Stimmt das eigentlich, was mir meine Verwandten per WhatsApp weiterleiten, was meine Freund*innen bei Instagram posten oder was ich bei YouTube sehe? Das Gute: Mit ein paar einfachen Tricks ist es gar nicht so schwer, Fakenews zu entlarven.
1) Googeln, was es schon dazu gibt
Eine Sprachnachricht in einer Chatgruppe: Laut einer Studie der Uni Wien ist das Schmerzmittel Ibuprofen gefährlich bei Covid-19. Oder eine Info bei Instagram: Gegen das Coronavirus hilft ein Schluck Wasser alle 15 Minuten. Stimmt das?
Der Tipp mag billig erscheinen, reicht aber oft schon: Googeln, ob es bereits Infos zu dieser Sache gibt. Vielleicht findet man ja eine Seite, die die Hintergründe erklärt und womöglich schon einen Fake enttarnt. Dann kann man sich eigene Mühen sparen. Also einfach die Überschrift oder ein, zwei relevante Stichworte plus ggf. „Fake“, „Faktencheck“ oder „Fact-Checking“ in die Suchmaschine eintippen. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Nicht jede Seite vermittelt seriöse Fakten, die beste Informationsgrundlage bieten immer noch die gängigen Nachrichtenseiten. Oder man schaut direkt bei Portalen nach, die Online-Infos überprüfen, zum Beispiel Correctiv, Mimikama oder der Tagesschau-Faktenfinder. Beide Nachrichten stimmen übrigens nicht.
2) Die angebliche Quelle checken
In den vergangenen Monaten machte eine brisante Meldung die Runde: Es würden Medikamente ins Trinkwasser gemischt, um die Bevölkerung ruhig zu halten. So stand es angeblich in der Zeitung „Die Welt“.
Ob die Meldung inhaltlich plausibel ist, sei mal zweitrangig. Aktuell kann sie jedenfalls nicht sein: Eine „große Konferenz“, wie darin erwähnt, hat es seit Beginn der Corona-Beschränkungen mit Sicherheit nicht gegeben.
Und: Egal, ob wir auf der Seite welt.de suchen, bei Google (site:welt.de in den Suchschlitz eingeben) und zur Sicherheit auch noch in einem Pressearchiv wie Genios: Es gibt überhaupt keinen solchen Artikel im „Welt“-Archiv. Aber was, wenn die Meldung dort nachträglich entfernt wurde?
Es hilft ein genauerer Blick. Dass dieser Beispielartikel eine Fälschung ist, lässt sich schon aus rein formalen Gründen belegen:
– Die Überschrift „Sicheres Vermögen“ passt gar nicht zum Inhalt der Meldung. Die Fake-Meldung wurde offenbar nachträglich eingefügt.
– Das Wort „groß“ ist fälschlicherweise mehrfach mit Doppel-s geschrieben. Das kann passieren, ist aber vergleichsweise unwahrscheinlich.
– Auch der Schreibstil entspricht nicht dem nüchternen Nachrichtenton einer Tageszeitung. Besonders die Wendung „… berichtete bei einer vertraulichen Plauscherei … unvorsichtigerweise hinter vorgehaltener Hand“ würde bei diesem Medium vermutlich nicht erscheinen. Also: Kurz überlegen, ob die Nachricht zum sonstigen Publikationsstil passt.
3) Webseiten genau anschauen
Wenn du per Link auf eine Webseite geleitet wirst, ist es ratsam, die genau anzuschauen. Was für Informationen verbreitet sie sonst? Ist es vielleicht eine Satireseite? Wenn es kein richtiges Impressum mit Ansprechpartner und Postadresse gibt, handelt es sich in der Regel um keine seriöse Quelle. Auch hier der erste Schritt: den Namen der Seite googeln, vielleicht hat sich schon mal jemand mit ihr auseinandergesetzt.
Oft hilft es auch, die URL anzuschauen, also die genaue Adresse der Seite. Fake-News-Seiten ähneln oft denen seriöser Medien, haben aber kleine Unterschiede im Namen. Mit Archive.org lassen sich ältere Versionen einer Webseite betrachten: Hat die Seite schon länger Nachrichten verbreitet oder doch eher Quatsch und Lügen?
4) Überprüfen, ob ein Account echt ist
Screenshots sind sehr leicht zu fälschen. Deshalb ist es wichtig, immer zu überprüfen, ob ein Post auch wirklich vom genannten Social-Media-Profil stammt.
