Während die Corona-Krise die Welt lahmlegte, brach an den Börsen die Hölle los: Anfang April sank der Preis für Rohöl drastisch. Einer der wichtigsten Rohstoffe, der bis vor kurzem noch um die 60 US-Dollar pro Barrel kostete, war plötzlich fast gratis zu haben. Die Händler*innen stürzten sich in den Ölausverkauf. Auch der kanadische Händler Syed Shah, der bei einen vermeintlichen Ölpreis von einem Cent kräftig in Öl investierte. Sein Plan: Wenn der Preis nur um einen Dollar steigen würde, hätte er seinen Einsatz verhundertfacht. Aber es kam anders.
„Der historisch tiefe Ölpreis hat nichts mit dem eigentlichen Wert des Öls zu tun“
Denn was Shah aufgrund eines technischen Darstellungsfehlers nicht sehen konnte: Am 20. April lag der Ölpreis nicht bei einem Cent, sondern war bis ins Negative gefallen. Heißt: Verkäufer*innen wie Shah hätten dafür zahlen müssen, dass ihnen jemand das Öl abnimmt. Um Mitternacht bekam Shah die Nachricht, dass er der Handelsplattform Interactive Brokers neun Millionen Dollar schuldet.
„Ich habe drei Nächte kaum geschlafen“, sagte Shah der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Ich hatte das Gefühl, dass mir alles genommen würde.“ Was war passiert? Und warum hat der Ölpreis Auswirkungen auf die ganze Welt?
Und was wurde aus Syed Shah und seinen neun Millionen Dollar Ölschulden? Der 30-Jährige kam glimpflich davon. Das Computersystem von Interactive Brokers, über das er seine Geschäfte tätigte, hatte den Händler*innen nicht nur den falschen Ölpreis angezeigt, sondern sich auch aufgehangen: Die Handelsplattform verweigerte schließlich jeden Ölhandel. Selbst wenn Shah gewollt hätte, hätte er seine Terminverträge also an diesem Tag nicht rechtzeitig verkaufen können.
Die Betreiber der Plattform kündigten an, die Schulden der Händler*innen auf eigene Kosten zu begleichen. Der Gründer, Thomas Peterffy, ist übrigens zigfacher Milliardär. Sein Vermögen hat er an der Börse gemacht.
Titelbild: Laurent GRANDGUILLOT/REA/laif und TIMOTHY A. CLARY/AFP via Getty Images