Dieser Text beginnt im Kleinen; mit einem winzigen Ei im Ozean. Aus diesem Ei entwickelt sich ein Ruderfußkrebs, ein tierisches Plankton, nur zwei Millimeter groß. Der Ruderfußkrebs sieht ein bisschen aus wie eine Assel mit zwei Antennen am Kopf, die länger sind als der Körper. Doch gäbe es den Ruderfußkrebs nicht, würden wohl auch viele Fische verschwinden.
Denn der kleine Krebs und die vielen anderen Planktonlebewesen spielen eine wichtige Rolle im Meer: Sie sind nicht nur Nahrung für viele Fische (oder Säugetiere wie den Blauwal), sie helfen auch dabei, Kohlendioxid in die Meerestiefe zu transportieren. Denn wenn es dämmert, steigt der Ruderfußkrebs aus den Tiefen an die Meeresoberfläche, frisst dort pflanzliches Plankton und nimmt das darin gespeicherte CO₂ mit in die Tiefe, wo es in den Ausscheidungen am Meeresboden gebunden wird.
Doch was passiert, wenn es wärmer wird? Wegen des Klimawandels wird Meereis weniger intensiv ausgebildet, es schmilzt schneller. So gelangt mehr Licht in die obersten Meeresschichten, und die Phytoplanktonblüte beginnt in einigen Gebieten früher. Es kann sein, dass der Höhepunkt der Blüte schon vorbei ist, wenn der Ruderfußkrebs nach Nahrung sucht. Die Folge könnte sein: Die Ruderfußkrebse werden weniger, Fischlarven von Hering und Kabeljau, die sich von ihnen ernähren, haben weniger zu fressen. Und letztlich auch der Mensch.
Der Lebensraum Meer muss geschützt werden
Dieser Zusammenhang zwischen den kleinen Krebstieren und dem Überleben anderer Lebewesen ist nur ein Beispiel für das sensible Gleichgewicht in den Meeren, das vom Klimawandel extrem bedroht ist. Darum muss der Lebensraum Meer geschützt werden, so fordern es seit 2015 die Vereinten Nationen in den Sustainable Development Goals. Unter Ziel 14 – „Leben unter Wasser“ – heißt es: „Wie wir mit dieser lebenswichtigen Ressource umgehen, ist von entscheidender Bedeutung für die Menschheit als Ganzes und zum Ausgleich der Auswirkungen des Klimawandels.“
Trotz der Zielsetzung der UN sieht es momentan nicht gut aus für die Meere: Die Erwärmung der Ozeane hat sich in den letzten Jahrzehnten noch beschleunigt, wodurch es häufiger zu sogenannten marinen Hitzewellen kommt, die obendrein intensiver werden. Darüber hinaus verringert sich durch die vermehrte Aufnahme von Kohlendioxid der pH-Wert des Meerwassers; der Säuregehalt der Ozeanoberfläche steigt an. Zudem geht der Sauerstoffgehalt bis in eine Tiefe von 1.000 Metern zurück, wodurch sich die Lebensbedingungen für viele Arten verschlechtern. Auch in diesem Fall sind – wie beim Ruderfußkrebs – ganze Nahrungsketten betroffen.
Hinzu kommt der Anstieg des Meeresspiegels. Das Meerwasser dehnt sich vor allem durch die Erwärmung aus, schmelzende Gletscher und Eisschilde in Grönland und der Antarktis füllen die Ozeane mit zusätzlichem Wasser. Bereits im Zeitraum von 1901 bis 2010 ist der globale mittlere Meeresspiegel um etwa 19 Zentimeter angestiegen, in den vergangenen 20 Jahren hat sich diese Entwicklung beschleunigt – mit Folgen für das Leben auf der Erde. 250 Millionen Menschen leben zurzeit in Küstenregionen, die weniger als einen Meter über dem Meeresspiegel liegen – und sind damit potenziell in Gefahr.
Der Südseestaat Kiribati könnte schon in 30 Jahren versunken sein
Wirbelstürme, extreme Niederschläge, Tsunamis, Überflutungen und die Erosion von Landflächen könnten ihnen ihr Zuhause nehmen. Wenn der Meeresspiegel bis Ende des Jahrhunderts um einen Meter ansteigt, wie manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler befürchten, würden ganze Länder und Küstenstädte untergehen – und die Zahl der Klimaflüchtenden in die Höhe schnellen. Der Südseestaat Kiribati könnte laut Prognosen der UN sogar schon in 30 Jahren versunken sein.
Während es an vielen Orten wärmer wird, könnte es einer anderen Theorie nach in manchen Teilen Europas sogar kälter werden. Das wiederum liegt am Golfstrom, der warmes Wasser vom Golf von Mexiko in den Norden Europas transportiert und dort für ein gemäßigtes Klima sorgt. Dazu braucht es einen Sog, der durch absinkendes schweres Salzwasser entsteht. Schmilzt das Eis in Grönland, so verringert das geschmolzene Süßwasser den Salzgehalt des Meeres. Das Wasser ist also weniger schwer, sinkt weniger stark ab – wodurch der Golfstrom ganz zum Erliegen kommen könnte und es in Nordeuropa kälter würde.