Feiertage, findet Rishabh Chhabra, sollte in Deutschland jeder selbst wählen dürfen. Am besten fände er zehn auswählbare freie Tage im Jahr: „Wenn jemand sagt, ich feiere kein Weihnachten, aber Bayramı oder Diwali [Anm. d. Red.: Zuckerfest und Lichterfest], dann sollte das kein Problem sein.“
Der 21-Jährige studiert Wirtschaftsingenieurswesen und kommt aus einem multireligiösen Haushalt: Seine türkische Mutter ist Muslima, sein indischer Vater Hindu.
„Gott ist es egal, ob Feiertag ist. Zu ihm kann ich immer sprechen“
Seine Eltern lernten sich vor über 30 Jahren im Deutschkurs an der Technischen Universität in Berlin kennen. Auch wenn die Familie Mitglied in einer hinduistischen Gemeinde ist, prägt Chhabra der muslimische Glaube der Mutter sehr stark.
„Es ist für mich schwierig zu sagen, ob ich Moslem bin oder Hindu. Religion ist ein Instrument, um mit Gott zu reden. Insofern haben sowohl der Islam als auch der Hinduismus eine große Bedeutung für mich.“
So feiert Chhabra mit seiner Familie im hinduistischen Tempel Diwali, das Lichterfest der Hindus, oder Janmaschtami, den Geburtstag Krishnas, eines der hinduistischen Götter. Er fastet aber auch im Ramadan, dem muslimischen Fastenmonat, und zelebriert dessen Ende mit Şeker Bayramı, dem Zuckerfest, im großen Familienkreis. „Meine Mutter und mein Vater haben uns das vorgelebt: Sie haben ihren Glauben gegenseitig immer sehr ernst genommen und an den religiösen Zeremonien des anderen teilgenommen“, erzählt er.
Einen besonders wichtigen religiösen Feiertag gibt es für ihn nicht. „Gott ist es egal, ob Feiertag ist. Zu ihm kann ich immer sprechen. Es sind die Momente mit der Familie, die die Feiertage besonders machen.“
Chhabras Eltern war es wichtig, dass ihr Sohn die Sichtweisen unterschiedlicher Religionen kennenlernt. In der Schule verpflichteten sie ihn deshalb auch zum evangelischen Religionsunterricht.
Auch der Heiligabend war im Hause Chhabra kein Tag wie jeder andere: „Wir feiern zwar nicht so direkt Weihnachten, wie man das kennt, mit Weihnachtsbaum und so weiter. Aber früher, als ich kleiner war, da gab es schon auch ein paar Geschenke an Weihnachten“, sagt Chhabra schmunzelnd. Sein Vater arbeitete als Student jedes Jahr als gebuchter Weihnachtsmann. Das alte Kostüm hat er später auch für seine beiden Söhne wieder rausgeholt.
Vergangenes Jahr hat Rishabh Chhabra aber dann doch mal so ein richtiges christliches Weihnachtsfest gefeiert. Er verbrachte drei Monate in Brasilien: „Da habe ich alles mitgemacht: die Kirche, die katholischen Gebete, das Essen und den Weihnachtsbaum. Das war so, wie ich mir die Feiern deutscher Familien immer vorgestellt habe – außer dass es übertrieben warm war. Es waren über zwanzig Grad.“
Collage: Bureau Chateau / Jannis Pätzold