Wann spricht man von Terror?
Terror ist das lateinische Wort für Schrecken. Im politischen Sinne bedeutete es ursprünglich den Schrecken, den der Staat verbreitet. So nannte man die Zeit in Frankreich unter dem Regime der Jakobiner zum Beispiel „La Grande Terreur“ – den großen Schrecken. Mittlerweile hat sich eingebürgert, dass man mit Terror das systematische Verbreiten von Angst und Schrecken durch Gewaltaktionen meint, um die Menschen einzuschüchtern.
Dem Soziologen und Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber zufolge meint Terrorismus jede Form von politisch motivierter Gewalt, die von nichtstaatlichen Akteuren in systematischer Form angewendet wird. Ihr Ziel ist es, psychologisch auf die Bevölkerung einzuwirken. Terroristen lehnen die Möglichkeit des gewaltfreien und legalen Handelns ab. Sie interessieren sich auch nicht dafür, ob ihre Handlungen angemessen sind, welche Folgen sie haben und ob ihre jeweiligen Mittel verhältnismäßig sind. Der Anschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 durch die Terroristen-Organisation al-Qaida verdeutlicht diese Definition: Er war islamistische (politisch motivierte) Gewalt eines nichtstaatlichen Akteurs. Und dieser (in diesem Fall global agierende) Akteur wandte Gewalt systematisch an, um sein Ziel (Gottesstaat) zu erreichen, ohne Rücksicht auf Angemessenheit, Folgen oder Verhältnismäßigkeit.
Die Rechtsterroristen des NSU, die zwischen 2000 und 2007 zehn Menschen ermordeten, weitere Mordversuche und Sprengstoffanschläge begingen und mit Raubüberfällen das Leben im Untergrund finanzierten, passen auch zu dieser Definition. Allerdings fehlt bei ihnen ein konstitutives Merkmal des Terrorismus: Kommunikation, also etwa ein Bekennerschreiben. Ihre Botschaft besteht in der Auswahl des Anschlagsorts oder der Opfergruppe. Erst nach dem Auffliegen der Gruppe wurde ein Bekennervideo gefunden.
Welche Länder sind am stärksten von Terrorismus betroffen?
Afghanistan war 2018 das Land mit den meisten Todesopfern durch terroristische Anschläge weltweit. Über 80 Prozent davon werden den Taliban zugeschrieben, die in mehr als zwei Dritteln des Landes aktiv waren; die Zahl ihrer Opfer stieg im Vergleich zum Vorjahr um knapp 71 Prozent auf 6.103. Demgegenüber sank die Zahl der dem sogenannten Islamischen Staat zugeschriebenen Todesfälle weltweit um knapp 70 Prozent, von 4.350 im Jahr 2017 auf 1.328 im Jahr 2018. Insgesamt hat sich die Zahl der weltweiten Terroranschläge in den vergangenen Jahren kontinuierlich verringert – von 13.482 im Jahr 2014 auf 8.093 im Jahr 2018. In Europa ist die Zahl der Todesfälle durch Terrorismus von über 200 im Jahr 2017 auf 62 im Jahr 2018 gesunken.
Wie hoch ist der wirtschaftliche Schaden durch Terrorismus?
Laut dem „Global Terrorism Index 2019“ beliefen sich die globalen wirtschaftlichen Auswirkungen des Terrorismus im Jahr 2018 auf 33 Milliarden US-Dollar, was einem Rückgang von 38 Prozent gegenüber dem Stand von 2017 entspricht. 2014 waren es sogar 111 Milliarden. Der Schaden besteht neben dem Verlust von Menschenleben in der Zerstörung von Eigentum. In einzelnen Ländern ist der Einfluss des Terrors auf die Wirtschaft enorm. In Afghanistan, dem am stärksten betroffenen Land, machen die ökonomischen Auswirkungen des Terrorismus fast 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Zum Vergleich: Im Süd-Sudan sind es „nur“ 0,8 Prozent des BIP.
Welche Art Terrorismus ist in Deutschland besonders verbreitet?
