Autonomistisch-separatistischer Terror
So bezeichnet man Terrorgruppen, die sich als politische Stimme von ethnischen und/oder religiösen Minderheiten verstehen und Autonomie fordern. Sie wollen zumeist einen eigenen unabhängigen Nationalstaat gründen. Allerdings kann man viele dieser Gruppierungen nicht auf ihren Separatismus reduzieren. Vielerorts geht das Streben nach Eigenständigkeit einher mit einer bestimmten Vorstellung von Gerechtigkeit und politischen Ideologien, die dem sozialrevolutionären Terrorismus entstammen. Deshalb hat es immer auch viele Verbindungen, Austausch und wechselseitige Unterstützung zwischen Gruppierungen beider Strömungen gegeben.
Anarchistischer, linksextremer und sozialrevolutionärer Terror
Mit diesen Begriffen lassen sich verschiedene Gruppierungen bezeichnen, die mit terroristischen Mitteln eine als ungerecht empfundene Staats- und Wirtschaftsordnung überwinden wollen. Das war schon das Ziel der frühen Anar chisten, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Macht der Herrschenden brechen wollten. Auch viele links-terroristische Bewegungen im 20. Jahrhundert, die ihren Feind vornehmlich im westlichen Imperialismus und Kapitalismus sahen, verfolgten ähnliche Motive. Typisch für diese Gruppierungen ist, dass sie recht international orientiert sind: Schon die frühen Sozialrevolutionäre orientierten sich über Ländergrenzen hinweg aneinander und griffen zum Teil sogar auf die gleichen „Handbücher“ mit terroristischen Taktiken zurück. Eine Gemeinsamkeit vieler Gruppierungen dieses politischen Spektrums im späteren 20. Jahrhundert war, dass sie sich als Vorkämpfer der „revolutionären Massen in der Dritten Welt“ sahen. Tatsächlich gab es in einigen ehemaligen Kolonialstaaten aufständische Gruppen, deren Kampf aber nur zum Teil terroristisch war und meist den Charakter von Guerillabewegungen hatte. Oft richten sich deren Angriffe gegen militärische Einheiten, manche wollen auch Gebiete erobern. In einigen Ländern ist der Widerstand auch nationalistisch und antikolonial motiviert.
Rassistisch-rechtsextremer Terror
Diese Erscheinungsform des Terrorismus zielt häufig auf Angehörige ethnischer Minderheiten und andere gesellschaftliche Gruppen, die von Terroristen als „abartig“, schwach und minderwertig eingestuft werden, etwa auf Menschen mit Behinderung, Obdachlose und Homosexuelle. Anders als der anarchistische Terrorismus ist diese Form der Gewalt nicht geprägt durch generelles Misstrauen und Feindseligkeit gegenüber staatlicher Ordnung. Es geht aber darum, eine Ordnung nach eigenen Vorstellungen zu eta blieren, die mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Gleichheitsprinzip des Grundgesetzes nichts zu tun hat. Wer in den Augen rechtsextremer Terroristen „anders“ ist, gefährdet diese herzustellende homogene Ordnung. Man bezeichnet das auch als vigilantistischen Terrorismus: Das Ordnungssystem des Nationalstaats wird nicht infrage gestellt und auch nicht angegriffen von den Terroristen, vielmehr schwingen sie sich als nichtstaatliche Akteure zu dessen „Beschützern“ auf und deuten es auf ihre Weise um. Ihr Ziel ist eben nicht ein liberaler Nationalstaat, wie er aktuell in vielen westlichen Ländern anzutreffen ist, sondern ein ethnisch homogener und damit exklusiver Nationalstaat. Angesichts von Zuwanderung in die Gesellschaft misstrauen sie der Autorität und Wirkungsmacht des Nationalstaats in seiner aktuellen Ausprägung und üben Selbstjustiz. Beim rassistischen und rechtsextremen Terrorismus häufig anzutreffen ist das Phänomen des „Lone Wolf“-Terroristen: Gewalttäter, die sich zwar durchaus von einem politischen Umfeld motivieren lassen, ihre Taten aber ohne die Struktur einer sie unterstützenden Gruppe planen. Zwar sind Anhänger des rechtsextremen Terrorismus in der Regel Befürworter einer strikten staatlichen und patriarchalen Ordnung, gleichwohl agieren sie radikal gegen das Gewaltmonopol des Staates, der ja das Recht auf körperliche Unversehrtheit aller Menschen garantieren soll.
Fundamentalistischer Terror und religiöser Terror
Anhänger solcher Gruppen streben an, eine weltliche Gesellschaftsordnung durch eine religiöse zu ersetzen. An die Stelle des säkularen Staates wollen sie eine Theokratie setzen, in der Politik, Gesetze und Rechtsprechung auf einem sehr traditionellen Verständnis ihrer Religion gründen. Bei dieser Form des Terrorismus denken heute viele zuerst an islamistische Gruppen und an Selbstmordattentate, zu denen wohl nur Menschen bereit sind, die an ein besseres Leben im Jenseits glauben. Die Gewalt kann aber durchaus auch aus anderen Glaubensrichtungen kommen, wie etwa dem Christentum. Zwar spielt auch in separatistischen Bewegungen Religion manchmal eine Rolle, wenn die nach Unabhängigkeit strebende Minderheit einen abweichenden Glauben hat. Bei religiösem Terrorismus jedoch steht die Religion im Mittelpunkt. Aus ihr wird die Rechtfertigung für die gewaltsame Herstellung einer anderen Gesellschaftsordnung ebenso abgeleitet wie die Regeln, nach denen dort gelebt werden soll.
Es wird deutlich: Terroristische Gewalt hat verschiedene Formen. Wichtig ist: Nicht jede Terrorgruppe ist stets eindeutig nur einer der skizzierten terroristischen Strömungen zuzuordnen. Manche separatistische Terrororganisation versteht sich zugleich als sozialrevolutionär, manche religiös-fundamentalistische Terrorgruppe tritt unter Anhängern ihres eigenen Glaubens zugleich als Wohltäter auf. Auch haben einige Terrorgruppen einen politischen Flügel, der als legale Partei Politik macht. Die genannten Strömungen sind also nur „Idealtypen“, von denen in der Realität oft abgewichen wird.
Hier könnt ihr die Heftmitte aus fluter Terror in hoher Auflösung herunterladen: