Lena (Nhung Hong), Inken (Kya-Celina Barucki) und Vicky (Julia Novohradsky) beim Tanzen

Hot girl summer anyone?

Im Nullerjahre-Kultfilm „Mädchen Mädchen“ wollten drei Freundinnen endlich einen Orgasmus erleben. Nun kommt das Remake ins Kino – und ist erfreulich divers und empowernd

Von Kathrin Hollmer
Thema: Körper
3. Juli 2025

Worum geht’s?

Um Inken (Kya-Celina Barucki), Vicky (Julia Novohradsky) und Lena (Nhung Hong), alle drei um die 17 Jahre alt und beste Freundinnen. Theoretisch freuen sie sich auf den bevorstehenden „Hot Girl Summer“. Praktisch lassen sie sich von der Clique um Chayenne (Zoë Pastelle Holthuizen) direkt die Laune verderben, als die sich über die Brüste ihrer Mitschülerinnen lustig macht und selbst mit multiplen Orgasmen prahlt. Diesen Sommer wollen die drei Freundinnen endlich auch zum Höhepunkt kommen. Bisher hat es nicht geklappt – die Jungs, mit denen sie geschlafen haben, haben sich vor allem um ihre eigene Befriedigung gekümmert.

Gut zu wissen:

Der Plot kann einem durchaus bekannt vorkommen. „Mädchen Mädchen“ ist das Remake von Dennis Gansels gleichnamiger Komödie aus dem Jahr 2001 mit Diana Amft, Karoline Herfurth und Felicitas Woll als Inken, Lena und Vicky. Der Film war damals mit 1,8 Millionen Kinobesuchern ein Überraschungserfolg. Die Neuauflage verlegt die Handlung von München in eine nicht näher definierte Kleinstadt und vom Volleyballplatz ins Freibad. Beim Plot, der Figurenkonstellation und sogar den Rollennamen bleibt das Remake nah am Original. Die ikonische Szene, in der Inken ihren ersten Orgasmus auf ihrem neuen Fahrrad erlebt, kommt wieder vor, ebenso Lenas Versuch, ein Kondom über den Kopf zu ziehen und mit der Nase aufzupusten. 

Inkens (Kya-Celina Barucki) hat auf dem Fahrrad einen Orgasmus

Neues Fahrrad, neue Möglichkeiten: Inkens Orgasmusszene hat es auch in die Neuverfilmung von „Mädchen Mädchen“ geschafft  

Wer erzählt hier – und wie?

Die Regisseurin Martina Plura und ihre Zwillingsschwester und Kamerafrau Monika Plura haben flirrende Sommerbilder im Freibad und von Partys unter freiem Himmel eingefangen. Vor allem aber bleiben sie nah an ihren Hauptfiguren. Der Film nimmt die Ängste und Unsicherheiten der Figuren ernst. Die Drehbuchautorin Katharina Kiesl hat an den richtigen Stellen modernisiert. Das Einfühlungsvermögen der Filmemacherinnen merkt man zum Beispiel an der dezent gefilmten Szene, in der die Hauptfiguren zu einem Hörspiel masturbieren (Intimitätskoordination: Katharina Haudum). Der Fokus bleibt die meiste Zeit auf ihren Gesichtern statt voyeuristisch auf ihren Körpern. Manche Bilder wirken dagegen leider wie der „Male Gaze“, also der objektivierende männliche Blick, der im Original vor 24 Jahren immer wieder hervorkam – zum Beispiel, wenn wiederholt Nahaufnahmen von Inkens Hintern auf dem Fahrrad gezeigt werden. Das hätte man im Remake besser lösen können.

Was ist anders?

Wie im Original trägt der Cast den Film, er ist aber wesentlich diverser. Lenas Love Interest Nick (Jamie-Lee Williams) ist eine Transperson, was im Film nicht groß thematisiert wird. Im Originalfilm wird angedeutet, dass Vicky sich auch zu Frauen hingezogen fühlt, im neuen bleibt es nicht bei verstohlenen Andeutungen: Vicky verliebt sich in Cheyenne, die Rivalin ihrer besten Freundin Inken. Lena ist auch im neuen Film die schüchternste der drei, schreibt aber unter einem Pseudonym erfolgreich erotische Geschichten im Internet. Während sich die Klassenkameradinnen im Original gegenseitig bodyshamen, halten nun sogar Rivalinnen zusammen. Etwa wenn der Apotheker Vicky beim Kauf eines Mittels gegen Vaginalpilz rät, sie solle lieber „ihre Beine zusammenhalten“, um Infektionen zu vermeiden.

Cheyenne (Zoë Pastelle Holthuizen) und Vicky (Julia Novohradsky) kommen sich im Pool näher

Läuft da was? In der 2025er-Version verliebt sich Vicky (rechts) in Cheyenne (links)  

Braucht es das?

Unbedingt! Ein Film über den weiblichen Orgasmus ist heute vielleicht nicht mehr progressiv. Vor allem international beschäftigen sich immer mehr Produktionen mit weiblicher Lust und vielfältiger Sexualität. Eines der bekanntesten Beispiele für ein junges Publikum ist die britische Netflix-Serie „Sex Education“. Angesichts der immer noch vorherrschenden Vorurteile und Tabus kann es aber gar nicht genug Filme und Serien geben, die einen reflektierten und lockeren Umgang mit Sexualität zeigen. Inken, Lena und Vicky hinterfragen beispielsweise Pornos, die vor allem für Männer gemacht sind, den „Orgasm Gap“, „Slut Shaming“ und Mythen über Jungfräulichkeit, ohne dass es belehrend wirkt. Der Film bestärkt seine Figuren und die Zuschauer:innen darin, selbstbestimmt durchs Leben zu gehen, zu sagen, was man will – und was nicht. 

„Mädchen Mädchen“ läuft ab dem 3. Juli 2025 im Kino.

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Fotos: Constantin Film Verleih / Petro Domenigg