Thema – Terror

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Was geschah am 7. Oktober 2023?

Wenn in Israel die Sirenen einen Raketenangriff melden, reagiert man, ohne nachzudenken. So auch am frühen Morgen des 7. Oktober 2023, einem sonnigen Samstag, der als schwärzester Tag in Israels Geschichte eingehen wird

Einschusslöcher an der Decke eines Hauses in Kfar Aza, Israel

Achtung: Dieser Text enthält Schilderungen von Gewalt.

Um kurz nach 6.30 Uhr Ortszeit riss das Heulen der Sirenen die Menschen im Süden und im Zentrum Israels aus dem Schlaf. Der Blick auf das Telefon aber irritierte. Die meisten Israelis haben eine der Raketenwarn-Apps installiert, auch melden die israelischen Medien Angriffe immer sofort als Eilmeldung. An diesem Morgen aber schwiegen die Telefone, keine Warn- und keine Eilmeldung. Später wurde klar, dass die Hamas systematisch die Warnsysteme zerstört hatte. Das wusste zu diesem Zeitpunkt noch kaum jemand. Wer keinen eigenen Schutzraum in der Wohnung hatte, flüchtete sich in den Hausflur oder Keller, traf dort Nachbarn, die scherzten: „Vielleicht ist ein Soldat eingenickt und mit dem Kopf auf den Alarmknopf gefallen!“

Beim zweiten Alarm, etwa 20 Minuten später, war das Lachen vergangen. Über soziale Medien verbreiteten sich erste Videos, die das Grauen jenes Tages ankündigten. Ungefähr 3.000 palästinensische Terroristen, überwiegend der Terrororganisation Hamas, drangen aus dem Gazastreifen nach Israel ein. Sie hatten an fast 30 Stellen den sechs Meter hohen Grenzzaun gesprengt. Noch war die Nachrichtenlage völlig unklar, aber eindeutig war: Mit dem Eindringen der Terroristen war Israels Albtraum wahr geworden.

Israel, gegründet als Sicherheitsversprechen jüdischen Lebens, konnte an diesem Tag seinem Auftrag nicht nachkommen. Propagandavideos der Terroristen, Aufnahmen und Aussagen der Überlebenden dokumentieren die Gräuel dieses Tages. Die Terroristen überfielen die israelischen Militärbasen (die unter anderem dafür zuständig sind, die Zivilbevölkerung zu alarmieren, und es aufgrund der Überfälle nicht konnten), sie überfielen die Kibbuzim direkt an der Grenze zu Gaza, sie verübten ein Massaker auf dem Musikfestival „Nova“, das auf einem freien Feld zwischen zwei Kibbuzim stattfand.

 
Re'im (Foto: Jim Hollander/UPI/laif)
Angehörige trauern an einer Gedenkstätte in Reʿim, nahe der Grenze zum Gazastreifen: Beim Musikfestival Nova am 7. Oktober hatte die Hamas Feiernde überfallen und ermordet (Foto: Jim Hollander/UPI/laif)

Die Terroristen töteten, wen sie treffen konnten, vergewaltigten Frauen, schändeten Leichen oder im Sterben liegende Menschen und verübten laut Zeugenaussagen noch weitere Gräueltaten. Menschen wurden in Autos verbrannt, konnten später nur anhand von Knochenresten identifiziert werden. Ähnliche Szenen spielten sich in den Kibbuzim ab: Kinder mussten mit ansehen, wie ihre Eltern hingerichtet wurden. Eltern, wie ihre Kinder geschändet wurden.

Mehr als 1.200 Menschen wurden am 7. Oktober getötet

Die Terroristen hielten mehrere Orte und umliegende Straßen über Stunden unter Kontrolle. Auch deshalb dauerte es bis zum Abend, bis die Dimension des Angriffs deutlich wurde, inklusive der massenhaften Geiselnahmen. Bei dem über Monate geplanten Angriff verschleppten die Terroristen mehr als 240 Menschen nach Gaza. Mindestens 1.200 Menschen wurden an dem Tag getötet. Das sind mehr als während der gesamten Zweiten Intifada, der mehrjährigen Phase palästinensischer Terroranschläge Anfang der 2000er-Jahre. Die Hamas-Gräuel vom 7. Oktober stellen den schwersten Angriff auf jüdisches Leben seit dem Holocaust dar.

Auf den Angriff der Hamas folgte der schwerste Krieg in Gaza seit Bestehen des israelisch-palästinensischen Konflikts. Die Ziele: Die Hamas sollte zerstört und die Geiseln befreit werden. Für die Hamas sind die Geiseln eine Art Lebensversicherung und Verhandlungsmasse. Mitte November einigten sich Israel und die Terrorgruppe erstmals auf ein Abkommen − etwas mehr als 100 israelische Geiseln wurden freigelassen, ausschließlich Frauen und Kinder. Israel entließ dafür 240 palästinensische Insassen aus israelischen Gefängnissen, ebenfalls nur Frauen und Kinder – oder in diesem Fall Jugendliche. Gemessen an der Einwohnerzahl Israels gilt der Hamas-Angriff als einer der weltweit tödlichsten Terrorangriffe der modernen Geschichte.

Der Krieg in Gaza dauert immer noch an.

Titelbild: Gianluca Cecere/laif

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.