„Wenn Frauen Frauen lieben“. Der deutsche Untertitel reicht fast, um den Erfolg zu erklären. „The L Word“ war 2004 die erste aufwendige Mainstream-Serie, die lesbische Liebe ins Zentrum stellte. Und mit ihr Coming-outs, künstliche Befruchtung, Schwangerschaftsabbruch und lesbischen Sex.

Zum Deutschlandstart der Neuauflage haben wir queere Frauen gefragt, was ihnen „The L Word“ bedeutet – und ob die Fortsetzung „The L Word: Generation Q“ an den Erfolg anknüpfen kann.

„Ich bin froh, dass ich ‚The L Word‘ nicht in der Pubertät geschaut habe“

Sophya, 24

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Sophya

Foto: privat

„Ich habe die Serie mit 19 gesehen, ein Jahr nach meinem Outing. Meine damalige Freundin wollte gar nicht glauben, dass ich die Serie nicht kenne – so ziemlich jede lesbische Frau hatte sie geschaut. Ich dann also auch.

Ich konnte mich gleich mit Bette identifizieren. Es gibt viele Parallelen zwischen ihrem Charakter und mir. Wir beide arbeiten in einer Galerie, sind mit einer bisexuellen Frau zusammen und People of Color mit einem schwarzen Elternteil.

Ich bin aber froh, dass ich ‚The L Word‘ nicht in meiner Pubertät geschaut habe – sonst hätte mir der kritische Blick gefehlt. Die Show macht viel richtig, aber auch vieles falsch: Transpersonen werden nicht gut dargestellt, die Serie kommt ziemlich bi-feindlich rüber, People of Color sind superwild, aufbrausend und haben am meisten Sex.

Die neue Staffel habe ich bereits gesuchtet. Es gibt einfach zu wenige Filme und Serien, in denen lesbisches Leben repräsentiert wird, vor allem im Mainstream. Bei aller gerechtfertigten Kritik wünsche ich mir deshalb auch, dass möglichst viele Menschen die Serie anschauen. Und dass ich viele weitere Staffeln sehen kann.“

„Als ich die Serie gesehen habe, war ich 22 und noch mit einem Mann zusammen“

Rosalie, 29

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Rosalie

Foto: Mara Fischer

„Als ich ‚The L Word‘ geschaut habe, war ich 22 und mit einem Mann zusammen. Ich stand kurz vor meinem Outing, über das ich im konservativen Erlangen mit niemandem sprechen konnte. Die Serie hat mich also durch eine Zeit begleitet, die wirklich schwer war.

Ich habe Homosexualität nie für unnormal gehalten. Aber ich war verwirrt und wollte den Mann, mit dem ich in einer Beziehung war, nicht verletzen. ‚The L Word‘ hat mir vermittelt, dass es völlig in Ordnung ist, dass mir mein Outing schwerfällt und dass ich mir Zeit lasse. Außerdem hat mir die Serie gezeigt, dass auch Lesben Eltern werden können.

Die erste Staffel von 2004 schaue ich gerade mit meiner Freundin – und muss sagen: Ich finde sie immer noch gut. Die Fortsetzung ‚Generation Q‘ sehe ich mir auf jeden Fall an. Ich hoffe, dass sie mehr Themen abseits von Homo- und Heterosexualität abbildet.“

„‚The L Word‘ hat mir gezeigt, dass es mehr gibt als die eine, heteronormative Gesellschaft“

Fiona, 24

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Fiona

Foto: Flora Löffelmann

„Nach queeren Inhalten habe ich zum ersten Mal mit 13 gegoogelt. So kam ich auf ‚The L Word‘, das ich mir heimlich im Kinderzimmer angeschaut habe. Damals wusste ich, dass ich weder homo- noch heterosexuell bin; heute weiß ich, dass ich bisexuell bin.

Teenager, die ihre Sexualität infrage stellen, fühlen sich merkwürdig. Queerness in den Medien zu zeigen kann das ein bisschen ändern. ‚The L Word‘ hat mir gezeigt, dass es mehr als die eine heteronormative Gesellschaft gibt, so richtig identifizieren konnte ich mich aber mit keinem Charakter. Kein Wunder: Der Schauplatz Los Angeles war ganz anders als meine Realität in Neuss, wo ich aufgewachsen bin, und Bisexualität war in der Show immer eher der Running Gag: Die einzige Bisexuelle wurde geshamt.

