Thema – Karriere

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Illustration: Christoph Kleinstück

Irgendwas mit Daten

Die Digitalisierung vernichtet Arbeitsplätze, heißt es oft. Sie lässt aber auch neue entstehen. Wir haben vier Menschen getroffen, die Jobs mit Zukunft haben

  • 5 Min.

Der Krebsforscher

Ich bin Bioinformatiker, das heißt, ich verbinde Biologie und Informatik. Ich schaue mir ganz viele Arten von Krebs an und suche nach biologischen Faktoren, die sie beeinflussen könnten. Dazu gibt es aus den USA größere Datensätze mit Daten von Patienten und Kliniken. Die Informationen liegen also schon vor, doch dann braucht es einen Informatiker, um die Daten im großen Rahmen zu analysieren. 

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Roman Schulte

Roman Schulte-Sasse, Datenanalyst in der Krebsforschung, Max-Planck-Institut für molekulare Genetik

Ich suche dabei nach Mustern in den Zellinformationen. Eine Zelle umfasst etwa 20.000 Gene. Ich analysiere unter anderem, wie stark ein Gen bei einem bestimmten Krebstyp in der Zelle vertreten ist. Am längsten dauert das Programmieren und die Datenbereinigung. Wenn die Daten fehlerhaft sind, wird das Ergebnis das am Ende auch sein, nur merkt man davon vorher oft nichts. Daher müssen wir höllisch aufpassen, wenn wir die Daten aufbereiten und versuchen, Fehler auszumerzen. Das nimmt den größten Teil meiner Arbeitszeit in Anspruch. Die Rechnerei, also die Analyse am Ende, dauert dann noch mal zwei Tage. Dafür nutze ich Machine Learning: Die Algorithmen lernen also im Zuge der Analyse und versuchen davon ausgehend selbstständig Muster in den Zellinformationen zu erkennen.

Für Wucherungen, wie sie im Fall von Krebs auftreten, müssen Abwehrmechanismen des Körpers außer Kraft gesetzt werden. Dafür ist eine bestimmte Kombination von Genen verantwortlich. Ich möchte herausfinden, welche Kombinationen das sind. Das Ziel dieser Forschung besteht in einer Art personalisierter Medizin. Wenn man weiß, welche Mutationen den Krebs auslösen, kann man ihn auch sehr individuell behandeln. Das ist bisher aber noch Zukunftsmusik.

Der Roboterprogrammierer

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Frank Beckhäuser

Frank Beckhäuser, Roboterprogrammierer und Leiter der Programmiergruppe bei FANUC Deutschland

In unserem japanischen Mutterkonzern werden Industrieroboter hergestellt. Jede Maschine wird von uns Roboterprogrammierern individuell programmiert. Es gibt verschiedene Arten von Robotern: in der Automobilindustrie zum Beispiel Schweißroboter oder Lackierroboter. Wir Programmierer schreiben Bewegungsprogramme für diese Roboter. 

In der Software des Roboters ist hinterlegt, wie er verfahren soll. Damit der Roboter weiß, welche Tätigkeit er ausüben soll – Handling, Schweißen, Lackieren –, muss ich die Befehle in eine Sprache übersetzen, die er lesen kann. Roboterprogrammierer ist kein Lehrberuf. Meist kommen Quereinsteiger aus dem Mechatronik-Bereich und bilden sich dann weiter. Ich bin gelernter Elektrotechniker und dann eher so reingerutscht.  

Ich glaube, Roboterprogrammierer werden immer wichtiger. Es wird viel automatisiert, immer mehr Aufgaben können Roboter für uns erledigen. Das verspricht schnellere Arbeitsabläufe und eine hohe Genauigkeit. Dafür müssen die Roboter eben vorher mit passgenauen Daten programmiert werden. Es entstehen also auch Arbeitsplätze.

