Norwegen – reich an Erdöl

Norwegen führt aktuell den „Index der menschlichen Entwicklung“ an, in dem die Vereinten Nationen neben ökonomischen Kriterien wie dem Bruttosozialprodukt auch Faktoren wie die Lebenserwartung oder das Ausbildungsniveau der Bevölkerung bewerten. Ebenfalls Rang eins belegt die konstitutionelle Monarchie im Demokratie-Index der Economist Intelligence Unit, der Rechercheabteilung der britischen „The Economist Group“. Anders gesagt: Norwegen ist an Lebensqualität schwer zu überbieten. Jedenfalls solange man nicht mit geringem Einkommen in der Stadt Stavanger lebt. Das eine wie das andere hat viel damit zu tun, dass die Firma Phillips Petroleum im Auftrag von Norwegens Erdölbehörde 1969 vor der Küste auf riesige Erdölvorkommen stieß.  Norwegen beutet seit knapp einem halben Jahrhundert diese Reserven aus – und später auch seine Erdgasvorkommen. Die Gewinne legte das Land seit 1996 in einem Staatsfonds an, der als größter der Welt gilt und dessen Wert in diesem Jahr erstmals die Marke von einer Billion US-Dollar überschritten hat. Die international operierende Aktiengesellschaft Statoil, zu zwei Dritteln in Staatsbesitz, ist Norwegens größtes Unternehmen und hat ihren Sitz in Stavanger, das durch den Rohstoffboom zu einer der teuersten Städte der Welt geworden ist.

Norwegen will das Fondsvermögen für die Allgemeinheit einsetzen und damit Rücklagen für Zeiten mit weniger Energieeinnahmen bilden. Auch finanziert es aus Teilen der üppigen Gewinne bereits heute staatliche Projekte. Seinen Reichtum der Bevölkerung zugute kommen zu lassen, wird dem Staat dadurch erleichtert, dass in Norwegen – flächenmäßig nur wenig kleiner als die Bundesrepublik – lediglich 5,2 Millionen Menschen leben. Norwegens Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf lag 2016 nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds bei 70.000 US-Dollar, nur übertroffen von dem der Schweiz und Luxemburgs.

Katar – Erdgas aus dem Persischen Golf

Katar ist klein. Auf der Liste aller Staaten dieser Welt liegt es mit einer Fläche von gut 11.000 Quadratkilometern zwischen dem westafrikanischen Gambia und dem pazifischen Inselstaat Vanuata. Ökonomisch aber ist das Emirat ein Gigant. Das verdankt es vor allem seinen Erdgasreserven im Persischen Golf. Die Vorkommen wurden Anfang der 1970er-Jahre entdeckt, seitdem hat sich Katars Bruttoinlandsprodukt pro Kopf von gut 2.700 auf über 100.000 US-Dollar im Jahr 2012 erhöht. Inzwischen sinkt es wegen fallender Erdgaserlöse, 2016 lag es bei 60.800 US-Dollar. Der Wertverfall seines größten Handelsguts ist in Katar nicht unbekannt: Bis 1930 lebte man gut vom Handel mit Perlen, bis Kunstperlen aus Japan das Geschäft ruinierten.

Wie das BIP hat sich auch die Bevölkerungszahl des Emirats von 1970 bis heute mehr als verzwanzigfacht, auf derzeit 2,7 Millionen Einwohner. Doch nur rund zwölf Prozent von ihnen haben die katarische Staatsbürgerschaft. Als absolute Monarchie ohne demokratische Kontrolle geht Katar mit seinem Vermögen anders um als das fast zeitgleich durch Erdöl zu Reichtum gekommene Norwegen. Das Emirat kaufte mit seinem Fonds beispielsweise das Nobelkaufhaus Harrods in London oder den Fußballclub Paris Saint-Germain. Viel Geld fließt auch in Prestigeprojekte wie die Fußballweltmeisterschaft 2022. Dass die für die WM-Bauten angeheuerten ausländischen Arbeitskräfte – und nicht nur sie, sondern auch viele andere in Katar tätige Wanderarbeiter – menschenunwürdig behandelt werden, hat unter anderem Amnesty International beklagt.

(Titelbild: Ein Katarer reist mit Zuchtfalken. Die Falken kosten über $10.000 / Foto: Luke Duggleby/Redux/laif)

Monaco – Steueroase für Superreiche

Die meisten Menschen, die in Monaco gemeldet sind, sind Einwanderer, etwa 75 Prozent. Sie sind aber nicht ins Fürstentum gekommen, weil es ihnen in ihren Herkunftsländern schlecht geht oder sie ihrer Familie ein besseres Leben ermöglichen wollen. Sie wollen nicht an der Côte d’Azur erst zu Wohlstand kommen, sondern sind bereits so reich, dass es sich für sie aus steuerlichen Gründen lohnt, ihren ersten Wohnsitz ins Fürstentum an der Mittelmeerküste zu verlegen. Die Preise für Luxusimmobilien gelten als die höchsten der Welt.