Die Neuauflage schaue ich mir auf jeden Fall an. Ich bin gespannt, wie die Themen heute behandelt werden und wie die queere Szene gezeichnet wird. Ich schätze, für viele problematische Inhalte der alten Staffeln gab es damals einfach zu wenig Aufmerksamkeit – in den vergangenen Jahren hat sich aber viel getan.“

Und wie ist die Fortsetzung „The L Word: Generation Q“?

von Eva Tepest

Im Mittelpunkt der „Generation Q“ stehen drei altbekannte Gesichter: Alice (Leisha Hailey) hostet eine „Ellen“-ähnliche Talkshow, Shane (Katherine Moennig) hadert immer noch mit Anspruch (glückliche Ehe) und Realität (betrunkener Sex mit Angestellter) ihres Liebeslebens und Bette (Jennifer Beals) kandidiert als Bürgermeisterin von Los Angeles. So weit, so konsistent.

Immerhin: Die „Generation Q“ lebt und liebt nicht mehr im alten LGBTI-Szeneviertel West Hollywood, sondern im Hipsterstadtteil Silver Lake und wird dort von einem halben Dutzend neuer Charaktere aufgemischt.

Und obwohl die Fortsetzung Filmbusiness gegen Latinx Community eintauscht und schicke Boutiquen gegen Kunstgalerien: Silver Lake ist teuer. Und ultragentrifiziert. Das haben Reboot und Original gemein: Die meisten Charaktere im „The L Word“-Universum sind wohlhabend oder zumindest Mittelschicht. Es war und bleibt eine Serie, bei der selbst diejenigen am unteren Ende der Einkommensleiter Zugang zu einem Swimmingpool haben.

The L Word Cast (Foto: Hilary Bronwyn Gayle / SHOWTIME)

Das Reboot ist der „Generation Q“ gewidmet, aber so ganz abgemeldet ist die Generation L (von links: Alice, Shane und Bette) noch nicht

(Foto: Hilary Bronwyn Gayle / SHOWTIME)

Pluspunkte sammelt „Generation Q“ auf einem anderen Gebiet: Diversität. So ist Transmann Micah (Leo Sheng) anders als Max (Daniela Sea) im Original nicht zu ewigem Leid verdammt, sondern ein halbwegs ausgestalteter Charakter. In einer Nebenrolle gibt es zumindest eine Transfrau (gespielt von „Sense8“-Star Jamie Clayton), und insgesamt sind so viele nichtweiße Darsteller*innen vertreten wie wahrscheinlich in allen sechs Staffeln des Originals zusammen.

 

Die Diversitätsbemühungen zeigen sich auch im Plot der Show: Opioidkrise? Check! Religion und Queerness? Check! Obdachlose LGBTI-Jugendliche? Check! Vor lauter angestrengter Themenvielfalt kommt nur leider die Entwicklung der Charaktere zu kurz.

Mittlerweile hat „The L Word“ ordentlich queere Serienkonkurrenz

Das liegt auch daran, dass Shane, Bette und Alice die Fixsterne des Reboots darstellen – nicht zuletzt, weil sie die Vorgesetzten der neuen Hauptfiguren sind. Diese Hierarchie lässt sich vielleicht erklären – die Altvorderen Beals, Moennig und Hailey haben „Generation Q“ mitproduziert –, lähmt aber den Spannungsaufbau. Eine Serie, deren Qualitätsmerkmal es ist, eine lesbisch-queere Serie zu sein, hätte durchaus die Gelegenheit gehabt, Generationenkonflikte mehr herauszuarbeiten: Was bedeutet es, wenn sich immer weniger Personen als lesbisch identifizieren? Wie geht die Community mit dem Erbe von Bi- und Transfeindlichkeit um? In solchen Konflikten gerät „Generation Q“ wesentlich uninteressanter als die Sky-Serie „Work in Progress“, in der Butch Abby einen wesentlich jüngeren Transmann datet, oder die Webserie „Her Story“ über das lesbische Coming-out der Transfrau Violet (Jen Richards).

Seit „The L Word“ 2004 Premiere feierte, hat sich zum Glück einiges getan auf den Bildschirmen. Serien wie „Pose“ und „Transparent“ haben komplexe queere Charaktere in den Mittelpunkt gerückt, das ziemlich lesbische „Orange Is The New Black“ ist eine der meistgesehenen Netflix-Serien. Trotzdem ist sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in Serien und Filmen immer noch dramatisch unterrepräsentiert. Allein aus diesem Grund ist es erfreulich, dass „Generation Q“ bereits für eine zweite Staffel verlängert wurde. Bleibt zu hoffen, dass die Showrunner ein paar aufmüpfigere Storys liefern.

„The L Word – Generation Q“ läuft ab 15. April auf Sky und Sky Ticket. Alle sechs Staffeln „The L Word“ seht ihr bei Amazon Prime.