384.000 Jäger sind laut Deutschem Jagdverband in den hiesigen Wäldern unterwegs, knapp 20 Prozent mehr als noch vor 30 Jahren. Theodor Heuss hätte diese Entwicklung wohl nicht gefallen. Die Jagd, sagte er mal, sei eine „Nebenform menschlicher Geisteskrankheit“. Heuss musste als erster deutscher Bundespräsidenten mit anderen Staatsoberhäuptern und Diplomaten auf Jagd gehen und konnte dieser Beschäftigung – zumal als Vegetarier – wenig abgewinnen. Ob man Tiere töten und essen darf, ist eine moralische Frage, die Vegetarier und Fleischesser naturgemäß unterschiedlich beantworten. Seit jeher provoziert die Jagd Kritik von Tierschützern und Jagdgegnern.
Jagen ist in Deutschland erlaubt und wird sogar im Grundgesetz erwähnt. Das Bundesjagdgesetz gibt den Rahmen vor, zum Beispiel, welche Pflichten Jäger haben und welche Tierarten geschossen werden dürfen. Die Jagdgesetze der Bundesländer füllen diesen Rahmen mit Details: Jagdbehörden müssen genehmigen, wie viele Tiere von welcher Art in einem Jahr innerhalb eines Gebietes abgeschossen werden dürfen. Viele Tierarten, wie Rehe, Wildschweine oder Waschbären, würden sich ohne die Jagd zu stark vermehren, weil sie in Deutschland keine oder kaum natürliche Feinde haben. Deshalb sollen Jäger den Wildbestand regulieren – nicht zuletzt, um die Natur zu schützen. Wild lebende Tiere können Felder oder junge Bäume zerstören, die im Wald nachwachsen.
Das Wild soll von Jägern aber nicht nur geschossen werden. Das Jagdrecht verpflichtet sie zur sogenannten Hege: Die Jäger sollen für „artenreichen und gesunden Wildbestand“ sorgen und die Lebensgrundlage der Tiere sichern. Im Winter kann das auch bedeuten, sie zu füttern. Was Jagdgegner wiederum kritisieren, weil durch die Hege der Bestand künstlich hoch gehalten werde. Sie fordern, dass Tieretöten kein Hobby sein, sondern nur von Berufsjägern ausgeübt werden darf, die das Handwerk gut und treffsicher beherrschen.
Wirbeltiere dürfen nur aus einem „vernünftigen Grund“ getötet werden
Derzeit darf Jagen, wer einen Jagdschein besitzt. Für den „vollen“ Jagdschein muss man volljährig sein, eine ausreichende Haftpflichtversicherung vorweisen und vor allem die Jägerprüfung bestanden haben, die in den Bundesländern unterschiedlich geregelt ist und meist einen Lehrgang erfordert. Außerdem muss man nach dem Waffengesetz als „zuverlässig“ gelten, darf also beispielsweise nicht wegen eines Verbrechens verurteilt worden sein.
Selbst wenn man den Jagdschein hat, darf man nicht einfach losziehen, um besonders schöne, große oder seltene Tiere zu erlegen. An der „Trophäenjagd“ wird heftige Kritik geübt, gesetzlich ist diese Art der Jagd nicht abgedeckt. Laut Tierschutzgesetz dürfen Wirbeltiere nur aus einem „vernünftigen Grund“ getötet werden. Die pure Lust am Schießen oder an besonderen Trophäen darf es nicht sein, die Lust auf den Verzehr von selbst erlegtem Fleisch hingegen schon. Das ist einer der Gründe, weshalb die 22-jährige Lilli Schulte jagen geht. Im Sommer hat sie das „Grüne Abitur“, die staatliche Jagdprüfung, abgelegt und kann nun selbst auf die Jagd gehen. Wir waren bei einer ihrer ersten dabei.
Text: Niklas Prenzel
Wir danken der Jagdschule Jagwina und der Bar „Herr Lindemann“ für die Dreherlaubnis und Zusammenarbeit.