Ein Indikator für die Gefahr durch Terrorismus ist die Anzahl der Gewalttaten im Bereich der „politisch motivierten Kriminalität“. Im „Verfassungsschutzbericht 2018“ wird diesbezüglich schon im Vorwort die rechtsextremistische Szene erwähnt. Bei der Vorstellung der Fallzahlen der politisch motivierten Kriminalität für das Jahr 2019 im Mai diesen Jahres wiederholte Bundesinnenminister Horst Seehofer noch einmal ausdrücklich: „Die größte Bedrohung geht weiterhin vom Rechtsextremismus aus.“
- Der „politisch motivierten Kriminalität – rechts“ wurden 21.290 (2018: 19.409) Straftaten zugeordnet, darunter waren 925 (2018: 1.088) Gewalttaten. Die meisten von diesen Straftaten hatten einen rassistischen oder antisemitischen Hintergrund.
- Der „politisch motivierten Kriminalität – links“ wurden 6.449 (2018: 4.622) Straftaten mit linksextremistischem Hintergrund zugeordnet, darunter 921 (2018: 1.010) Gewalttaten.
- Der „politisch motivierten Kriminalität – religiöse Ideologie“ wurden 362 extremistische Straftaten (davon 41 Gewalttaten) zugerechnet (2018: 453). Der überwiegende Teil davon wies einen islamistisch-fundamentalistischen Hintergrund auf.
Beim Bundeskriminalamt heißt es, dass es in Deutschland Anfang 2020 660 sogenannte religiös motivierte Gefährder gab, also Islamisten, denen die Sicherheitsbehörden schwere Gewalttaten bis hin zur Durchführung eines Anschlags zutrauen. Die Zahl der linken Gefährder lag bei 5, die der rechten bei 60.
Welche Gesetze gegen Terrorismus gibt es in Deutschland?
Im Zuge der Ermittlungen gegen die RAF wurde 1976 der Paragraf 129a StGB geschaffen, der die Bildung einer terroristischen Vereinigung und die Mitgliedschaft bestraft. Er wurde durch den 2002 eingeführten Paragrafen 129b StGB ergänzt, der dies auf ausländische Organisationen ausweitet. Dieser Paragraf war Teil des sogenannten Sicherheitspakets I, das zudem ein Verbot extremistischer Vereinigungen, die unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft agieren, ermöglichte. Zu den Sicherheitspaketen I und II gehören u. a.die Ausweitung einer systematischen Untersuchung elektronischer Daten. Am 1. Januar 2009 trat die Änderung des BKA-Gesetzes in Kraft, das es dem BKA auch erlaubte, zur Gefahrenabwehr des internationalen Terrorismus vorbeugend die Internet-, Telefon- und Handykommunikation zu überwachen – sowie heimliche Onlinedurchsuchungen und Abhörmaßnahmen. Im April 2016 erklärte das Bundesverfassungsgericht Teile des Gesetzes für verfassungswidrig, beispielsweise bedürfe es eines besonderen Schutzes der privaten Lebensgestaltung und für Berufsgeheimnisträger wie Ärzte oder Juristen. Es gibt aber auch noch andere Gesetze, wie etwa das Luftsicherheitsgesetz, das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz oder das neueste Gesetz zur Geldwäsche, die den Kampf gegen Terrorismus erleichtern.
Wer geht in Deutschland und Europa gegen Terrorismus vor?
Vor dem Hintergrund der Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus wurde 2004 in Berlin das Gemeinsame Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) eingerichtet, eine Koordinationsstelle für Polizeien, Nachrichtendienste und Justiz, in der sich 40 nationale Sicherheitsbehörden austauschen und vernetzen – darunter das Bundesamt für Verfassungsschutz, das BKA, die Landeskriminalämter, der Militärische Abschirmdienst und die Bundespolizei. Seit 2006 ermöglicht die Antiterrordatei eine weitere zwischenbehördliche Kooperation, um die präventive Terrorabwehr zu verbessern. Kritiker bemängeln, dass das Trennungsgebot, also die strikte Trennung zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit, so aufgeweicht wurde. 2012 wurde für die Zusammenarbeit im Bereich der politisch motivierten Kriminalität zudem nach dem Vorbild des GTAZ das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ) in Köln eingerichtet.
Innerhalb der Europäischen Union arbeitet man vor allem daran, die Datenbanken der Sicherheitsbehörden besser zu vernetzen.
Titelbild: Shakeel Khan,AFP-Gabe Palacio/ImageDirect/Getty Images