Monaco nahm im 19. Jahrhundert als Glücksspiel-Eldorado viel Geld ein, woraufhin das Fürstentum beschloss, seinen Einwohner nicht mehr mit Einkommenssteuern oder Erbschaftssteuern auf die Nerven zu gehen. Seinen großen Jetset-Aufschwung erlebte Monaco dann ab Mitte des 20. Jahrhunderts, als das Staatsoberhaupt Fürst Rainier mit Grace Kelly eine attraktive und elegante Hollywoodschauspielerin heiratete, die dann zur glamourösen Fürstin Gracia Patricia wurde. Die strategische Eheschließung sowie das finanzielle Engagement des Reeders Aristoteles Onassis halfen, eine wirtschaftliche Krise zu überwinden, die Monaco damals wegen sinkender Kasinoeinnahmen durchlief.

Heute drubbeln sich die Super- und Supersuperreichen auf den gut zwei Quadratkilometern Felsenküste, um unter ihresgleichen ihr Geld auszugeben. Die Bevölkerungsdichte liegt aktuell bei 19.000 Menschen pro Quadratkilometer, das sind fast doppelt so viele wie in New York City.

Japan – gelenkte Wirtschaft und ausgeprägte Arbeitsdisziplin

Japan war nach dem Zweiten Weltkrieg ein besiegtes und weitgehend zerstörtes Land, seine Städte lagen in Trümmern, ein Drittel der Menschen war arbeitslos. Ein wenig später als die Bundesrepublik, nämlich in den  1960er-Jahren, erlebte auch Japan dann seine Wirtschaftswunderzeit. Es konnte dabei anknüpfen an die Zeit nach der Jahrhundertwende, als sich Japan als eines der ersten Länder Asiens das westliche Wirtschaftsmodell zueigen gemacht hatte. Dass das Kaiserreich dann nach dem Zweiten Weltkrieg so schnell zu den ökonomischen Großmächten der Welt aufschloss, lag an einer Kombination aus staatlich gelenkter Wirtschaft, kulturell ausgeprägter Arbeitsdisziplin und einer Bildungsreform, die unter anderem die Schulpflicht auf neun Jahre erhöhte. Und es lag daran, dass Unternehmen sich internationales Know-how ins Land holten oder kopierten und verbesserten, was andernorts an erfolgreichen Produkten bereits entwickelt worden war. Das von Rohstoff- und Energie-Importen abhängige Japan wurde im Laufe der Zeit zu einem Weltmarktführer bei Automobilen, Maschinen und Elektronik.

In den 1960er Jahren wuchs die Wirtschaft zeitweise um bis zu zehn Prozent jährlich. Einen Dämpfer erlebte der Boom durch die Ölkrise 1973, als die Energiepreise drastisch anstiegen. Doch insgesamt hielt das beispiellose Wirtschaftswachstum über drei Jahrzehnte an, bis Ende der 1980er-Jahre auf einem überhitzten Aktien- und Immobilienmarkt die Spekulationsblase platzte. Wenngleich auch die Realwirtschaft schwer und lange unter diesem Crash litt, ist Japan bis heute eine der produktivsten Volkswirtschaften der Welt. Derzeit liegt es hinter China und den USA sowie vor Deutschland auf Rang drei.

Singapur – kaum Rohstoffe, dafür aber billige Arbeitskräfte und viele Freihandelsabkommen

Singapur gehört zu den asiatischen Staaten, die in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts in wenigen Jahrzehnten den Sprung zu einem wirtschaftlich prosperierenden Standort schafften. Weshalb das Land – gemeinsam mit Südkorea, Taiwan und der Sonderverwaltungszone Hongkong – den Beinamen Tigerstaat trägt.

Singapur hat keine nennenswerten Rohstoffreserven und als Stadtstaat auch keine Flächen für landwirtschaftliche Nutzung. Die ehemalige britische Kronkolonie verdankt ihren Aufschwung zum einen dem Aufbau einer Industrie, die durch billige Arbeitskräfte in Schwung kam und heute von zahlreichen Freihandelsabkommen profitiert. Zu den Kerngeschäften gehören Schiffsbau, Maschinenbau und Erdölverarbeitung, zunehmend auch Biotechnologie. Das zweite Standbein ist der Dienstleistungssektor, etwa im Bereich Finanzen. Zwar war Singapur wie alle Tigerstaaten von der sogenannten Asienkrise 1997/98 betroffen, während der Immobilienpreise und Aktienkurse durch Kreditinvestitionen künstlich aufgepumpt wurden, bis die Blase platzte. Doch später profitierte Singapur von der weltweiten Finanzkrise. Die Kombination aus einer wenig regulierten Wirtschaft und einem stabilen politischen System macht Singapur zu einem vergleichsweise sicheren Standort für Anleger, weshalb seit 2008 viel Vermögen in den Stadtstaat transferiert wurde.

