Thema – Corona

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Angst vor dem Piks

Nicht alle Menschen warten hoffnungsvoll auf einen Impfstoff gegen das Coronavirus

  • Ein Detlef D. Soost-Tutorial
Impfgegner

Wenn Detlef D. Soost junge Menschen das Tanzen lehrt, ist er hart bei der Sache. Alles muss sitzen, bis auf den kleinsten Trippelschritt. Aber wenn Soost selbst die Schritte vorgegeben werden, reagiert er gereizt. Zumindest wenn es um Impfungen geht. In seiner Facebook-Story postet er: „Impfpflicht ab 15.5??? Ohne die Möglichkeit selbst für meine Kinder, für meine Family entscheiden zu können, ob wir das wollen oder nicht ?????!!! Begrenzung der Grundrechte wenn ich das nicht tue ??? … Sind wir demokratisch oder diktatorisch ?????“ Mit dieser Reaktion ist er nicht der Einzige.

Die bunte Mischung der Impfgegner

In Deutschland grassiert ein neues Impfgegner-Fieber, angeführt von Schauspielern, Sängern, Influencern, Kochbuchautoren, Esoterikern und Akteuren vom rechten Rand. Das Spektrum ihrer Ansichten ist weit: Einige verbreiten Verschwörungsideologien. Etwa dass Bill Gates mit der Corona-Impfung Mikrochips in die Menschen einpflanzen will, um sie zu kontrollieren, oder dass er zum Ziel habe, die Menschheit mit dem Stoff zu dezimieren.

Andere Impfgegner machen sich vor allem Sorgen, dass der Staat sie mit einer Corona-Impfpflicht zu dem kleinen Piks und seinen möglichen Nebenwirkungen zwingt – und somit in ihre körperliche Unversehrtheit und ihr Selbstbestimmungsrecht eingreift. Die Bundesregierung hat mehrfach versichert, dass es keine Impfpflicht geben wird, davon scheinen aber nicht alle überzeugt zu sein. In der Debatte um die Corona-Impfung vermischen sich Verschwörungsideologien, die einzelnen Menschen oder Gruppen fernab jeder Beweisbarkeit böswillige Geheimpläne zuschreiben, mit der Skepsis von Impfgegnern, die in Deutschland schon vor Corona in die Öffentlichkeit drängten.

Der Mediziner Steffen Rabe setzt sich mit seinem Verein „Ärzte für individuelle Impfentscheidung“ lautstark gegen jede Impfpflicht ein. Er selbst sieht sich nicht als Impfgegner, sondern als Impfkritiker. Laut einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) sieht etwa ein Fünftel der Deutschen Impfen teilweise kritisch. Für Rabe ganz schlüssige Zahlen: „Es gibt Impfstoffe, die Sinn machen, andere machen keinen.“

„Von einem sorgfältig zugelassenen Impfstoff sind wir Lichtjahre entfernt“

Bei guten Impfstoffen, wie etwa bei Masern, folgten die Menschen der Empfehlung einer Impfung fast zu 100 Prozent. Keuchhusten- oder Influenzaimpfungen zum Beispiel seien aber problematischer – weil die Wirkung infrage stehe und mögliche Nebenwirkungen teils kritisch beurteilt werden. Diese Impfungen machten nur die Pharmakonzerne reicher. Aber was spricht gegen einen Sars-CoV-2-Impfstoff?

„Nichts“, findet Rabe, wenn er sorgfältig zugelassen, kurz- und langfristig gut verträglich und wirksam sei. „Von so einem Impfstoff sind wir aber Lichtjahre entfernt.“ Er findet es fahrlässig, einen Impfstoff im Schnellverfahren durchzuwinken. Dazu gibt es jedoch durchaus verschiedene Positionen. Das Bundesgesundheitsministerium prüft etwa gerade, ob ein Genehmigungsverfahren verkürzt werden könnte, ohne dass dies auf Kosten der Sicherheit geht.

Frank Ulrich Montgomery, der Ehrenvorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, fordert eine Corona-Impfpflicht. Politiker verschiedener Parteien stimmen zu, die Bundesregierung nicht. Dass die Diskussion um eine verpflichtende Impfung Futter für Verschwörungstheorien ist, überrascht Cornelia Betsch, Professorin für Gesundheitskommunikation an der Uni Erfurt, nicht.

Impfgegner sind anfälliger für Verschwörungstheorien

In Studien hätten sie und ihre Kollegen festgestellt, dass viele der Teilnehmer einerseits glaubten, das neuartige Coronavirus komme als menschengemachte Biowaffe aus einem Labor, und gleichzeitig, dass das Virus eine Erfindung der Mächtigen sei. Zahlreiche Studien hätten belegt, dass Impfgegner anfälliger für Verschwörungstheorien sind. Bei den beiden Gruppen paart sich eine Wissenschaftsfeindlichkeit mit dem Gefühl, von Menschen mit mehr Macht bevormundet zu werden.

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Die Einschätzung des Robert Koch-Instituts zum Impfen ist indes eindeutig: Die dort angesiedelte Ständige Impfkommission (STIKO) spricht Empfehlungen aus, welche Impfungen wann und in welchem Alter nötig sind. Das Ziel ist, dass möglichst viele Menschen immun gegen Krankheiten wie Masern, Pocken oder Hepatitis werden. Je mehr Menschen geimpft sind, desto schneller könnten die Krankheiten regional und schließlich weltweit ausgerottet werden. Bei der Kinderlähmung ist das in Europa und Nordamerika bereits gelungen.

Gesundheitspolitiker quer durch alle Parteien weisen die Argumente der Impfgegner demonstrativ zurück. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listet Zurückhaltung beim Impfen unter den zehn wichtigsten Faktoren, die die globale Gesundheit gefährden.

Fotos: Hahn&Hartung

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