2016 schließen die kolumbianische Regierung und die FARC-Guerilla (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) Frieden und beenden einen bewaffneten Konflikt, der über 50 Jahre andauerte und mindestens 220.000 Menschen tötete. Als der damalige Präsident Juan Manuel Santos noch im selben Jahr den Friedensnobelpreis überreicht bekommt, klingt er zuversichtlich: „Dank dieses Abkommens können wir sagen, dass der amerikanische Kontinent – von Alaska bis Patagonien – friedliches Land ist.“
Die ELN ist die letzte große bewaffnete Guerilla-Gruppe Kolumbiens
Doch drei Jahre später wird immer deutlicher, wie instabil dieser junge Frieden ist. Das Verhältnis zwischen der zu einer Partei umgewandelten FARC und der inzwischen rechtskonservativen Regierung unter Präsident Iván Duque ist von Misstrauen geprägt. Immer wieder werden ehemalige FARC-Anhänger getötet. Die FARC wirft der Regierung vor, sie nicht ausreichend zu schützen. Die Regierung wiederum würde die Mitglieder der FARC am liebsten viel härter bestrafen, als im Friedensvertrag festgelegt ist. Außerdem wirft sie Teilen der Gruppe vor, in Drogengeschäfte verwickelt zu sein.
Die Sicherheitslage im Land verschlechtert sich. Die NGO Human Rights Watch macht dafür Abtrünnige der FARC, neo-paramilitärische rechte Gruppen und die Guerilla ELN (Ejército de Liberación Nacional / Nationales Befreiungsheer) verantwortlich. Die ELN ist die letzte große bewaffnete Guerilla-Gruppe Kolumbiens – und sie sorgt dafür, dass von einem Ende der Gewalt noch lange nicht die Rede sein kann.
Erst Mitte Juli warnte das Auswärtige Amt davor, in den Südwesten des Landes zu reisen, weil die ELN in der Gegend bewaffnete Streiks durchführe. Die 1964 gegründete marxistische Gruppe soll heute um die 1.500 bis 2.000 Mitglieder haben. Ihre Gründer waren radikale Katholiken und linke Studenten und sahen sich als Sprecher einer ihrer Meinung nach ökonomisch und politisch benachteiligten Mehrheit. Die linksradikale Gruppe finanziert sich durch Lösegelder und über den Drogenhandel.
Nach Ermittlungen der kolumbianischen Staatsanwaltschaft ist die Guerilla für Tausende Morde, Entführungen und Zwangsrekrutierungen verantwortlich. Die Europäische Union stuft sie als Terrorgruppe ein, ins Kreuzfeuer der Guerilla geraten laut Amnesty International auch Zivilisten. Ex-Präsident Santos hatte zwar Friedensverhandlungen mit der ELN aufgenommen, Anfang des Jahres wurden diese jedoch abgebrochen. Auslöser war ein Sprengstoffanschlag im Januar auf eine Polizeischule in Bogotá, zu dem sich die ELN bekannte. 21 Menschen wurden durch die Bombe getötet.
Ein baldiger Frieden mit der ELN ist also nicht abzusehen, die Guerilla bildet weiter neue Mitglieder aus. Die Fotografin Lena Mucha hat ein Trainingscamp der ELN in einer abgelegenen Region Kolumbiens besucht. Mehrere Tage verbrachte Mucha mit den Kämpfern, die oft noch Teenager sind. Weil sie keine andere Alternative sehen, schließen sich die Jugendlichen der Guerilla an. Normalität bedeutet für sie, von nun an im Untergrund zu leben und ihr Sturmgewehr überallhin mitzunehmen, sogar ins Bett.