Argentinien – Einwanderungspolitik und Fleischexport

Argentinien gab seinem wirtschaftlichen Aufschwung ab Mitte des 19. Jahrhunderts einen entscheidenden Schub, indem es begann, eine gezielte Einwanderungspolitik zu betreiben. Im Sinne einer Modernisierung des Landes sollten eigentlich vor allem Nordeuropäer mit den Werbekampagnen angesprochen werden. Von den rund sechs Millionen Europäern, die zwischen 1870 und 1930 ins Land kamen, waren dann aber die meisten Spanier und Italiener. Sie prägten das Land, bis heute eins der europäischsten in Südamerika, wirtschaftlich wie kulturell.

Motor der Wirtschaft war der Agrarsektor. Der Staat eroberte und erschloss – zulasten der bisher dort lebenden indigenen Bevölkerung – im späten 19. Jahrhundert Territorien zur landwirtschaftlichen Nutzung und baute das Eisenbahnnetz mit Hochdruck aus. Die Entwicklung stabiler Kühltechnik auf Frachtschiffen eröffnete dem Land dann den Weltmarkt für seinen Fleischexport. Jahr um Jahr wuchsen die landwirtschaftlichen Ausfuhren um einige Prozent. Die Löhne lagen um die Wende zum 20. Jahrhundert in Argentinien weit über denen in Südeuropa. In den ersten Jahrzehnten danach wurde Argentinien dank seiner florierenden Exporte zu einem der reichsten Länder der Erde. Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 jedoch fielen die Rohstoffpreise, der Boom war vorbei. Der Wohlstand sank und die ungünstigen wirtschaftlichen Gegebenheiten ließen Argentinien in den folgenden Jahrzehnten zurück auf das Niveau eines Schwellenlandes fallen. Insgesamt war Argentiniens Wirtschaft in den letzten Jahrzehnten sehr wechselhaft und hat insbesondere im Zuge der Argentinienkrise 2001 und der globalen Finanzkrise schwere Rückschläge erlitten – dazwischen aber auch immer wieder Phasen der Erholung.

  

USA – Industrialisierung, und Rohstoffreichtum – aber auch Sklaverei

Es gibt viele Faktoren, die die Vereinigten Staaten von Amerika reich gemacht haben, wie die effiziente Massenproduktion zu Zeiten der Industrialisierung, der Rohstoffreichtum und der erfolgreiche Einstieg in den Weltmarkt. Ein weiterer Faktor reicht weit zurück: die Sklaverei. Bereits zu Kolonialzeiten hatte die Landwirtschaft im Osten und Süden der späteren USA einen erheblichen Bedarf an Arbeitskräften, um die Plantagen mit Tabak, Reis, Baumwolle und Zuckerrohr zu bewirtschaften. Dieser Bedarf wurde nicht durch Anwerbung, sondern durch Verschleppung und Versklavung der indigenen Bevölkerung und später von Menschen aus Afrika gedeckt. Die Plantagenbesitzer nutzen ihre enormen Gewinne auch, um politisch Einfluss zu nehmen. So waren es unter anderem Erträge aus den Tabakplantagen Virginias, die den Unabhängigkeitskrieg gegen Großbritannien finanzierten. 1776 erklärten die Kolonien schließlich ihre Unabhängigkeit und formulierten in der Präambel, dass „alle Menschen gleich erschaffen“ seien und ein Recht auf „Leben, Freiheit und das Streben nach Glück“ hätten. Zu diesem Zeitpunkt gab es in den befreiten Kolonien etwa eine halbe Million Sklaven. Zu ihren Besitzern gehörten auch einige der ersten Präsidenten wie George Washington und Thomas Jefferson. Während ab dem späten 18. Jahrhundert die Sklaverei in den nördlichen Bundesstaaten langsam abgeschafft wurde, wurden in der weiter expandierenden Plantagenwirtschaft der Südstaaten immer mehr Sklaven benötigt. Geschätzt wird, dass es bei der offiziellen Abschaffung der Sklaverei nach der Niederlage der Südstaaten im Sezessionskrieg 1865 rund vier Millionen Menschen waren.