Die Halloweenparty ist mies, die Stimmung bei Vanessa und Lina auch. Ob es etwas damit zu tun hat, dass Anton und Matteo auf einer anderen Party um die Ecke sind? Schlechtes Thema.
Als Lina und Anton vor ein paar Tagen nach einem Treffen mit allen nach Hause gefahren sind, meinte er, dass er mal mit ihr reden müsse. „Da hab ich nur gedacht: Entweder er will rummachen. Oder das war’s.“ Es war Letzteres. Es tue ihm leid, sagt Anton, aber er wolle sich gerade ungern auf etwas einlassen.
Gegen 22 Uhr treffen die beiden Partys auf der Straße aufeinander und damit auch Lina und Anton. Beide haben Sekunden, um zu entscheiden, ob sie sich jetzt ignorieren, verstecken oder ganz normal sein sollen. Anton schaut verunsichert zu Lina und setzt schließlich zur Umarmung an. Lina streckt ihm die Hand entgegen. Ein kurzes „Hi“, das war’s. „Wir sind immer noch gut miteinander“, sagt Lina. „Aber er hat mich gedumpt.“ Sie erzähle ihm jetzt erst mal nichts mehr von sich.
Kommunizieren heißt oft taktieren
Auch Vanessa und Matteo scheinen sich heute fürs Ignorieren entschieden zu haben. Vergangenes Wochenende hat er ihr nach der Party noch geschrieben: „Mit wem bist du gerade? Wollen wir uns morgen Nachmittag treffen?“ Jetzt wartet Vanessa vergeblich darauf, dass er bei Snapchat antwortet. „Aber er sieht sich noch meine Insta- Storys an.“
Kommunizieren heißt oft taktieren. Vor ein paar Tagen hatten Vanessa und Matteo eine ähnliche Situation. Sie hat ihm morgens ein Foto geschickt, um 17 Uhr wartet sie immer noch auf die Antwort. Dabei sei es auf Snapchat schon richtig lang, eine halbe Stunde nicht zu antworten. Als Matteo gegen 18 Uhr eine Nachricht schickt, ringt sie den restlichen Abend mit sich, ob sie die Nachricht öffnet. Das würde er ja sehen. Immer wieder nimmt sie ihr Handy in die Hand, legt es wieder weg, zieht sich nervös die Hoodieärmel über ihre Handgelenke. „Ich struggle gerade richtig hart.“ Aber wenn sie warten muss, muss er es auch. Ein Klassiker.
Manchmal machen die beiden Fake-Rundsnaps, um mehr Aufmerksamkeit von Matteo und Anton zu bekommen: Snaps, die wirken, als gingen sie an mehrere Personen, aber tatsächlich bekommt sie nur der Crush. Auch die Entscheidung, wer wem bei Snapchat gerade seinen Standort anzeigen lässt, wird gerne mal als Signal gewertet.
Dieser Text ist im fluter Nr. 89 „Liebe“ erschienen
Das Taktieren lässt sich auch hier draußen auf der Straße beobachten. Es regnet. Und während sich Lina wieder nach drinnen verzogen hat, zieht Vanessa ihre Kreise, immer um Matteo herum, aber nicht zu ihm.
Lina verdreht die Augen: „Die beiden gehen einem schon manchmal auf die Nerven. Mich würde dieses Hin und Her zerstören. Auch wenn mein Crush mit einer anderen was hätte.“ Vanessa nimmt das erste Verliebtsein, Rummachen, den ersten Liebeskummer – dieses Wirrwarr, in dem sie gerade stecken, mittlerweile gelassener: „So ist immer dieser Reiz da, dieses Besondere. Das macht das Leben spannend.“
Illustration: Renke Brandt