Die Cyber-Verteidigerin

Heute muss keiner mehr in eine Fabrik einbrechen. Es reicht, ins Unternehmensnetz vorzudringen, um Schaden anzurichten. Solche „Einbrüche“ zu verhindern ist Aufgabe des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Dort arbeite ich im Nationalen IT-Lagezentrum. Wir sind so etwas wie eine Notrufzentrale für Cyberangriffe. Wir erhalten Meldungen aus Verwaltung und Wirtschaft über Angriffe auf ihre internen Netzwerke, Sicherheitslücken auf Websites und Ähnliches. Die meisten Meldungen sind harmlos. Zum Glück werden nicht jeden Tag die persönlichen Daten Hunderter Politiker im Internet veröffentlicht. In solchen Fällen ist unsere wichtigste Aufgabe, die Betroffenen zu informieren und ihnen möglichst konkrete Hilfestellung zu bieten.

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Jana Boltersdorf

Jana Boltersdorf, Technische Referentin beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Zentrale Meldestelle und Nationales IT-Lagezentrum

Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist der Schutz der Regierungsnetze und der Bundesverwaltung. Diese hat eine Meldepflicht gegenüber dem BSI. Das heißt, wenn dort eine Schwachstelle, ein Angriff oder eine Datenlücke festgestellt wird, erfahren wir umgehend davon. Das BSI ist mittlerweile personell stark gewachsen. Das Thema „Informationssicherheit“ wird wichtiger, weil unser Alltag immer stärker digitalisiert und von Technik durchdrungen ist. Nehmen wir die Beispiele Smarthome oder autonomes Fahren.

Diese Technologien bringen viel Nutzen, es entstehen aber auch neue Angriffsflächen – auch solche, die auf den ersten Blick harmlos erscheinen. Zum Beispiel gab es einmal einen Fall, in dem jemand über ein Aquariumthermometer, das ans WLAN angeschlossen war, in das Netzwerk eines Casinos eindringen konnte. Das verdeutlicht: Eine Schwachstelle, die auf den ersten Blick abwegig erscheint, kann als Angriffspunkt ausreichen, um sich so weiteren Zugang im Netzwerk zu verschaffen. 

Der Bevölkerungs-Berechner

Als Datenanalyst in der Stadt- und Regionalforschung werte ich vor allem offizielle Statistiken aus. Für das Innenministerium von Rheinland-Pfalz untersuchen wir aktuell zum Beispiel, welche Kriterien Menschen dazu bewegen, im ländlichen Raum zu wohnen. Der Trend ist momentan ja eher gegenläufig: Menschen wandern aus ländlichen Regionen ab in die Städte. Wir suchen die Faktoren, die dafür verantwortlich sind, wo Menschen wohnen wollen. Wir haben einen umfangreichen Datensatz erstellt, der 160 mögliche Erklärungsfaktoren mit einschließt. Die entscheidenden Zusammenhänge gilt es nun herauszufinden.

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Marco Schmandt

Marco Schmandt, Datenanalyst beim Empirica-Institut

Ich arbeite also statistisch mit Daten. Ich suche diese, stelle sie zusammen, bereite sie auf und untersuche sie anschließend. Entscheidend für meine Arbeit sind vor allem sozialräumliche Daten.  Ein anderes wichtiges Feld in diesem Bereich sind Bevölkerungsprognosen. Um diese zu erstellen, muss man mit sehr umfangreichen Datenmengen zu Bevölkerungsbewegung und -entwicklung arbeiten.

Wir führen diese Informationen dann zu einem Datensatz zusammen und schauen uns die Zusammenhänge an. Zusätzlich arbeiten wir mit lernenden Algorithmen, um Datenlücken zu füllen. Es ist beispielsweise sehr schwer, im Detail die genauen Preise für Immobilien zu bestimmen. Ein Algorithmus schätzt diese Preise dann für uns, wo uns entsprechende Angaben fehlen. 

Illustrationen: Christoph Kleinstück

Dieser Text wurde veröffentlicht unter der Lizenz CC-BY-NC-ND-4.0-DE. Die Fotos dürfen nicht verwendet werden.