An der Ostküste der USA, ungefähr eine Autostunde östlich von Washington, D.C., liegt die Chesapeake Bay, eine riesige, südwärts zum Atlantik verlaufende Bucht. Mittendrin: eine kleine, sumpfige Insel namens Tangier Island. Rund 700 Menschen leben laut Schätzung der US-amerikanischen Statistikbehörde auf den drei Quadratkilometern – noch. Denn: Die Insel schrumpft. Mehr als vier Meter Küstenlinie werden jährlich vom Meer verschluckt. Da der höchste Punkt der Insel gerade mal einen guten Meter über dem Meeresspiegel liegt, haben die Einwohner jetzt schon regelmäßig mit Überschwemmungen zu kämpfen. Laut einer Studie der US-Armee könnte ihre Heimat in rund 25 Jahren verschwunden sein.
Einfluss auf das gottgemachte Klima? No Way!
Die Ursache für ihren Untergang? Erosion und der Klimawandel. Daran, dass der Mensch für letzteren verantwortlich ist – und daher auch dringend handeln muss –, glauben aber nicht alle Inselbewohner.
Das liegt womöglich auch an der tiefen Religiosität der Bewohner. Beeinflusst von Jahrhunderten der Isolation hat sich auf Tangier eine streng konservativ-christliche Kultur entwickelt. Dass Menschen überhaupt einen Einfluss auf das gottgemachte Klima haben können, erscheint manchen einfach nicht nachvollziehbar.
Einer von ihnen ist Tangiers Bürgermeister, der Krabbenfischer James Eskridge. 2017 sorgte er für Aufsehen, als er sich in einer Fernsehdiskussion zu Wort meldete und seinen Zweifel am steigenden Meeresspiegel verkündete. Im selben Jahr noch warnten Klima-Aktivisten der konservativen Initiative „republicEn“ das Städtchen vor dem steigenden Meeresspiegel und davor, dass die Insel früher oder später ganz aufgegeben werden müsse.
Die vom Bürgermeister favorisierte Lösung: eine Mauer
Die Menschen von Tangier Island wollen bleiben. Bürgermeister Eskridge sieht die Lösung in einer Art Schutzwall, einer die Insel umschließenden Mauer. Eine vage Unterstützung bei diesem Vorhaben sprach ihm sogar Präsident Trump persönlich zu, für den bei der Präsidentschaftswahl 87 Prozent der Einwohner*innen gestimmt hatten – und der den menschengemachten Klimawandel offen leugnet. Ob eine Mauer die Insel auf Dauer vor dem Untergang bewahren kann? Die Bewohner hoffen jedenfalls auf einen Baubeginn in diesem Jahr.