Der Deutsche Bundestag ist nicht nur mehrheitlich weiß und männlich sondern auch überdurchschnittlich alt. Lediglich 21 der 709 Abgeordneten im deutschen Parlament sind zwischen 21 und 29 Jahre alt. Damit der Anteil junger Abgeordneter im Bundestag dem Anteil junger Menschen in der Bevölkerung entspräche, müssten 63 junge Politiker und Politikerinnen mehr im Parlament sitzen. In einem weltweiten Vergleich zur Repräsentation junger Menschen in Parlamenten steht Deutschland mit einem Anteil von nur 2,5 Prozent der Abgeordneten unter 30 im Bundestag auf Platz 38 von 128. Den ersten Platz belegt Schweden – hier liegt der Anteil der unter 30-Jährigen im nationalen Parlament bei 12,3 Prozent.
Nun könnte man argumentieren, dass die fehlende Repräsentation dadurch zustande kommt, dass junge Menschen nicht wählen gehen, und junge Abgeordnete dadurch nicht genügend Stimmen bekommen. Denn die Gruppe der 21 bis 25-Jährigen war bei den Bundestagswahlen 2017 diejenige Gruppe mit der niedrigsten Wahlbeteiligung – sie lag bei 67 Prozent und damit 9,2 Prozentpunkte unter dem allgemeinen Bundesdurchschnitt. Doch dieses Argument greift zu kurz. Denn selbst wenn mehr junge Menschen wählen gehen würden, verfügen junge Erwachsene im Vergleich zu anderen Altersgruppen einfach über weniger Macht. Von den rund 61,5 Millionen Menschen, die 2017 wahlberechtigt waren, waren nur rund 15 Prozent jünger als 30 Jahre. Die über 70-Jährigen machen dagegen mehr als 20 Prozent der Wahlberechtigten aus.
Der demographische Wandel hat aber nicht nur zur Folge, dass junge Leute weniger Einfluss auf die Zusammensetzung von Parlamenten haben. Die Anliegen junger Menschen spielen bei Wahlen auch eine untergeordnete Rolle: Steuern, Rente oder Innere Sicherheit standen in den Wahlprogrammen der etablierten Parteien 2017 an erster Stelle. Jugendthemen wie Bildung, Umwelt oder Digitalisierung waren hingegen meist Randthemen.
Viele Parteien versuchten sich durch neue Online-Formate der Lebensrealität junger Wähler und Wählerinnen anzunähern: So ließen sich die beiden Spitzenkandidaten Merkel und Schulz im Wahlkampf jeweils von YouTubern befragen. Andere Parteien setzten WhatsApp-Newsletter ein oder warben in täglichen Livestreams um Stimmen.
Eine Idee, wie junge Menschen besser in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden können, ist das Wahlrecht nach Eintragung. Dies wird von der „Stiftung für die Rechte zukünftiger Generationen“ gefordert. Kinder und Jugendliche sollen sich selbstständig ins Wahlregister eintragen können, sobald sie wählen wollen und nicht erst, wenn sie volljährig sind. In einigen Bundesländern dürfen Jugendliche bereits ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen wählen. In Bremen, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein hat sich die Senkung des Wahlalters mittlerweile auch auf Landesebene durchgesetzt. Eine Studie der Universitäten Osnabrück, Mainz und Frankfurt am Main zu den letzten Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, bei denen erstmals ab 16 gewählt wurde, zeigt: Diejenigen, die bereits mit 16 wahlberechtigt sind, sind politisch überdurchschnittlich gut informiert. Zusammen mit der Senkung des Wahlalters bräuchte es aber auch mehr Informationen und Bildungsangebote für Erstwähler und -wählerinnen. Denn die Studie zeigt auch, dass nur knapp über die Hälfte der Befragten mit formal niedriger Bildung angibt, an der Landtagswahl teilgenommen zu haben. Bei den Abiturienten sind es dagegen 87 Prozent.
Politisch engagieren können sich Minderjährige auch jetzt schon. Kinder- und Jugendparlamente vertreten ihre Anliegen in vielen Kommunen, und Parteimitglied kann man auch als Jugendlicher werden – zumindest in den Nachwuchsorganisationen der Parteien. Doch auch hier müssen sich die Parteien neue Strategien einfallen lassen, damit ihnen der Nachwuchs nicht abhanden kommt. Das Durchschnittsalter der Mitglieder, der im Bundestag vertretenen Parteien, lag 2017 bei rund 56 Jahren.