Wenn ich wissen will, wie ich mein Fahrrad repariere, frage ich Papa. (Obwohl eine Antwort immer richtig ist: Panzertape.) Will ich wissen, wie ein Hefeteig richtig aufgeht, frage ich Mama. (Im Bett, liebevoll zugedeckt.) Häkeln habe ich von Oma gelernt, wie man eine Bohrmaschine benutzt, von meinem Schwiegervater.
Wenn ich aber wissen will, was im Handwerk abgeht, frage ich meinen Patenonkel. Er ist Elektronikermeister für Gebäudetechnik. Und wenn man ihm zuhört, versteht man, wo es knirscht: Fachkräftemangel, Materialknappheit, Preissteigerungen. Dass er in Bürokratie untergeht, statt selbst mit anzupacken. Dazu kommen: Auszubildende, deren Lohn kaum zum Leben reicht. Betriebe, die zumachen, weil sich keine Nachfolge findet. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen die körperliche Arbeit auf Dauer zusetzt. Und bei allen: das Gefühl, dass die Wertschätzung fehlt. Für die Erfahrung, die in der Arbeit steckt, und für den Aufwand, den es braucht, um eine Sache gut zu machen.
Fast ein Drittel der Auszubildenden in Deutschland ist im Handwerk beschäftigt. Trotzdem entscheiden sich immer weniger junge Menschen dafür. Auch weil Abitur und Studium vermeintlich mehr wert sind. Irre eigentlich, wo es doch kaum selbstwirksamere Aufgaben gibt als im Handwerk: das Brot backen, das Bier brauen, dafür sorgen, dass kein Regen durchs Dach tropft, dass das Licht brennt und die Klospülung spült.
So universell die Probleme erscheinen, so vielfältig ist „das Handwerk“: Fast sechs Millionen Menschen arbeiten in Deutschland in mehr als 130 Handwerksberufen. In Werkstätten, Wohnungen, auf Baustellen, in Ateliers, in großer Höhe und unter der Erde. Dreck unter den Fingernägeln und Staub auf der Arbeitshose gehören dazu, genauso millimetergenaue Arbeit, Kreativität und unternehmerisches Know-how.
Dieses Vorwort könnte eines Tages eine künstliche Intelligenz schreiben. Eigentlich sogar das ganze fluter-Heft (wird sie natürlich nicht, versprochen). Aber eine Wand mauern? Ein Kunstwerk restaurieren? Ein Glasauge blasen? Da wird es weiter echte Menschen brauchen. Die ihr Handwerk verstehen. Es gibt immer was zu tun.
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