Wer einen E-Scooter von Moovi kauft, will umweltfreundlich mobil sein – schließlich galten die Roller besonders in Großstädten als CO2-sparende Alternative zum Auto, auch wenn das mittlerweile umstritten ist. Das Unternehmen verspricht aber noch mehr: Moovi kooperiert mit der Organisation „Click A Tree“, die für jeden verkauften Roller einen Baum in Ghana pflanzt.
Bei vielen Kunden zieht dieses Versprechen. Mehr als drei Viertel der Deutschen geben mittlerweile an, beim Einkauf darauf zu achten, ob Unternehmen und Produkte nachhaltig und klimafreundlich sind. Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität des Saarlandes. Und unter einem frisch gepflanzten Baum können sich die meisten Menschen vermutlich mehr vorstellen als unter abstrakten Zahlen zum CO2-Fußabdruck eines Produktes.
„Ein Kasten, ein Quadratmeter“ – was ist da dran?
Nicht nur „Click A Tree“, auch zahlreiche weitere Organisationen wie etwa „Treedom“ oder „Plant for the Planet“ verdienen Geld damit, im Auftrag von Privatleuten oder Unternehmen Bäume zu pflanzen und entsprechende Zertifikate auszustellen. Doch wie nachhaltig ist dieses Geschäftsmodell? Öffentlich kritisiert wurde, als die Brauerei Krombacher im Jahr 2002 im Rahmen ihrer Regenwaldkampagne mit dem Slogan „Ein Kasten, ein Quadratmeter“ warb. Entgegen der Annahme vieler Verbraucher pflanzte die Brauerei aber keine Bäume, sondern versprach lediglich, pro Kasten Bier einen Quadratmeter Regenwald zu schützen – indem sie Geld an einen Nationalpark in der Zentralafrikanischen Republik spendete.
Vor zwei Jahren geriet die Stiftung „Plant for the Planet“, die unter anderem für Rewe und eBay Bäume pflanzt, in die Kritik. Laut einer Recherche der Wochenzeitung „Die Zeit“ pflanzte sie womöglich weniger Bäume als zugesichert, zum anderen versprach sie eine laut Forschern unrealistisch hohe Überlebensrate der Setzlinge. Statt neue Wälder zu pflanzen, würde das Unternehmen bloß alte verdichten – und dort lägen die Chancen junger Setzlinge weit unter den von „Plant for the Planet“ angegebenen 94 Prozent.
Für viel Aufmerksamkeit sorgte vergangenes Jahr eine Kampagne von McDonald’s Deutschland: In den Restaurants konnten Kunden für wenig Geld einen Baum kaufen, der dann in Zusammenarbeit mit „Treedom“ gepflanzt wurde. Über 44.000 Bäume seien mittlerweile gesetzt worden, teilt Treedom auf seiner Website mit.
„Manche Unternehmen kaufen sich ein reines Gewissen“
Allerdings fragen sich Umweltschützer, ob McDonald’s mit dieser Aktion seine schlechte Umweltbilanz ansatzweise wettmachen kann oder sich unverdient als ökologisches Unternehmen präsentiert. Michael Bilharz vom Umweltbundesamt ist skeptisch. Er forscht zur Förderung nachhaltiger Konsumstrukturen und hält viele Pflanzaktionen für Greenwashing, also für den Versuch, sich besonders ökologisch zu geben. „Davon sollten Verbraucher sich nicht blenden lassen. Stattdessen sollten sie lieber darauf achten, ob das Produkt selbst umweltfreundlich ist.“
Tatsächlich hat Mc-Donald’s Deutschland laut eigenem Nachhaltigkeitsbericht allein im Jahr 2018 eine CO2-Last von rund 1,4 Millionen Tonnen verursacht, rund 8.800 Tonnen konnten laut „Treedom“ bislang durch das Pflanzen der Bäume eingespart werden – ungefähr 0,6 Prozent.*
Auch für Jana Ballenthien, Waldreferentin bei der Umweltschutzorganisation Robin Wood, ist der Baumkauf nicht mehr als eine nette Geste. „Manche Unternehmen kaufen sich so ein reines Gewissen“, sagt sie. „In Anbetracht seiner extrem hohen CO2-Emissionen ist es perfide, dass McDonald’s mit Aufforstung wirbt.“ Hinzu kommt: Nicht jeder Baum ist gleich gut für Klima und Umwelt. Deswegen sucht sich zum Beispiel „Click A Tree“ für jedes der Baumpflanzprojekte ein lokales Team. „Die kennen sich mit der Flora vor Ort aus und wissen, welche Bäume wo wachsen sollten“, erzählt Christian Kaiser von „Click A Tree“. In Ghana habe man so zwölf Menschen Arbeit gegeben und 28 Jugendlichen eine Ausbildung ermöglicht. Ob die Unternehmen, mit denen „Click A Tree“ zusammenarbeitet, selbst nachhaltig wirtschaften, finden die Gründer weniger entscheidend. „Wir wollen lediglich ein Bindeglied sein“, sagt Kaiser nüchtern. „Zwischen eingefleischten Umweltschützern und dem ganz normalen Verbraucher.“
* Korrekturhinweis: In der ursprünglichen Version und im gedruckten Heft stand hier – fälschlicherweise – o,ooo6 Prozent.