Schwieriger ist es natürlich, wenn der Post inzwischen wieder gelöscht wurde. Dann genau hinschauen, wer den Screenshot verbreitet. Wenn ein*e seriöse*r Journalist*in sagt, den Screenshot selbst gemacht zu haben, spricht erst mal wenig dafür, dass das nicht stimmt. Schau also, dass du bei Screenshots aus Social Media den Originalpost im entsprechenden Account findest. Im folgenden Fall würde man also auf Trumps echten Twitteraccount gehen (mit dem blauen Haken-Symbol verifiziert) – und den Tweet nicht finden.
Auch wenn der Account nicht verifiziert ist, gibt es Wege, seine Echtheit zu überprüfen. So zum Beispiel beim Telegram-Account des Kochbuchautors Attila Hildmann, der zuletzt vor allem mit Verschwörungsnarrativen aufgefallen ist. Sein Telegram-Kanal ist nicht verifiziert, aber auf seiner Facebook-Seite verlinkt, und diese ist mit dem blauen Hakensymbol verifiziert. Es ist also wirklich seiner.
Aber aufpassen: Selbst Accounts mit dem blauen Hakensymbol können Fake sein. Bei Twitter ist es zum Beispiel so, dass der Haken aberkannt wird, wenn der Benutzername („Twitter handle“) geändert wird. Wird lediglich der angezeigte Name geändert, bleibt der Verifizierungshaken erhalten.
Ein Redakteur des Satiremagazins „Titanic“ nutzte diesen Trick, um die Medienwelt vorzuführen. So verbreitete etwa ein vermeintlicher Account des Hessischen Rundfunks eine erfundene Nachricht. In diesem Fall hätte man das leicht merken können: Man musste nur bei den Tweets ein bisschen zurückscrollen, um welche mit ganz anderem Inhalt zu finden. Auch eine simple Google-Suche nach dem Accountnamen hätte geholfen, den Fake zu enttarnen: Da tauchte nämlich gleich der Name des „Titanic“-Redakteurs auf.
5) Rückwärts nach Bildern suchen
Fotos transportieren Emotionen und haben deshalb eine besondere Macht. Es ist aber auch sehr leicht, Fotos zu manipulieren. Und noch viel einfacher ist es, ein (älteres) Foto in einem falschen Zusammenhang zu verwenden. Das passiert ziemlich oft. So kursierte in den sozialen Netzwerken kürzlich ein Foto von Särgen zusammen mit einer traurigen Botschaft.
Nur: Sind das überhaupt Särge mit Corona-Toten?
Das lässt sich schnell herausfinden: Mit einer sogenannten Rückwärts-Bildersuche. Die funktioniert bei allen großen Suchmaschinen, beispielsweise Google, Bing oder Yandex (da die Suchmaschinen unterschiedlich funktionieren, sollte man im Zweifel alle durchprobieren). Einfach bei der Bildersuche auf das Kamerasymbol klicken, das Bild als Datei hochladen oder den Link zum Bild eingeben. (Es gibt auch Add-ons für den Browser, mit denen die Rückwärtssuche noch einfacher funktioniert.)
Verdammt wahr: unser Newsletter
Schon werden andere Veröffentlichungen des Bildes angezeigt: Die Särge hier wurden beispielsweise schon 2013 fotografiert, nach einem Schiffsunglück vor der italienischen Insel Lampedusa.
Auch gefälschten Social-Media-Profilen kommt man mit diesem Trick schnell auf die Schliche, weil die Profilfotos oft von einer realen Person geklaut wurden. Es kann auch helfen, nach einer gespiegelten Version des Fotos zu suchen, weil manchmal auf diese Weise verschleiert werden soll, wo das Foto herkommt.
Profitipp: Ähnlich wie Fotos lassen sich auch YouTube-Videos verifizieren. Der YouTube Dataviewer von Amnesty International untersucht Videoplattformen nach identischen Inhalten und liefert alle wichtigen Metadaten.
Fazit: Gesundes Misstrauen schadet nicht
Kurz nachdenken, das ist schon der halbe Faktencheck. Wie wahrscheinlich ist es, dass eine anonyme Person per Sprachnachricht oder Post brisante Infos verbreitet, die sonst nirgends stehen? Es könnte eine spektakuläre Nachricht sein – ist meist aber schlicht erfunden. Wenn ein neuer Social-Media-Account überraschende Breaking News verkündet, wurde der Account in den meisten Fällen nur angelegt, um diese falsche Nachricht zu verbreiten. Immer wieder fallen auf solche Posts auch seriöse Medien herein – aber du jetzt hoffentlich nicht mehr.
Illustration: Bureau Chateau / Jannis Pätzold