Die Folgen des Klimawandels sind schon seit Jahrzehnten bekannt und werden immer spürbarer: Es wird wärmer auf der Erde, das Eis der Pole schmilzt, Extremwetterereignisse nehmen zu, die Meere werden wärmer und saurer, und der Wasserspiegel steigt. Die alle sechs Jahre erscheinenden IPCC-Berichte bündeln den aktuellsten Stand der Forschung und bereiten ihn für die politischen Entscheidungsträger:innen auf.
2021 ist ein neuer Bericht erschienen, der erstmals einen eindeutigen Zusammenhang zwischen häufigeren Extremwetterereignissen und dem Klimawandel zeigt und auf regionale Auswirkungen eingeht. Dabei enthält der Bericht eine klare Botschaft: Selbst wenn alle Staaten die Vorgaben des Pariser Klimaabkommens umsetzen und die Erderwärmung bei 1,5 oder 2 Grad stoppen, sind die Auswirkungen auf unser Leben und unsere Umwelt immens.
Was genau ist der Weltklimarat eigentlich?
Offiziell heißt der Weltklimarat „Intergovernmental Panel on Climate Change“ (kurz: IPCC) – übersetzt: Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen. Gegründet wurde das UN-Gremium 1988 vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen und der Weltorganisation für Meteorologie. Anlass waren schon damals immer mehr besorgniserregende Erkenntnisse zum menschgemachten Klimawandel.
Heute gibt es 195 Mitgliedsländer, im Gremium vertreten sind aber nur Wissenschaftler:innen und keine Politiker:innen. Zusätzlich gibt es etwa 170 UN-Institutionen und internationale Organisationen als Beobachtende – darunter sind Verbände der Industrie, die EU, aber auch Umweltschutzorganisationen wie der WWF oder Greenpeace. Im Auftrag des IPCC tragen Forschende aus aller Welt alle fünf bis sieben Jahre den aktuellen Forschungsstand zum Klimawandel zusammen und bewerten ihn aus wissenschaftlicher Sicht. Bisher gab es fünf Sachstandsberichte (1990, 1995, 2001, 2007 und 2014). Der erste Teil des sechsten Berichts ist im August 2021 erschienen; 2022 folgen seine zwei weiteren Teile und ein Abschlussbericht. 2007 bekam der Weltklimarat für seine Arbeit den Friedensnobelpreis.
Wie entstehen die Berichte des IPCC?
Rund sechs Jahre arbeiten die Forschenden an den Texten. Im ersten Schritt dürfen die Mitgliedsländer, Beobachterorganisationen und beteiligte Fachleute Themen zum Klimawandel vorschlagen. Auf Basis der Vorschläge wird dann im IPCC-Plenum eine Gliederung beschlossen. Allein dieser Prozess dauerte zuletzt anderthalb Jahre. Danach beginnt die eigentliche Arbeit. Es gibt drei Arbeitsgruppen aus Forschenden. Je nach Umfang arbeiten rund 200 Expert:innen als Autor:innen an jedem Berichtsteil, für besondere Fragen werden viele weitere Fachleute hinzugezogen.
Die erste Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit den physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Die zweite mit den Folgen des Klimawandels für die Menschen und die Natur und hielt dabei Ausschau nach Möglichkeiten der Anpassung. Die dritte Arbeitsgruppe befasste sich mit politischen und technischen Möglichkeiten, den Klimawandel auszubremsen. Eigene Forschung betreibt der IPCC nicht, die Forschenden werten stattdessen viele Tausend Studien sowie Industrie- und Regierungsberichte aus.
Was steht im aktuellen Bericht?
Er beschäftigt sich mit den physikalischen Grundlagen des Klimawandels. Dazu gehören unter anderem Temperaturveränderungen auf dem Land, in der Luft und im Meer, Auswirkungen auf die Gletscher und das Eis, die Ozeane und den Meeresspiegel, sowie Wasser- und Kohlenstoffkreisläufe und Treibhausgase in der Luft. Die Voraussage der Forschenden: Die Erde könnte sich bereits 2030 um 1,5 oder mehr Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmen, vor allem dann, wenn wir die Treibhausgasemissionen nicht schnell und umfassend verringern. Das Pariser Klimaabkommen würde aktuell also deutlich verfehlt werden, die Prognosen gehen sogar davon aus, dass die Erwärmung um zwei Grad bereits bis 2050 erreicht wird.
