubricks „Space Opera“ zum zeitlosen Klassiker der Science-Fiction-Genres. Ein Jahr vor der tatsächlichen Mondlandung im Jahr 1969 erwies sich Kubricks Vision moderner Raumfahrt als erstaunlich realistisch. Erreicht wurde dieser Eindruck allein mit Modellen und Lichteffekten, digitale Effekte standen noch nicht zur Verfügung. In majestätischer Langsamkeit schweben Raumschiffe und -stationen durchs All, musikalisch begleitet von Johann Strauss’ Walzer „An der schönen blauen Donau“ oder dem wuchtigen “Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss.
Dann jedoch sprengt ein psychedelischer Trip durchs Sternentor alle vertrauten Dimensionen. Die Menschen sind in dieser technisch-formalen Perfektion nur Mittel zum Zweck, taugen kaum zur Identifikation. Stattdessen wird ein neurotischer Bordcomputer mit rotem Auge und warmer Stimme („Was hast du eigentlich vor, Dave?“) zur unheimlichen, zuweilen gar sympathisch wirkenden Persönlichkeit.
Der zusammen mit dem Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke entworfene Film spannt einen weiten Bogen. Im wohl berühmtesten Match-Cut der Filmgeschichte wird ein von einem Urmenschen in die Luft geworfener Knochen zum Raumschiff – ein Sinnbild der menschlichen Evolution von ersten Werkzeugen bis zur Abhängigkeit von Maschinen. Vor allem im letzten Abschnitt rücken philosophische Sinnfragen ins Zentrum, zeigen sich Leben, Geburt und Tod im kosmischen Zusammenhang. Kubrick selbst wollte die Interpretation seines Meisterwerks, das sicher einige Geduld erfordert, stets offen lassen. Als einmaliges Filmerlebnis sollte es nach wie vor begeistern.
Dieser Beitrag ist eine leicht umgeschnittene Fassung des „1968“-Dossiers, das auf kinofenster.de erschienen ist, dem filmpädagogischen Online-Portal der BpB. Hier findest Du noch viel mehr über das Kinojahr 1968. Unter anderem ein Audio-Interview mit Regie-Legende und Schwabing-Strizzi Klaus Lemke, einen kritischen Blick auf aktuelle Historienfilme und passendes Unterrichtsmaterial zum Revolutionsjahr.
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