Es ist schon viel heißes Plastik durch 3-D-Drucker geflossen, seitdem wir vor fünf Jahren in einen investiert haben. Heute würde man sagen: gecrowdfundet. Ein Dutzend lose befreundeter Nerds und Netzaktivisten legte Geld für einen der ersten 3-D-Drucker zusammen, den es zum Selberbasteln gab: den „Makerbot Cupcake CNC“. Eine revolutionäre Holzkonstruktion im Bierkastenformat, die angeblich vermochte, alles, was man wollte, einfach: auszudrucken!

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Wunderkiste? Mit Selbstbausets wie dem MakerBot Cupcake begann eine Revolution, auf die wir bis heute warten (Luis Penados)

Wunderkiste? Mit Selbstbausets wie dem MakerBot Cupcake begann eine Revolution, auf die wir bis heute warten

(Luis Penados), (CC BY 2.0)

Als Redakteur des Netzmagazins „Breitband“ und Moderator der Radiosendung „Eine Stunde Netzbasteln“ bin ich schon von Berufs wegen offen für „disruptive Technologien“, also Neuerungen, die die Welt verändern könnten und alte Industrien verdrängen. So wie viele es auch von 3-D-Druckern erwarten – bis heute. Es sollte mindestens so werden wie mit den zweidimensionalen Farb-Tintenstrahldruck-Kollegen – also jenen grauen Kisten, die seit Anfang der 90er-Jahre die Haushalte eroberten und auf denen Familienväter ihre mit bunten ClipArt-Bildchen gestalteten Geburtstagseinladungen und Vereinsrundbriefe ausdruckten. Farbige Druckwaren zu Hause herstellen – ein Wunder! Das Monopol der Druckereien war gebrochen.Rund 1.000 Dollar kostete der Bausatz, den Philip Steffan in den USA bestellte, um ihn dann an mehreren Samstagnachmittagen in einem Berliner Coworking-Space zusammenzubasteln. In den kommenden Jahren sollte Philip mit seinem Makerbot auf allen erdenklichen Netz- und Hacker-Konferenzen sitzen und Gästen wie Medienvertretern geduldig vorführen, wie die lustig lärmende und ungesund riechende Wundermaschine aufgerollte Kunststoffschnüre in anfassbare Objekte verwandelte. Würfel, Zahnräder, sogar Trillerpfeifen aus einfarbigem Kunststoff.

Gottgleiches Gefühl

Auch an den Kunststoffschmelzern ist das Tollste: der Aha-Effekt. Sobald man einmal einen selbst ausgedruckten Test-Würfel oder eine eher zart trillernde Pfeife aus dem Drucker entnimmt, entsteht ein allmächtiges, gottgleiches Gefühl. „Das ist die Zukunft!“, ruft man dann. „Wir drucken einfach alles selber aus!“ und „Bald gibt es keine Fabriken mehr, jeder ist seine eigene Fabrik!“ Danach lässt man seine Druck-Erzeugnisse in einer Vitrine oder Schublade verstauben. Bestenfalls.

Leider kann ich fünf Jahre nach dem ersten 3-D-Drucker nicht mehr so recht an die revolutionäre Kraft der Geräte glauben. Klar klingt es praktisch, sich schnell mal ein Schnapsglas, einen Satz Plastikbesteck oder ein Ersatzteil für den Gasherd auszudrucken. Aber die Erfahrung zeigt: „So schnell mal“ geht es eben gar nicht. Bis das Objekt fertig dasteht, ist die Schnapslaune dahin, das Essen kalt.

Der Aufwand beim 3-D-Drucken scheint mir einfach zu hoch für den Ertrag. Das wurde mir noch einmal vor einigen Monaten bewusst, als ich wieder einmal mit Philip Steffan für eine Radiosendung einen aktuellen Billig-3-D-Drucker zusammenbaute. Der Preis der Plastikrollen ist mit 30 Euro pro Kilo recht hoch. Die Vor- und Nacharbeiten am Rechner – das sogenannte „Modelling“ der Gegenstände – ist aufwändig, genauso wie das Optimieren der Kunststofffaden-Bahnen und -Schichten eines Objektes. Auch die Hitze-Einstellungen für den 3-D-Drucker fordern viel Geduld, und so gelingt oft erst im vierten Versuch ein Ausdruck – während die Zeit davonfließt wie heißes Plastik.

Außerdem bleiben hygienische Bedenken (wer will mehrfach zerschmolzenes Plastik in den Mund nehmen?), Sicherheitsbedenken (hält der ausgedruckte Fahrrad-Bremshebel wirklich?), ästhetische Bedenken (wer will schon eine Wohnung voller quietschbunter Plastikteile?) und vor allem: die Konkurrenz aus China. Die meisten auch nur ansatzweise sinnvollen Druckobjekte gibt es längst in professioneller Qualität vom Fließband, für wenig Geld, einfach zu besorgen direkt nebenan im Einzelhandel.

Im Tal der Enttäuschung

Der sogenannte „Gartner Hype Cycle“ skizziert, wie es vielversprechenden neuen Technologien in der öffentlichen Meinung ergeht. Erst werden sie ein wenig skeptisch beäugt und nur von den „Early Adopters“ ernst genommen. Dann folgen viele Heilszuschreibungen, Journalisten glauben, den Schlüssel zu mehr Demokratie, weniger Hunger, dem Weltfrieden und großem Glück gefunden zu haben, es erscheinen „Spiegel“-Titelgeschichten und „Galileo“-Beiträge. Doch von diesem sogenannten „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ ist es nicht mehr weit hinab ins „Tal der Enttäuschung“.

Die Öffentlichkeit kommt allmählich dahinter, dass das neue Ding eben doch nicht die Antwort auf alle Fragen ist. Manche Erfindungen erholen sich von diesem Gipfel der überzogenen Erwartungen nicht wieder (wie die 3-D-Gegenwelt „Second Life“), andere werden alltäglich, ohne die Welt zu verändern (Bildtelefon), und wieder andere verändern tatsächlich die Welt und werden zum Massenprodukt (Flugreisen).

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Was ne Pfeife: 3-D-Druckerzeugnis in typischer Fadenoptik (Jonathan Rothweiler)

Was ne Pfeife: 3-D-Druckerzeugnis in typischer Fadenoptik

(Jonathan Rothweiler), (CC BY-SA 2.0)

Für Privatleute hingegen werden die 3-D-Drucker, so schätze ich als Early Adopter die Sache jedenfalls ein, im gleichen Hobbykeller enden wie Schweißgeräte, Strickmaschinen oder Oberfräsen: Spezialwerkzeuge, die toll und sinnvoll für Tüftler sind, deren Ziel auch der Weg ist – aber nichts, was jeder zu Hause haben muss.Was die Zukunft des 3-D-Drucks angeht, bin auch ich inzwischen skeptisch. Er revolutioniert derzeit zweifellos einige Branchen. Architekturmodellen bis hin zu betongegossenen Wohnhäusern. Von künstlichen Hüftgelenken bis zu ausgedruckten Organen – immer mehr Dinge werden druckbar. Auch Copyshop-Betreibern würde ich raten, in 3-D-Druckdienstleistungen zu investieren. Denn gute 3-D-Drucker brauchen Profis an der Bedienung.

Moritz Metz arbeitet als Radiojournalist in Berlin. Er ist Reporter und Redakteur beim Magazin „Breitband“, Moderator der DIY-Sendung „Eine Stunde Netzbasteln“ bei DRadio Wissen und hat in seiner Multimedia-Reportage „Wo das Internet lebt“ das Netz gesucht, von Gibraltar bis Kalifornien.