Die Erderwärmung hat Folgen für uns alle: Wetterextreme wird es häufiger geben, und zwar überall auf der Welt und mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit in Afrika und Asien. Außerdem sagt der Bericht voraus, dass der Meeresspiegel wahrscheinlich deutlich steigen wird, im Falle hoher Emissionen bis zu einem Meter bis zum Jahr 2100. Entwicklungen wie diese, die Erwärmung des Ozeans und das Abschmelzen der Eisschilde, seien nicht mehr aufzuhalten.
Im Februar, März und September 2022 erscheinen die restlichen Beiträge der zweiten und dritten Arbeitsgruppe sowie der Abschlussbericht. Die noch ausstehenden Teilberichte befassen sich stärker mit politischen Fragen – wie sich die Folgen des Klimawandels zum Beispiel auf die Wirtschaft einzelner Regionen auswirken oder welchen Einfluss der Lebensstil in den Industrienationen auf den Rest der Welt hat.
Ein Berichtsentwurf der Arbeitsgruppe III wurde bereits im Vorfeld von der Organisation Scientist Rebellion geleakt. Die Aktivist:innen befürchten, dass die Schlussfassung durch Politiker:innen verwässert werden könnte. Im Bericht sehen die Autor:innen vor allem Wohlstandsländer in der Verantwortung, ihre Politik zu ändern – immerhin sei der stärkste Emissionstreiber der ständige Anstieg des Bruttosozialprodukts dieser Länder.
Wer sind die Autor:innen der IPCC-Berichte?
An den Berichten des Weltklimarates arbeiten viele renommierte Wissenschaftler:innen mit. Auch hier gibt es klare Regeln: Die Mitgliedsländer und die Beobachterorganisationen können Expert:innen vorschlagen, daraus stellt der IPCC-Vorstand die Expert:innen-Teams für die einzelnen Kapitel zusammen. Für den aktuellen Bericht waren mehr als 2.800 Forschende nominiert, am Ende wurden 721 Autor:innen aus 90 Staaten ausgewählt.
Bei dem aktuellen Bericht waren 33 Prozent der beteiligten Expert:innen Frauen, 44 Prozent wiederum stammen laut IPCC-Angaben aus „Entwicklungs- und Schwellenländern“. Zusätzlich gibt es Hunderte Spezialist:innen, die bei Unklarheiten befragt werden oder dabei helfen, Ergebnisse einzuordnen. Alle Texte werden danach von externen Gutachter:innen geprüft. Eine Bezahlung gibt es für diese Arbeit übrigens nicht, die Forschenden werden von den Instituten ihrer Universitäten oder Forschungseinrichtungen für die Mitarbeit freigestellt und weiterbezahlt oder arbeiten ehrenamtlich – für sogenannte Entwicklungsländer kann der IPCC-Treuhandfonds Mittel bereitstellen.
Welchen politischen Einfluss hat der IPCC?
Die Berichte des Weltklimarates sind politisch relevant, beinhalten aber keine politischen Empfehlungen, heißt es auf der IPCC-Website. Zu den wissenschaftlichen Zusammenfassungen gibt es auch kürzere Berichte für die Regierungen in aller Welt. Diese „Summarys for Policymakers“ werden von allen Mitgliedstaaten und Experten Zeile für Zeile geprüft und verabschiedet. Dadurch genießen diese Berichte eine hohe Akzeptanz in der Politik und bekommen viel Aufmerksamkeit in Medien und Gesellschaft. Dazu kommt, dass alle Aussagen, alle Szenarien von führenden Forschenden ihrer Fachgebiete zusammengetragen und geprüft werden. Durch die genaue Prüfung und ihre eigene Zustimmung können sich die Regierungen am Ende in Sachen Klimaschutz nicht mehr so leicht herausreden.
Titelbild: Waldbrand in Griechenland, Foto: Konstantinos Tsakalidis/Bloomberg via Getty Images/ IPCC Treffen in Mexiko 2017, Foto: Hector Guerrero, AFP via Getty Images